14.14

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Sehr geehrte Zuseherin­nen und Zuseher! Was lange währt, wird endlich gut, heißt es so schön. Dieser Spruch gilt aber leider nicht für die seit Jahren geforderte umfassende Reform des Wohnungs­eigentumsgesetzes. Das ist sehr schade und ein Nachteil für viele Menschen in unserem Land. 58 Prozent der ÖsterreicherInnen leiden unter den explodierenden Wohnkosten, die auf uns zukommen. Die Mietervereinigung Österreichs und die Gewerkschaft Vida haben eine Studie beauftragt. Diese Studie ist sozusagen nicht gut ausgegangen, und das Entlastungspaket, das gefordert wird, ist ganz, ganz dringend und notwendig.

Die vorgelegte Novelle des WEG, also des Wohnungseigentumsgesetzes, reiht sich in eine Serie von Reformen ein, die das Wohnen leider teurer statt günstiger machen. Dazu darf ich einige Kennzahlen aus dem Bericht der Oesterreichischen Nationalbank „Immo­bilien aktuell – Österreich“ aus 2021 nennen. Ich zitiere:

„Der Trend steigender Preise für die Wohnimmobilien setzte sich im dritten Quartal 2021 unvermittelt fort. In Wien stiegen die Immobilienpreise um +10,2 %“ und in den restlichen Bundesländern „um +10,6 %“ im Vorjahresvergleich.

Der Fundamentalpreisindikator der Oesterreichischen Nationalbank für Wohnimmobilien in Österreich lag im dritten Quartal sogar bei 22,8 Prozent und damit um 4,2 Prozent­punkte über dem Wert des Vorquartals. „Ein derart hoher Anstieg wurde seit dem Beginn dieser Zeitreihe“ – das ist immerhin schon seit 1989 – „noch nicht verzeichnet.“

„Das erste Halbjahr 2021 war von einer weiteren Expansion der Bautätigkeit und einem starken Anstieg der Baukosten gekennzeichnet.“ Ebenso stark sind auch diese Wohn­baukredite angestiegen.

Der Neubau am Wohnungsmarkt boomt, aber am Bedarf vorbei. Es werden hauptsäch­lich unleistbare Vorsorgewohnungen errichtet, und schon 60 Prozent der Mietwohnun­gen am privaten Markt in Österreich unterliegen nicht mehr den Preisgrenzen des Miet­rechtsgesetzes. Für die Mehrzahl der privaten Mietverhältnisse gibt es also keinen ge­setzlichen Preisschutz mehr.

Die Situation wird von Monat zu Monat schlechter. Wer heute eine Mietwohnung auf dem sogenannten freien Markt finden muss, ist ehrlich gesagt arm dran. Laut einer Studie des Instituts für Raumplanung an der TU Wien können sich selbst Personen mit einem durchschnittlichen Einkommen keine ihren Wohnbedürfnissen angepasste Wohnung mehr leisten. Ein durchschnittlich verdienender Single mit einem Nettoeinkommen von 1 640 Euro kann sich gerade einmal 29 Quadratmeter leisten. Das ist traurig.

Eine Ifes-Studie der Arbeiterkammer hat schon vor der Krise, also vor 2019, gezeigt, dass Jungfamilien auf dem privaten Markt so gut wie keine leistbaren Wohnungen mehr finden. Im Schnitt haben diese Jungmieter ein Haushaltseinkommen von in etwa 2 800 Euro netto, und für die kalte Wohnung mussten sie in Wien 790 Euro budgetieren, dazu kom­men Energiekosten von etwa 130 Euro, also insgesamt fast 1 000 Euro, und das sind 35 Prozent des gesamten Nettoeinkommens. Da bleibt nicht viel zum Leben übrig. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Alleinverdiener haben es natürlich noch viel schwerer. Jede vierte Alleinverdienerin muss mehr als 40 Prozent ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben.

Wie wir alle wissen, steht eine Mieterhöhung an, und hinzu kommt die überbordende Erhöhung der Energiekosten. Wie soll sich das in Zukunft für die Menschen, die hier leben, ausgehen? Das frage ich mich. Laut Schätzungen des Momentum Instituts wer­den die Richtwerte ab April 2022 um 6 Prozent erhöht. Davon betroffen sind immerhin 750 000 Mieterinnen und Mieter in Österreich.

