Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 17

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Wir glauben daher, daß dieser Gesetzestext, wie er in den Artikeln IV und V hier vorliegt, besser an den Ausschuß rückverwiesen und dort einer verfassungskonformen Revision unterzogen werden sollte, als heute hier im Parlament rechtskräftig verabschiedet und dann in Verfassungsgerichtshofbeschwerden erst wieder releviert und wieder reformiert und neu abgefaßt.

Die Bedenken, die wir dagegen haben, sind schwerwiegend; sie sind für alle politischen Parteien insgesamt schwerwiegend, da ja – das wissen wir alle – ohne entsprechende finanzielle Ressourcen die politischen Tätigkeiten weder auf Europaebene noch auf nationaler Ebene befriedigend erfüllt werden können. Ja es können bei unklaren Rechtssituationen erhebliche Verzerrungen im Wettbewerb und im Auftreten bei den Wahlgängen unter den einzelnen Fraktionen bewirkt werden.

Wir halten das für demokratiepolitisch bedenklich und glauben, daß es besser gewesen wäre – da wir schon eineinhalb Jahre an diesem Gesetzestext vergeblich "gebrütet" haben, um das so auszudrücken –, noch den einen oder anderen Tag in einem Unterausschuß zu verbringen, um die Artikel IV und V in einer Fassung zu verabschieden, die rechtssicher ist und die solche Streitereien zum Schaden der Demokratie, aber auch zum Schaden aller Parlamentsparteien in Zukunft hintanhält. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Befriedigt zeigen wir Freiheitlichen uns aber darüber, daß zumindest in einem Punkt unseren Bedenken Rechnung getragen wurde, nämlich im § 2a Abs. 3, der nunmehr vorsieht, daß jene Mittel, für die von den Fraktionen keine Mittelrückerstattung beantragt wurde, nicht mehr so wie im Jahre 1990 auf die verbleibenden Fraktionen zu aliquoten Teilen ausgeschüttet werden, sondern tatsächlich dort bleiben, wo sie der Verzichtende haben will, nämlich im Staatssäckel, im Bundesbudget – dorthin hat sie der österreichische Staatsbürger für eine zweckgemäße Mittelzuführung aufgrund der gesetzlichen Basis gezahlt; er kann sich nun darauf verlassen, daß diese Mittel für seine Interessen verwendet werden.

Es ist daher nur konsequent, daß die Freiheitlichen für den Artikel IV getrennte Abstimmung verlangen werden. Wir werden im Artikel IV dem Punkt 1 § 2a Abs. 3 in der vorliegenden Form unsere Zustimmung geben. Den anderen Punkten des Artikels IV und dem Artikel V werden wir aber aus den von mir genannten Gründen nicht die Zustimmung geben.

Daß nun beim amtlichen Stimmzettel wieder darauf zurückgegangen wird, die wahlwerbenden Parteien so wie in der Vergangenheit untereinander und nicht wie bei den letzten Nationalratswahlen nebeneinander auf breite Plakate zu schreiben, halten wir für gut, obwohl wir wissen, daß die Österreicherinnen und Österreicher auch die letzten Wahlen tadellos bewältigt haben. Diese Formalismen sollten nicht so in den Vordergrund gestellt werden.

Erwähnt sollte auch werden, daß der Zugang für einzelne Abgeordnete mittels Vorzugsstimmen nun durchaus besser geregelt ist als im ursprünglichen Text der Bundesregierung. Dem möchte ich aber folgendes hinzufügen: Ich hätte mir gewünscht, daß wir eine Zugangsklausel gefunden hätten auf Basis der für ein Grundmandat notwendigen Stimmen und nicht aufgrund der Stimmen, die für die jeweilige Gesamtpartei abgegeben wurden.

Wenn man etwa die letzten Nationalratswahlen 1994 heranzieht, so hätte das folgendes bedeutet: Aufgrund der Stimmen, die das Liberale Forum 1994 für den Nationalrat errungen hat, wäre ihm ein Europaparlamentarier zugestanden, und aufgrund der jetzigen 7-Prozent-Klausel wäre bereits mit 19 000 Stimmen eine Vorreihung auf der Liste möglich gewesen. Für die Sozialdemokraten hingegen hätte das bedeutet, daß ein Kandidat oder eine Kandidatin, der oder die vorgereiht werden will, aufgrund der 7-Prozent-Klausel etwa 208 000 Stimmen gebraucht hätte – also knapp 10 000 bis 20 000 Stimmen weniger als aus heutiger Sicht ein Europaparlamentsmandat insgesamt kostet.

Ich meine daher, daß diese Verzerrung hinsichtlich des Zuganges, der Reihung aufgrund der Abhängigkeit von der Größe der Fraktionen demokratiepolitisch nicht ganz durchsichtig ist. Bei Klage nach dem Gleichheitsgrundsatz wird diese Bestimmung in der Form nicht halten. Ich meine, daß darin ein Keim dafür enthalten ist, daß uns eine verfassungsmäßige Überprüfung auch dieses Teiles der Europawahlordnung irgendwann einmal bei strittigen Punkten ins Haus


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