14.53

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir bearbeiten also bei diesem Tagesordnungspunkt vier verschiedene Mate­rien, und meine Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion, wird – bis auf einen Punkt – diesen Lösungsvorschlägen zustimmen.

Nicht einverstanden sind wir damit – vielleicht fangen wir gleich mit dem an, womit wir nicht einverstanden sind –, dass es bei der Gewerblichen Sozialversicherung und bei der Bauern-Sozialversicherung nun unterschiedliche Vorgehensweisen, was die Abferti­gung von Betriebsrenten betrifft, geben wird. Warum braucht es, kurz gesagt, bei den einen das Parlament, und bei den anderen reicht das Ministerium? – Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Da hätten wir gerne gehabt, dass das in einem Gesetz geregelt wird, und darum werden wir diesem Punkt leider nicht zustimmen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Was für uns aber in Ordnung geht, ist das Nachtschwerarbeitsgesetz. Da beschließen wir im Wesentlichen eine Sistierung des aktuellen Beitragssatzes für das kommende Jahr, für 2022. Das bedeutet auch, dass der Bund für diesen Einnahmenentfall einsprin­gen muss, aber das ist angesichts der Situation nachvollziehbar.

Auch mit dem Bundespflegegeldgesetz sind wir einverstanden. Da geht es um eine Ver­längerung des Anspruchs von Bediensteten des Bundes, aber auch der Länder und der Gemeinden – eben um einen Anspruch auf Pflegekarenzgeld –, bis ein neues Finanz­ausgleichsgesetz kundgemacht wird. Auch das finden wir sinnvoll.

Wofür wir jedenfalls sind – das ist jetzt diese vierte Gesetzesmaterie –, sind selbstver­ständlich alle Anstrengungen, die Sie, Herr Minister, zur Bekämpfung pandemiebeding­ter Armutsfolgen vorschlagen. Wir begrüßen sehr, dass es in diesem Bereich nun mehr Mittel geben soll. Ich habe es auch gestern schon in meiner Rede angesprochen: Wenn aktuell jedes fünfte Kind in Österreich – und damit natürlich auch immer die ganze Familie – von Armut betroffen ist, dann ist das sehr besorgniserregend. Wir teilen diese Sorge, die Sie offensichtlich auch haben. Auch angesichts steigender Energiepreise, der steigenden Inflation, die wir mit Sorge beobachten, sind alle Maßnahmen, die in diesem Bereich gesetzt werden, dringend notwendig.

Wir erkennen diese Bemühungen an – auch, dass Sie die EU-Kindergarantie aufgreifen und da auch einen Koordinator, Dr. Klaus Vavrik, eingesetzt haben, der mir gut bekannt ist und dem wir volles Vertrauen aussprechen, weil er die Zielgruppe – diese Kinder, die es besonders schwer haben – und auch die Familien, die große Sorgen haben, beson­ders gut kennt. Schön, dass er bereits in der letzten Woche mit Stakeholdern in Kontakt getreten ist, die den Bereich der Bildung abdecken, den Bereich der Gesundheitsversor­gung abdecken, weil Armut in verschiedenste Lebensbereiche hineinspielt! Wir begrü­ßen, dass er da einen breiten Prozess aufsetzt. Das Ziel, noch im Frühjahr einen natio­nalen Aktionsplan vorzulegen, ist ambitioniert, aber die Zeit drängt. Wir haben seit Mona­ten gefordert, dass in diesem Bereich etwas weitergeht, und darum finden wir das gut.

Was uns aber, Herr Minister, zusätzlich wichtig wäre anzumerken: Wir honorieren, dass es jetzt Budgetmittel gibt, um schnell mit Projekten und Maßnahmen gegenzusteuern und auf diese Armut zu reagieren. Uns ist nur wichtig, dass es nicht bei Einmalzahlun­gen, einzelnen Projekten, einzelnen Maßnahmen bleibt, sondern – das ist uns wichtig –, dass es um die Entwicklung nachhaltiger Konzepte zur Armutsbekämpfung und Armuts­vermeidung geht. Es ist durchaus auch unsere Bitte an Sie, über die Einführung einer Kindergrundsicherung nachzudenken, wie sie ja die Volkshilfe in Österreich vorschlägt, wie sie auch die neue deutsche Bundesregierung in ihrem Programm bereits stehen hat. Wir fänden wichtig, dass es nachhaltige Lösungen gibt, damit diese Spirale, diese Ar­mutsvererbung, die uns ja gut bekannt ist, endlich durchbrochen wird, um Kinder tatsäch­lich aus diesem Kreislauf zu holen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin mir sicher, Herr Minister, Sie kennen die Ergebnisse der Kinderkostenstudie, die Sie beauftragt haben. Endlich! Wir haben uns da seit Jahrzehnten auf Erkenntnisse aus den Sechzigerjahren berufen – eigentlich ein Wahnsinn. Was zu erwarten war und was wahrscheinlich das Familienministerium befürchtet hat: Es wird jetzt deutlich, dass die Familienleistungen nicht treffsicher sind, nicht den tatsächlichen Kosten für Kinder ent­sprechen. Diese soziale Schieflage und diese Ungerechtigkeit, welche Familien wie viel an Zuwendungen bekommen, ist jetzt sozusagen schwarz auf weiß da. Auf diesen Er­gebnissen und dieser Analyse aufbauend muss jetzt treffsicher reagiert werden und ver­sucht werden, dieser Schieflage entgegenzuwirken.

Es ist jetzt ein guter Zeitpunkt, dauerhafte Sicherungssysteme einzuführen. Auch die Überarbeitung der Mindestsicherung und vieler anderer Maßnahmen in diesem Bereich sollten jetzt einmal gut angeschaut werden. Das werden diese 10 Millionen Euro natür­lich dauerhaft nicht leisten, aber es ist ein Beginn. Wir wissen, dass diese Armut und die psychische Belastung der Familien und der Kinder Hand in Hand gehen. Wir wissen, dass Armut Stress erzeugt. Wir wissen auch aus der Gehirnforschung, Armut ist mit Schmerz gleichzusetzen, den Menschen empfinden, und das zeigt für mich so eindrück­lich, wie belastend Armut ist. In Ihrem Ressort mit Gesundheit und Sozialem passt das alles gut zusammen und sollte dort angegangen werden. (Vizepräsident Novak über­nimmt den Vorsitz.)

Herr Minister, bleiben Sie bitte an diesem Thema dran! Geben Sie armutsbetroffenen Menschen eine Perspektive und stellen Sie die Weichen für einen dauerhaften Weg aus der Armut! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.00

Vizepräsident Günther Novak: Ich darf im Plenum Herrn Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Dr. Wolfgang Mückstein, begrüßen. (Bei­fall bei Grünen und ÖVP sowie der Bundesrätin Schumann.)

Als Nächste ist Frau Bundesrätin Heike Eder zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.