Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 25

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Ja, aber, lieber Kollege Schwarzenberger, das Problem ist folgendes: Ich habe noch gut das EU-Referendum in Erinnerung. Da hat es geheißen: Ja selbstverständlich werden wir den demokratiepolitischen Mangel, daß uns nicht direkt gewählte Abgeordnete im Europäischen Parlament vertreten, sehr, sehr bald beheben. Man hat gesagt, Anfang 1995 oder im Frühjahr 1995 werde man wählen. Dann war vom Herbst 1995 und später vom Frühjahr 1996 die Rede. Heute hören wir – Kollege Donabauer hat es soeben gesagt –, wir werden am 13. Oktober wählen.

Es hat also, wie gesagt, verdammt lange gedauert, und das ist deshalb so merkwürdig, weil ja eigentlich in der Sache selbst, sieht man von den Anmerkungen des Kollegen Haupt ab, der einige Haare in der Suppe gefunden hat, im großen und ganzen über die Grundlinien dieses Wahlrechtes zum Europäischen Parlament keine gigantischen Differenzen bestanden haben. Daher sehe ich überhaupt nicht ein, warum das so lange hat dauern müssen. Doch ich vermute, daß da doch ein Grund dahintersteckt, der angesprochen gehört. Ich glaube, es war im Grunde genommen Angst, Angst vor frühen Europawahlen in Österreich, weil sich dann vielleicht die ganze negative Propaganda oder die falsch geleitete Propaganda im Zuge des Referendums zu bald ausgewirkt hätte. Ich erinnere nur daran, was da an billigen, populistischen "Erfolgen" – unter Anführungszeichen – eines EU-Beitritts verkauft wurde, wie beispielsweise die berühmten 1 000 S Ersparnis für einen Haushalt. All diese Dinge sind natürlich nicht sehr lustig, wenn man sie anschließend in einer Europawahl vertreten soll. Es haben eben die Regierungsparteien damals den Fehler begangen, nicht die politische Dimension der Europäischen Integration, diese ungemein wichtige Zusammenfügung einer politischen Einheit mit dem Ziel, anstehende Probleme zu lösen, in den Vordergrund zu stellen, sondern es wurde eigentlich eher mit billigen, populistischen Dingen operiert, indem man etwa meinte, dann werden die Leute in ihrem Börsl die Vorteile finden.

Das ist der Grund: Sie hatten Angst vor diesen Wahlen, deshalb haben Sie sie verzögert und haben gesagt: Machen wir doch nicht jetzt schon ein Wahlgesetz, dann kommt womöglich politischer Druck, und wir müssen die Wahlen tatsächlich durchführen! – Ich glaube, das war der eigentliche Grund, warum Sie so lange gewartet haben. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zweiter Punkt: Es ist natürlich so, daß diese Europawahlen nicht in einem sozusagen bilateralen politischen Klima ablaufen dürfen. Ich glaube, in Österreich herrscht noch immer ein bißchen das Mißverständnis, da gibt es die Europäische Union mit viel Bürokratie, und diese hat enorme politische Macht, wo der Kleine nichts auszurichten vermag, und dem gegenüber steht das kleine Österreich. Es fehlt in unserer politischen Dimension das Selbstverständnis, daß wir Mitglied sind und daher mitwirken können und daß wir auch mitverantwortlich sind. Vor allem aber fehlt uns in Österreich die Einsicht, daß es überhaupt keine – nicht einmal eine klitzekleine – Alternative zur Europäischen Integration gibt. Das ist das Problem: nämlich daß bei uns das Ganze noch in einem bilateralen Klima abläuft: hier wir, die Österreicher – und da schauen wir, ob der eine oder andere Vorteil eintrifft oder nicht –, und uns gegenüber die Europäische Union.

Ich meine, die Wahl zum Europäischen Parlament ist und wäre schon die Chance gewesen, den Österreicherinnen und Österreichern deutlich zu machen, daß wir in Europa sind, daß wir dort Politik machen können, und zwar auch als kleines Land, daß wir mitwirken und daß wir auch mit Verantwortung tragen. Das wären die entscheidenden Punkte gewesen, die wir schon in einem frühzeitigen Wahlkampf zum Europäischen Parlament dem Bürger hätten nahebringen können. Doch das zu tun, haben Sie leider verabsäumt! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Nun komme ich zum Wahlrecht, zum eigentlichen Thema. Ich meine auch, daß es ungemein wichtig ist, daß wir ein Europa der Bürger, aber auch ein Europa der parlamentarischen Demokratie anstreben. Ich weiß schon, da gibt es den Vorbehalt, die Europäische Union sei etwas ungemein Bürokratisches, da sei zwar eine hochqualifizierte, aber oft auch hochnäsige technokratische, bürokratische Elite am Werk. (Abg. Moser: Eurokratie!)

Dann gibt es die Vorstellung – diese wird auch von den Medien sehr stark transportiert –, da gäbe es ein paar große, starke europäische Männer, die machen das alles schon: der deutsche


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