Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 45

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Verantwortung zu tragen haben, daß die Arbeitslosigkeit in den letzten Jahren so gestiegen ist, auf diese hohen Werte angestiegen ist und vermutlich in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen wird.

Sie haben dafür die Verantwortung zu tragen und offensichtlich nicht die EU, oder Sie haben uns damals, als Sie dieses blaue Büchlein publiziert haben, etwas Falsches gesagt, denn damals ist auch in dem blauen Büchlein gestanden: "Das Wirtschaftsforschungsinstitut sagt für einen EG-Beitritt nach sechs Jahren 55 000 zusätzliche Arbeitsplätze voraus."

Meine Damen und Herren! Sie wissen doch alle genauso wie ich, daß diese 55 000 zusätzlichen Arbeitsplätze ungefähr so etwas sind wie das Blaue vom Himmel. Sie haben das einfach versprochen und wissen ganz genau, daß Sie das nicht einhalten können, daß Sie das nicht einhalten wollen.

Herr Präsident Maderthaner, der ja jetzt hier als Abgeordneter sitzt, hat gestern in der "ZiB 2" erklärt: Wir werden uns bei den Löhnen etwas einfallen lassen müssen, um innerhalb Europas konkurrenzfähig zu bleiben. Ich lese noch einmal aus dem blauen Büchlein vor, was da zum Thema "Löhne in Österreich" drinnen gestanden ist, Herr Präsident: "Mittelfristig wird in Österreich eine Erhöhung des Lohnniveaus eintreten." (Abg. Wabl: Originalzitat Maderthaner!)

"Mittelfristig"! Natürlich, Herr Präsident, mittelfristig heißt, die Erhöhung des Lohnniveaus muß erst in fünf Jahren passieren, aber, meine Damen und Herren, Sie wissen genauso wie ich, sie ist auch mittelfristig nicht in Sicht. Was wir hier in diesem Haus jetzt schon einige Zeit debattieren, das ist die Senkung der Lohnkosten. Und das ist das falsche Rezept. Es ist das völlig falsche Rezept, und Sie wissen genauso wie ich, daß die Lohnkosten allein keineswegs für die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in diesem Land verantwortlich gemacht werden können.

Ich zitiere aus einem Kommentar in der "Presse" vom 27. Jänner: "Um zu wirklich effizienten Strategien zu kommen" – im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit –, "wird man sich die Arbeitsmarktsituation wohl ganzheitlich ansehen müssen." Und ein Wifo-Experte sagt dann: "Keine einzelne Ursache ist für den Anstieg der Arbeitslosigkeit in Europa verantwortlich." – Keine einzelne Maßnahme, keine einzelne Ursache. Es gibt auch kein Beispiel in der Wirtschaftsgeschichte, wo mit noch so drastischen Sparaktionen bei den Löhnen, im Budget eine Beschäftigungskrise hätte überwunden werden können. Im Gegenteil! Auch in der jetzigen Debatte um den Sparkurs in Europa warnen immer mehr Wirtschaftsforscher, immer mehr Wirtschaftsexperten davor, daß dieser drastische Sparkurs bei den Löhnen, im Budget, bei den Sozialausgaben nicht nur möglicherweise diesen europäischen Sozialstaat ruinieren wird, sondern auch die Konjunktur und damit die Beschäftigung in Europa noch weiter senken und das Wachstum zusammenhauen wird.

Die Regierung hier in diesem Land – abgesehen davon, daß Sie heute kein sehr mutiges Bild abgegeben und präsentiert haben, was Sie im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zu tun gedenken – will am falschen Ort sparen: bei den Ausgaben für die Arbeitslosen. Ja, die Arbeitslosigkeit steigt an in Österreich. Was ist das Rezept dieser Bundesregierung, das sie vor den Wahlen angeboten hat? – Kürzungen! Kürzungen bei den Arbeitslosengeldern, Kürzungen auch im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Es ist auch eine Drohung, Herr Minister Hums, wenn Sie hier sagen, bei den Mitteln für die aktive Arbeitsmarktpolitik werde nicht gekürzt. Das ist eine Drohung angesichts der Tatsache, daß Österreich in Europa jenes Land ist, das auch in bezug auf seine Arbeitslosenquote die niedrigsten Ausgaben macht. Die niedrigsten Ausgaben! Ich lese aus dem letzten Wifo-Monatsbericht jetzt vom Jänner vor: "Die Gesamtausgaben für aktive Arbeitsmarktpolitik, gemessen am BIP, waren 1987 0,27 Prozent, 1994" – das liegt noch nicht so lange zurück – "0,22 Prozent."

In anderen Ländern wird für aktive Arbeitsmarktpolitik folgendes ausgegeben: in Dänemark 1,81 Prozent – das ist, auch gemessen an der Arbeitslosenrate, um einiges mehr –, in den Niederlanden 1,21 Prozent und in Schweden 2,95 Prozent. Das ist das Zehnfache für aktive


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