17.55

Bundesrat Mag. Harald Himmer (ÖVP, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir alle wissen, dass es das freie Mandat ermöglicht, sich auch der Hausordnung zu entziehen. (Bundesrat Steiner: Was? Wir entziehen uns ja nicht der Hausordnung!) Es wurde schon gesagt, es wurde von einer prominenten Person gesagt: „Wer das tut, stellt sich [...] in einer Selbstüberhöhung über alle“ anderen Personen, „die sich an Regeln halten [...]“. Dieses Zitat stammt vom Bun­desparteiobmann der Freiheitlichen Partei – er heißt Norbert Hofer –, der einmal sehr engagiert vor einigen Tagen versucht hat, da auch verbindliche Worte zu finden, sodass es vielleicht möglich wäre, auch die Freiheitliche Partei mit in diesen Grundkonsens hi­neinzunehmen.

Das ist ihm – Norbert Hofer – nicht gelungen. Leider ist ihm das nicht gelungen, wie ihm offensichtlich auch einiges andere zurzeit innerhalb der Freiheitlichen Partei nicht ge­lingt. (Bundesrat Steiner: Das sagt einer von der im Korruptionssumpf versinkenden ÖVP, ausgerechnet der, der da draußen steht, ausgerechnet der, gegen den ermittelt wird! Geh, hör ma auf! Zu glauben, sich über andere überhöhen zu müssen! Ich meine, was einem Hofer gelingt und was nicht, das hast nicht du zu beurteilen! Ja, so ist es! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Ich danke auch für den Respekt gegenüber der Unschuldsvermutung, und ich habe es ja seit diesen Ereignissen sehr wohl auch immer zwischen den Zeilen durchgehört. Es ist ja an sich hier bekannt, dass ein Verfahren gegen mich läuft, und es ist jetzt auch schon bei Zwischenrufen von mir so, dass sich dann Kollege Steiner umdreht und sagt, ich soll ganz besonders den Mund halten. Ich nehme das zur Kenntnis. Ich kann dazu nur sagen: So redet man so lange, solange man das selber nicht erlebt hat, was es bedeutet, einmal in einem Verfahren beschuldigt oder angeklagt zu sein. Das weiß aber jeder besser, der selbst einmal in so etwas involviert war, und dann hat man eine andere Wertschätzung gegenüber der Unschuldsvermutung. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischen­ruf bei der FPÖ.)

Ich möchte hier wirklich anführen – und ich glaube, das wissen viele, die mich kennen ‑, dass ich selber von meiner politischen Einstellung her sehr weit davon entfernt bin und immer war, Schnappatmung zu bekommen, weil ein Freiheitlicher einen anderen Stand­punkt vertritt. Das hat mich, ehrlich gesagt, nie gestört, im Gegenteil: Ich habe eigentlich oft Standpunkte der Freiheitlichen geteilt und habe eigentlich auch zu denjenigen ge­zählt, die, als die Volkspartei mit den Freiheitlichen in eine Koalition gegangen ist, sehr positiv zu dieser Entscheidung gestanden sind, weil ich aus vielerlei Gründen meine, dass es da, was gesellschaftliche und andere Überlegungen betrifft, auch einiges an Schnittmengen gibt (Zwischenruf der Bundesrätin Schumann), und die Freiheitliche Partei für mich eine demokratische Partei ist wie alle anderen.

Was mich aber wirklich traurig macht und was ich unpassend finde, ist, wenn man je­manden, der einen anderen Standpunkt vertritt – so, wie das heute hier geschehen ist –, als irrsinnig bezeichnet und sich dann zynisch korrigiert, indem man sagt: Okay, ich neh­me irrsinnig zurück und sage stattdessen wahnsinnig. – Das, finde ich, ist einfach unpas­send, und es ist einfach nicht der notwendigste Mindestanstand, den man haben muss, wenn man den politischen Diskurs miteinander führt. (Bundesrat Steiner: Das ist die Wahrheit!)

