15.49

Bundesrat Horst Schachner (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesrat! Bevor ich zur offiziellen Begrüßung kom­me, möchte ich einer Kollegin, die auch aus der Steiermark kommt, recht herzlich zu ihrem heutigen Geburtstag gratulieren – dem Herrn Staatssekretär haben wir schon gratuliert –: Liebe Isabella Kaltenegger, herzliche Gratulation zu deinem heutigen Ge­burtstag! (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag zur Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes soll die Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeits­losengeldes gehoben werden, wie es auch schon seit Beginn der Krise bis zum 31. März 2021 der Fall war. Wir reden aber heute nicht nur von Arbeitslosigkeit, sondern diese Regierung hat seit Beginn der Krise auf dem Arbeitsmarkt vor mittlerweile 15 Monaten Arbeitsverweigerung betrieben, sonst hätte es nämlich schon längst Erfolge bei der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit gegeben, lieber Ernstl. (Beifall bei der SPÖ.)

Insgesamt sind mit Ende April über 433 000 Menschen arbeitslos oder in Schulung, davon sind über 148 000 Menschen Langzeitbeschäftigungslose, und mit jenen in Schu­lung sind es mehr als 190 000 Langzeitarbeitslose. Es ist also richtig, heute diese Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes zu beschließen.

Da kommt aber schon das erste Aber: Wieso haben wir die Menschen im Notstand mehr als einen Monat warten lassen? Auch von mir wurde hier am 30. März ein Unselb­ständiger Entschließungsantrag eingebracht, damit diese Erhöhung weiterläuft. Was ist passiert? – Er ist abgelehnt worden, und jetzt, heute reden wir darüber. Weil dies nicht rechtzeitig gemacht wurde, wird das AMS nun eine Nachverrechnung und Nachzahlung für den Monat April durchführen müssen. Übrigens sprechen wir – das hast du richtig angesprochen – von zwischen 45 und 55 Euro.

Du hast auch richtig 55 Prozent Nettoersatzrate angesprochen, das hört sich nach sehr viel an. Wisst ihr, was der Durchschnitt ist, wenn einer Arbeitslosengeld bezieht? – 900 Euro ist der Durchschnitt! Da kann man nicht von viel reden, mit 900 Euro kann man das Leben nämlich nicht bestreiten, und das ist ein riesengroßes Problem. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ich komme schon zum zweiten Aber: Es ist ja abzusehen, dass die Krise jetzt nicht mit Juni aufhört. Warum hat man nicht dem Bundesminister für Arbeit eine beschränkte Verordnungsermächtigung gegeben, dass er das bis 2021 weiter machen kann?

Erst jetzt haben Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Türkis-Grün, bemerkt, dass es Langzeitarbeitslose gibt. Wie das halt so ist, habt ihr wahrscheinlich gedacht: Fangen wir gleich einmal mit Marketing an, das hören wir nämlich immer wieder!  Nachdenken kommt erst später. Deshalb gibt es schon einen guten Namen, nämlich Sprungbrett, aber noch kaum Inhalte. Als kleine Nebenbemerkung sei mir gestattet: Wenn ich ein erfahrener Spezialist bin – ob ich jetzt ein Elektriker, Kfz-Techniker oder sonst irgend­etwas bin – und in der Krise unverschuldet arbeitslos geworden bin, weil in der Firma, in der ich arbeite, in der Branche vielleicht nichts mehr geht, dann bin ich nicht an sport­lichen Begriffen wie Sprungbrett oder sonst irgendetwas interessiert, sondern ich brauche Hilfe und Unterstützung, damit ich so schnell wie möglich wieder Arbeit finde. (Beifall bei der SPÖ und bei BundesrätInnen der FPÖ.)

Ich fasse die Kritik an diesem Sprungbrett ganz schnell zusammen: zu kurz, zu wenig, zu spät, zu ungenau und nicht durchdacht, so ist das Ganze nämlich. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir von der Sozialdemokratie dagegen – Ernstl, du kannst ruhig lachen! – haben eine Aktion 40 000 gemacht. (Der Redner hält eine Tafel mit der Aufschrift „Her mit der Aktion 40.000“ in die Höhe. – Die BundesrätInnen der SPÖ halten Tafeln in die Höhe, auf denen unter anderem „Neue Jobs schaffen statt PR-Shows für Kanzler Kurz!“, „40.000 Jobs in Gemeinden und sozialen Einrichtungen“ und „146.000 Arbeitslose sind zu viel“ zu lesen ist.) Die kann man herzeigen, das ist durchdacht! Wir haben gesagt: Okay, was machen wir, damit diese Menschen schneller wieder in Arbeit kommen, be­ziehungsweise wie schaffen wir es, dass wir noch 40 000 Arbeitsplätze zusätzlich schaffen?

