Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 18

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stehen wird; etwa wenn jemand einer Großpartei mit 25 000 oder 28 000 Stimmen nicht vorgereiht wird, während jemand einer kleineren Partei mit 19 000 oder 20 000 Stimmen vorgereiht wird und damit einen Europaparlamentssitz zugewiesen bekommt.

Man sollte daher nicht restlos glücklich mit dem sein, was uns der Ausschuß in der vorliegenden Form beschert hat. In manchen Punkten sind die Bedenken, die wir Freiheitlichen formuliert haben, nach wie vor aufrecht.

Wir leben in einem Rechtsstaat. Man kann das, was an Bedenken hier im Parlament nicht berücksichtigt wird, dann in entsprechender Form beim Verfassungsgerichtshof einbringen und dort relevieren lassen. Ich halte es aber nach wie vor für einen Schönheitsfehler, daß man hier in dieser Form vorgehen muß und nicht in einer konsensualen Meinungsbildung aller fünf Parlamentsparteien zu einem Gesetzestext über die Spielregeln der Demokratie kommt, der unbestreitbar ist, der also nicht den Makel von zwei oder drei Verfassungsklagen schon bei der Gesetzwerdung in sich birgt.

Für die ersten Europawahlen sind die entsprechenden Wählerevidenzen neu zu erstellen. Daß unser altes Begehren – dies ist auch ein altes Begehren der Auslandsösterreicher –, die Auslandsösterreicher als eine Art zehntes Bundesland in eine eigene Evidenz aufzunehmen und damit den im Ausland lebenden österreichischen Wahlberechtigten, die daran interessiert sind, pro futuro einen leichteren, unbürokratischen Zugang zur Wählerevidenz zu ermöglichen, mit dieser Gesetzesmaterie nicht verabschiedet werden konnte, sei ebenfalls en passant erwähnt.

Wir Freiheitlichen hätten uns gewünscht, daß Verhandlungen und Beschlußfassung zwar schneller, aber gründlicher und in einem Unterausschuß erfolgt wären, wo man die Bedenken in Ruhe, mit sachkundiger Unterstützung von Verfassungsrechtlern, die das Vertrauen aller fünf Parteien haben, länger diskutiert hätte, um einen Gesetzestext zustande zu bringen, der unbestreitbarer wäre, als es der heutige Gesetzestext für beide Materien ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine auch, daß wir damit eine große demokratiepolitische Chance versäumt haben. Wir wissen, daß nach der ersten EU-Euphorie vieles von dem, das für Europa, für den neuen Aufbruch gegolten hat, in unserem Staate verlorengegangen ist. Es sind sehr viele Bedenken gekommen, weil das, was als Versprechungen der ersten Stunde anzusehen ist, nur mit Verzögerungen eintritt und die Ungeduld der Bürger beim Warten darauf, wann denn die versprochenen Verbesserungen auch sie, ihre Haushalte und ihre Haushaltsführung erreichen, wächst.

Ich meine daher, wir wären gut beraten gewesen, wenn wir ein solch wichtiges Gesetz, das die Grundregeln der demokratischen Spielordnung, der Auswahl der Europaparlamentarier für Österreich, die unsere Interessen wahrzunehmen haben, festlegt, mit mehr Sorgfalt, als sie der heutige Gesetzestext aus freiheitlicher Sicht beinhaltet, geschaffen hätten. Dadurch hätten wir viele Ressentiments abbauen können, hätten wir viele bewußtseinsbildende Maßnahmen erreichen können, die in den letzten 24 Stunden hier im Hohen Hause für viele Bereiche unseres Staatswesens und die Wirtschaftspolitik gefordert wurden. Viel wichtiger und viel dringender erscheinen mir aber Maßnahmen im Kernbereich unserer Demokratie, damit das Vertrauen des Bürgers in die Spielregeln unserer Demokratie und in die Umsetzung, in die Auswahl der Vertreter der Bürger in den nationalen, in den regionalen und in den internationalen Parlamenten erhalten bleibt. Das hätte deutlich demokratischer geregelt werden sollen, als es mit dem vorliegenden Gesetzestext der Fall ist.

Wir werden daher wichtigen Teilen dieses Gesetzes unsere Zustimmung verweigern und hoffen, daß in diesem Parlament einmal eine bessere Europawahlordnung verabschiedet werden wird als heute. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Als nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Hlavac. – Bitte.


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