Leer stehende Wohnungen sorgen für eine künstliche Verknappung des verfügbaren Wohnraums. Die Mietervereinigung Österreichs fordert schon seit Langem, dass die Leerstände nach sechs Monaten verpflichtend gemeldet werden müssen. In Berlin ist das schon Usus. Wer Wohnraum nicht zum Wohnen verwendet, wird bestraft. Die Ein­führung einer Leerstandsabgabe in Österreich ist deshalb wichtig, weil es einen Len­kungseffekt geben muss. Das ist unumgänglich und wird von Wien genauso gefordert wie von Tirol, Salzburg, Oberösterreich und den Städten Villach und Graz. (Zwischenruf der Bundesrätin Kittl. – Bundesrätin Schumann: Na geh! – Weitere Rufe und Gegen­rufe zwischen Abgeordneten von Grünen und SPÖ.) Mittlerweile ist das Wohnen in Graz schon teurer als in Wien. Geschätzte 30 000 bis 100 000 Wohnungen sollen in Wien leer stehen.

Diese Negativentwicklung gehört gestoppt, und die Gemeinden, die Länder und vor al­lem der Bund sind gefordert, Gegenmaßnahmen zu setzen. Auch der steirische Landes­hauptmann Schützenhöfer sprach sich erst vor Kurzem für eine Leerstandsabgabe aus. Wer eine Wohnung leer stehen lässt, soll in Zukunft 600 Euro im Jahr an die Gemeinde zahlen. (Beifall bei der SPÖ.)

In Niederösterreich hat der St. Pöltner Gemeinderat in seiner Dezembersitzung eine Reso­lution gestartet, unter dem Titel „Urbanes Wohnen neu definiert“. (Ruf bei der ÖVP: ... SPÖ!) – Nein, Herr Kollege, nicht nur die SPÖ. (Ruf bei der ÖVP: Und die Grünen!) Die SPÖ mit den Stimmen von NEOS und den Grünen, möchte ich jetzt vermerken. Sie haben diese Resolution gemeinsam eingebracht.

Ein Universalmietrechtsgesetz, wie von der SPÖ schon lange gefordert, würde das Mie­ten für private Wohnungen regeln. Es ist an der Zeit, dieses auch umzusetzen. Obwohl schon 2019 vor der Wahl von der ÖVP versprochen und im Regierungsprogramm ver­ankert, ist die Abschaffung der Maklergebühren gegen die Stimmen der SPÖ verhindert worden.

Die vorliegende Novelle ist eindeutig ein türkis-grünes Gesetz, das  ich möchte es noch einmal betonen  Wohnen teurer statt günstiger macht. Es sieht die Festsetzung der Rücklagenbeiträge von mindestens 90 Cent pro Quadratmeter vor. Dem Argument der ÖVP, dass Eigentumswohnungen ein guter Schutz vor Altersarmut sein sollen, kann ich leider gar nichts abgewinnen.

Die Ökologisierung im Wohnungseigentumsrecht ist ja grundsätzlich zu begrüßen, klar, allerdings darf sie nicht zu einer finanziellen Belastung der Eigentümerinnen und Eigen­tümer führen. Auch die Arbeiterkammer sieht das so und merkt an, dass die Wohnungs­eigentümerInnen mit einer finanziellen Mehrbelastung rechnen müssen, aber im Gegen­zug keine Stärkung der Rechte der einzelnen Eigentümer vorgesehen ist. Eine Stärkung der Individualrechte und der Einsichtsrechte, vor allem im Hinblick auf eventuell falsche Abrechnungen, ist eine dringende Notwendigkeit.

In der Novelle ist auch eine eigene Ladestation für E-Fahrzeuge in Garagen oder auf Abstellflächen vorgesehen. Gemeinschaftsanlagen mit mehreren Anschlüssen erschei­nen uns grundsätzlich positiver und sinnvoller zu sein. Die Installierung von Ladesta­tionen, Fotovoltaik- und Beschattungsanlagen sind nicht zu unterschätzende Zusatz­wohnkosten.

Wie begründet können wir seitens der sozialdemokratischen Fraktion dieser Minireform des Wohnungseigentumsgesetzes nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.21

Präsident Dr. Peter Raggl: Zu Wort gemeldet ist Bundesrat Adi Gross. Ich erteile ihm dieses.