Es ist ja völlig normal, dass wir ganz unterschiedliche Standpunkte haben und dass man sich in den unterschiedlichen Standpunkten dann öfters denkt, der andere ist ein bisserl (eine sogenannte Scheibenwischerbewegung ausführend) den da. Das ist auch noch in Ordnung, das geht einem jeden von uns so, aber dass man derart respektlos gegenüber einer anderen Meinung agiert, das ist dieses Hauses unwürdig. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.)

Das möchte ich hier explizit zu dem Thema sagen, wenn man auch über die Geschäfts­ordnung spricht, denn letztendlich führt man ja auch die Ordnungsrufe ad absurdum, wenn es einem völlig gleichgültig ist, ob man einen Ordnungsruf bekommt oder nicht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Letztendlich ist ein Ordnungsruf ohne jede Konsequenzen. Das wissen wir, das weiß das Publikum, das zuhört. Man muss auch nichts zahlen. Es ist auch immer so – selbstverständlich –: Jeder Präsident, der sich auch bemüht, hier objektiv den Vorsitz zu führen, gehört in letzter Konsequenz einer Fraktion an, und es gibt dann immer auch noch die Debatte, ob so ein Ordnungsruf jetzt objektiv genug ist.

Das darf natürlich auch genauso kritisiert werden, ich will jetzt auch nicht hergehen und sagen, dass jeder Ordnungsruf, der getätigt wird, die gleiche Qualität hat oder nicht kriti­siert werden darf. Ich sage aber, dass es meiner Meinung nach eindeutig zu weit geht, wenn man eine andere Meinung quasi derart disqualifiziert, dass man damit den Geis­teszustand einer anderen Person nicht nur infrage stellt, sondern ihr diesen eigentlich abspricht. (Zwischenrufe der Bundesräte Ofner und Steiner.)

Was genauso zu weit geht – das möchte ich wirklich hier in aller Ruhe unaufgeregt sa­gen, und ich möchte da jetzt auch nicht reinbrüllen und dagegen klopfen –, sind diese ebenfalls unpassenden Anschuldigungen mit Diktatur. Ich will jetzt gar nicht auf diese ganze Debatte, die wir da in den letzten Wochen gehabt haben, besonders im Detail eingehen, aber wenn es irgendetwas ganz besonders beweist, dann das, dass wir nicht in einer Diktatur sind.

Man kann jetzt unterschiedliche Meinungen dazu haben, was die Anschuldigungen ge­gen den Bundeskanzler betrifft und wie die Debatte über einzelne Personen in der Justiz geführt wird (Zwischenrufe bei der FPÖ) – alle unterschiedlichen Meinungen –, aber eines ist wohl eindeutig damit dokumentiert: Dass das so möglich ist und dass man diese Debatten hier im Parlament führt und dass sich da Regierungsmitglieder auch so recht­fertigen müssen, zeigt ganz eindeutig, dass wir in allem anderen als in einer Diktatur leben. (Beifall bei der ÖVP und bei BundesrätInnen der Grünen.) Hier ungestraft solche Beleidigungen aussprechen zu können, ist leider auch deshalb möglich, weil wir in keiner Diktatur leben. (Bundesrat Steiner: Wenn’s der Kollege selber macht, ist es okay!)

Trotzdem würde ich die Freiheitlichen – insbesondere den Fraktionsvorsitzenden – bitten, zu berücksichtigen, dass politisch Andersdenkende, die andere Entscheidungen treffen, auch Menschen sind, die ebenfalls eine Würde haben. (Beifall bei ÖVP und Grü­nen. – Bundesrätin Schartel: Und wir net?)

18.03

Vizepräsident Dr. Peter Raggl: Zusätzlich zu Wort gemeldet hat sich Bundesrätin An­drea Holzner. Ich erteile ihr dieses. – Bitte.