18.27

Bundesrat Andreas Lackner (Grüne, Steiermark): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Die Regierungs­vorlage, um die es hier geht, ist pure Anpassung an EU-Recht. Es geht dabei um die Verwendung des Standarddatenformats zur Übermittlung von Informationen im Geneh­migungsantrag und um die Neuregelung der Vertraulichkeit von Daten bei Verfahren zur Freisetzung oder Inverkehrbringung von gentechnisch veränderten Organismen. – So weit, so gut.

Ich möchte nunmehr auf die aktuelle Diskussion im Bereich der Gentechnik beziehungs­weise der sogenannten neuen Gentechnik im Kontext der EU eingehen. Rufen wir uns einmal die Lobpreisungen und Ankündigungen der Gentechniklobby vor etlichen Jahren in Erinnerung. Was wurde uns damals nicht alles versprochen! (Bundesrat Schennach: Das ist aber die Bundesregierung!) Es werde höhere Erträge geben, man werde weniger Pestizide brauchen und man werde endlich das Problem des Welthungers lösen. Das alles wurde lautstark propagiert.

Passiert ist etwas ganz anderes: Die Erträge sind zumindest teilweise zurückgegangen, die Erträge im Sinne höherer Einkommen bei den Bäuerinnen und Bauern sind nach­weislich nicht eingetreten, der Pestizideinsatz ist im Bereich der Gentechnik massiv ge­stiegen, weil es mit der Zeit zu Pestizidresistenzen kam und sogenannte Superspritz­mittel notwendig wurden. Die Abhängigkeit der Bäuerinnen und Bauern von Chemie- und Agrar­konzernen ist durch zahlreiche Patentierungen und Lizenzierungen von Saat­gut deutlich gestiegen, und auch das Problem des Welthungers ist heute alles andere als gelöst. Kurz: Nichts von dem, was versprochen wurde, ist eingetreten, und profitiert haben am Ende nur Konzerne wie Monsanto.

Nun, wie sieht es aus mit der sogenannten neuen Gentechnik? Was ist eigentlich neu daran? – Unter neuer Gentechnik versteht man neue Techniken der zielgerichteten Ver­änderung des Erbguts. In der alten Gentechnik wurde mit ungenauen Verfahren gear­beitet, bei der artfremde DNA in Zellen eingebracht wurde. Diese dockte dann mög­licherweise irgendwo an, man wusste aber nicht genau, ob, wie und wo genau. Bei der neuen Gentechnik wird präziser gearbeitet, es werden direkte technische Eingriffe in die DNA-Struktur vorgenommen. Meist werden künstliche, im Labor hergestellte Enzyme verwendet, DNA-Abschnitte können so sehr präzise entfernt oder verändert werden.

Die Proargumente sind im Wesentlichen dieselben geblieben. Der Klimawandel ist dazu­gekommen; aufgrund dessen hat man die Trockentoleranz mit hineingenommen. Das heißt, mithilfe der Genschere sollen Pflanzen gezüchtet werden, die trockentolerant sind. Die Wahrheit ist, es sind gerade 120 Pflanzen in der Entwicklung, und bei diesen 120 Pflanzen geht es keinesfalls um Trockentoleranz, sondern es geht um Raps, der herbizidresistent ist – das kennen wir schon –, es geht um länger haltbaren Salat, es geht um Tomaten ohne Stilansatz, und es geht um Kartoffeln ohne schwarze Flecken. Das sind also eher Lifestyleprodukte, die nicht unbedingt etwas mit den Zielen der nachhaltigen Ernährungssicherheit zu tun haben.

Herbizidresistenzen sind wie in der alten Gentechnik ein großes Thema und könnten damit den Pestizideinsatz weiterhin erhöhen. Zusätzlich wird die Vormachtstellung der großen Agrarindustrie noch weiter verfestigt, da eben nur diese Konzerne auch die Mittel haben, in die neuen Verfahren zu investieren. Mittels Gentechnik hergestelltes Saatgut beziehungsweise Pflanzen werden patentiert, lizenziert, die Abhängigkeit von den Agrarkonzernen damit verstärkt.

Bezüglich Kennzeichnung und Transparenz ergeben sich neue Problemlagen. Da kein fremdes DNA-Material eingebracht wird und die mit neuer Gentechnik hervorgerufenen Mutationen häufig denen ähneln, die auch natürlich vorkommen, sind die mit neuer Gentechnik veränderten Organismen deutlich schwieriger als solche zu identifizieren. Damit wird auch die Biolandwirtschaft gefährdet, denn aufgrund des Risikos der Ein­kreuzung mit anderen Pflanzen ist ein Nebeneinander von Biolandwirtschaft und Gen­technik so gut wie unmöglich – das gilt übrigens für die alte Gentechnik genauso. Würde die Regulierung der neuen Gentechnik verwässert werden, würde auch das Konsu­men­tIn­nen­vertrauen in die Biolandwirtschaft gestört, denn man kann sich dann eben nicht mehr sicher sein, tatsächlich auch GVO-frei zu konsumieren.

Unsere Position, die Position der Grünen ist aus den genannten Gründen daher ganz klar: Wir wollen dieselben Prinzipien, wie sie bisher für die Gentechnik gelten – Vor­sor­geprinzip, Risikobewertung, Kennzeichnung –, auch für die neue Gentechnik anwenden, so wie für die alte. Wir sehen die neue Gentechnik als kostenintensive und potenziell gefährliche Ablenkung von den Lösungen, die wir eigentlich bräuchten, um unser Land­wirtschafts- und Ernährungssystem endlich nachhaltig zu gestalten. Wir setzen uns für einen Wandel weg von einer inputintensiven Agrarindustrie hin zu ökologischen Anbau­methoden und lokaler Saatgutzüchtung ein.

Österreich hat in der Frage der Antigentechnik eine Vorreiterrolle gespielt. Nächstes Jahr wird es übrigens ein Vierteljahrhundert her sein, dass über 1,2 Millionen Menschen das Antigentechnikvolksbegehren, das zweiterfolgreichste in der Geschichte Österreichs, unterschrieben haben. Ja, wie gesagt, Österreich hat eine Vorreiterrolle gespielt und sollte das auch bei der neuen Gentechnik tun.

Es freut mich auch, dass vorige Woche im Nationalrat gemeinsam mit der ÖVP ein Entschließungsantrag eingebracht wurde, der sinngemäß keinen Unterschied zwischen neuer und alter Gentechnik macht; dieser wurde einstimmig angenommen. Gerade unser Land mit seiner im Vergleich kleinstrukturierten Landwirtschaft ist gut beraten, weiterhin gegen gentechnisch veränderte Organismen in der Landwirtschaft aufzu­treten. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei BundesrätInnen der ÖVP.)

18.34

Präsident Mag. Christian Buchmann: Nächste Rednerin ist Johanna Miesenberger. – Bitte, Frau Bundesrätin.