Der Vergleich mit unserem Programm 40 000, das vor Monaten aufgelegt worden ist, verdeutlicht meine Kritik. Wir als SPÖ wollen Arbeit, neue Arbeitsplätze in Kommunen, in gemeinnützigen Vereinen und sozialen Unternehmen schaffen, in denen es von Parkpflege bis zur Unterstützung beim Impfen und Testen tatsächlichen Bedarf gibt. Die Bundesregierung möchte einfach Unternehmen fördern, ohne das irgendwie zu präzisieren. Wir wollen nur zusätzliche Arbeitsplätze fördern, während die Koalition mit ihrem Modell Verdrängungseffekte erzeugt, ohne unterm Strich neue Stellen zu schaffen. Daher sage ich, das eine Modell beziehungsweise die Aktion 40 000 ist gut durchdacht, und das andere Modell ist nicht durchdacht.

Wir bekennen uns auch zu einem Mindestlohn von 1 700 Euro. Es ist nicht unsere Absicht, Jobs zu schaffen, von denen man nicht mehr leben kann. Wir haben an Fort- und Weiterbildung während des Programms gedacht – die Regierung nicht. Wir wollen das Programm zwei Jahre laufen lassen, damit sich wirklich nachhaltige Effekte einstel­len können.

Die Aktion 40 000 bringt Hilfsmaßnahmen für Arbeitslose, die 12 Monate auf Jobsuche sind, eine kollektivvertragliche Entlohnung von mindestens 1 700 Euro brutto, staatliche Förderung der gesamten Lohnkosten für zwei Jahre – 100 Prozent für die ersten 12 Mo­nate, 75 Prozent für weitere sechs Monate und weitere 50 Prozent für die nächs­ten sechs Monate. Gefördert werden existenzsichernde Vollzeitdienstverhältnisse oder Teil­zeitbeschäftigungen ab 30 Wochenstunden. All das gilt aber nur für zusätzlich geschaf­fene Arbeitsplätze.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, damit hinreichend klargemacht zu haben, dass unser Programm besser ist und die Fehler vermeidet, die die Regierung nach lan­ger Untätigkeit jetzt machen möchte.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ak­tion 40.000“

Der Bundesrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit wird aufgefordert, ein Beschäftigungsprojekt für 40.000 geförderte Arbeitsplätze bei öffentlichen und gemein­nützigen Trägern für die Beschäftigung von Langzeitbeschäftigungslosen und unter Be­reitstellung der erforderlichen zusätzlichen finanziellen Mittel auszuarbeiten und bis spätestens Juni 2021 umzusetzen.“ (Beifall bei der SPÖ.)

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So schaut ein Programm aus, lieber Ernstl. – Ich glaube, da sollten Sie darüber nach­denken und einmal genau schauen. Das würde dann sicherlich passen.

In diesem Sinne: Schauen wir auf unsere Leute, die in Österreich wohnen und arbeiten und keine Arbeit haben. – Alles Gute! Glück auf! (Beifall bei der SPÖ.)

15.57

Vizepräsidentin Doris Hahn, MEd MA: Der von den Bundesräten Korinna Schumann, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Entschließungsantrag betreffend „Aktion 40.000“ ist genügend unterstützt und steht demnach mit in Verhandlung.

Ich frage Frau Bundesrätin Schartel, ob sie mit ihrer Rede beginnen möchte. Ich müsste um 16 Uhr, also in 2 Minuten, unterbrechen. – Gut, dann unterbreche ich jetzt die Sit­zung bis zum Beginn der Dringlichen Anfrage um 16 Uhr.

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(Die Sitzung wird um 15.58 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wieder aufge­nom­men.)

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Ich nehme die unterbrochene Sitzung somit wieder auf und unterbreche nunmehr die Verhandlungen zur Tagesordnung.

Ich begrüße an dieser Stelle Frau Bundesministerin für Frauen, Familie, Jugend und Integration im Bundeskanzleramt Susanne Raab. Herzlich willkommen im Bundesrat! (Beifall bei der ÖVP.)