Kollege Frischenschlager! Ich sehe, daß du hinter vorgehaltener Hand leicht lächelst. Es ist sicher richtig, daß bei etwa 220 000 bis 230 000 Stimmen pro Mandat – je nach Wahlbeteiligung – eine solch enge Bindung wie etwa bei den Nationalratswahlmandaten, bei denen nur ein Zehntel davon für ein Mandat notwendig ist, nicht möglich ist. Wir wissen, Kollege Frischenschlager, daß die Akzeptanz der Europaparlamentarier insgesamt und die Akzeptanz der Österreicher für die EU in Zukunft sehr stark vom Europaparlament, den Europaparlamentariern und dem Wirken der Europaparlamentarier in Europa für Österreich abhängen werden.
Wir Freiheitliche glauben daher, daß damit die Chance – zwar keine riesige oder große Chance, aber immerhin eine Chance –, eine stärkere Bindung zwischen Europaparlamentariern und deren Wählerinnen und Wählern in Österreich zu erreichen, nicht genützt wurde.
Wir meinen weiters, daß die Zahl der Abgeordneten, deren Unterschrift für eine Kandidatur notwendig sind – zumindest, was die Europaparlamentarier betrifft; es reicht die Unterschrift eines Europaparlamentariers, um kandidieren zu können –, zu gering ist. Der ursprüngliche Gesetzestext der Bundesregierung hatte ja fünf Abgeordnete zum Nationalrat und zwei Europaparlamentarier vorgesehen.
Wir glauben – die Zersplitterung in manchen anderen europäischen Ländern, die aufgrund allzu geringer Zugangshürden zu den Europawahlen entsteht, zeigt das –, daß auch für Österreich die Gefahr besteht – trotz der 4-Prozent-Klausel, die in diesem Gesetzentwurf enthalten ist –, daß ein überwiegender Anteil der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme für Kleinparteien abgibt, die die 4-Prozent-Hürde nicht überwinden, die aber bei einem zweigleisigen Verfahren, nämlich in Wahlkreisen und einem zweiten Ermittlungsverfahren, durchaus Chancen hätten, Mandate zu erringen. Und die Meinung dieser Wähler wird dann überhaupt nicht repräsentiert sein. Ein Nichtwiederfinden der Meinung einer erheblichen Anzahl von österreichischen Wählerinnen und Wählern, die zur Wahl geschritten sind, in den Abgeordneten des Europaparlaments würde pro futuro große Unzufriedenheit bewirken und damit die Skepsis im Hinblick auf die demokratischen Defizite der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments, die ja allerorts moniert werden, noch vergrößern.
Wir meinen daher, daß der vorliegende Gesetzestext, so wie er heute zur Verabschiedung gelangen soll, nicht der Weisheit letzter Schluß ist. Wir werden ihm heute über weite Teile unsere Zustimmung geben, aber in manchen Teilen die Zustimmung verweigern. Wir glauben, daß das, was in den Artikeln IV und V zum vorliegenden Gesetzestext in letzter Minute hinzugefügt wurde, mit Sicherheit nicht ausreicht, um so verabschiedet zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Es geht dabei – deutlich und klar gesagt – einerseits um die Parteienförderung und andererseits um die Klubfinanzierung. Wir meinen, daß beide an die Nationalrats-Wahlordnung angelehnten Bestimmungen, so wie sie hier enthalten sind, aus verfassungsrechtlicher Sicht einige Schwierigkeiten und Probleme aufweisen. Ich sage es hier ganz offen: Auch aufgrund des Streits, ob der Freiheitlichen Partei für die Nationalratswahlen 1995 die Wahlkosten rückerstattet werden sollen oder nicht, haben wir uns mit der vorliegenden Gesetzesmaterie nicht nur selbst eingehend beschäftigt, sondern uns auch in hochkarätigen verfassungsrechtlichen Expertisen – etwa von Universitätsprofessor Winkler und anderen – die Situation des Gesetzestextes in der vorliegenden Form und auch die Auswirkungen pro futuro erläutern lassen.
Laut Meinung namhafter Verfassungsrechtler hat nach den letzten Nationalratswahlen keine einzige der Parlamentsparteien den Antrag auf Parteienförderung zum verfassungsrechtlich richtigen Zeitpunkt hier eingebracht: drei Parteien zu früh und eine Partei zu spät, die aber trotzdem das Geld bekommen hat; die Freiheitlichen entweder zum richtigen Zeitpunkt, aber nicht nachweislich eingegangen, oder später mit einem Wiedereinsetzungsantrag in die ursprünglichen Rechte, zumindest auch später eingebracht. Diesen Rechtsstreit werden vermutlich österreichische Gerichte schlichten müssen. Aus freiheitlicher Sicht besteht hier bei einem wichtigen Punkt für die finanzielle Ressourcenzuführung für die Parteien eine Unabwägbarkeit, die schleunigst behoben werden sollte.