Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 32

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Häupl an als in der Version Scheibner, und das werden möglicherweise sogar Sie verstehen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Das zweite, das ich hier erwähnen wollte, ohne einen großen historischen Rückblick zu halten, ist die Tatsache, daß manche Redner es so darstellen, als ob der Prozeß zu einem eigenständigen Europäischen Parlament etwas wäre, das analog zu den Demokratisierungsbemühungen in den einzelnen Staaten vor sich gegangen wäre. In Wirklichkeit wurde mit der Einführung des Europäischen Parlaments und mit der Wahl des Europäischen Parlaments auf weit älteres Gedankengut zurückgegriffen. Es gibt diesbezüglich keine einheitliche Linie in der Entwicklung der europäischen Geschichte. Es wäre wert, bei all den Studien über die Geschichte der europäischen Idee einmal auch diesen Aspekt gesondert zu untersuchen, nämlich parlamentarische Versammlung und Versammlungen in den verschiedenen europäischen Ideen. Dann würde man sehen, daß wir eigentlich in manchen Ansichten noch unter dem leiden, was sich erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter dem Einfluß des sich ausprägenden Nationalismus entwickelt hat. Denn alle früheren Pläne, die es in Europa gegeben hat, sind seit den ersten Vorschlägen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts davon ausgegangen, daß es eine Versammlung geben soll in Europa, die mehrheitlich Beschlüsse faßt – die Länder können durchaus unterschiedlicher Ansicht sein –, welche dem gemeinsamen Wohle dienen.

So muß auch Österreich die Idee des Europäischen Parlaments sehen: daß wir die europäische Idee und all das, was wir uns an Verbesserungen und Fortschritt für die Menschen dieses Kontinents erwarten, national – kontrolliert durch das nationale Parlament – vortragen, aber daß es auch die gesamteuropäische parlamentarische Komponente gibt, die durch das direkt gewählte Europäische Parlament wahrgenommen wird. Die nationalen parlamentarischen Interessen in bezug auf die EU und die EU-parlamentarischen Interessen sind keine Gegensätze, sie dürfen nicht in Konkurrenz miteinander treten, sondern sie ergänzen und bedingen einander. Es geht darum, daß das, was in Europa geschaffen wird, auch von möglichst vielen Menschen legitimiert, mitgetragen und mitgeschaffen wird. Und je mehr uns das rechtlich gelingt, desto mehr wird auch im Denken der Menschen diese Bereitschaft für Europa da sein. Und darum geht es uns, wie ich hoffe, doch allen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die beiden Anträge, die Herr Kollege Schieder eingebracht hat, sind ausreichend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dr. Graf als vorläufig vorletzter Redner. – Bitte sehr.

12.39

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Minister! Hohes Haus! Es wurde heute wirklich schon viel gesprochen, am wenigsten natürlich über die Wahlordnung und die Wählerevidenz. Lassen Sie mich daher noch zwei Punkte beleuchten, vorerst einmal im Hinblick auf den Föderalismus.

Immer wird gesagt, gesamtösterreichische Interessen sind zu vertreten, und das ist der Grund, warum man einen einheitlichen Wahlkreis haben möchte. Ich stelle dazu ganz einfach fest, daß wieder einmal ein Wahlversprechen, das von den Regierenden im Zuge der Volksabstimmung gegeben wurde, gebrochen wurde.

Wie ist das denn in Österreich mit dem Föderalismus überhaupt? – Es wurde die Bundesstaatsreform versprochen. Die wurde in der Folge auf die lange Bank geschoben. Ebenso wurde die Bundesratsreform versprochen. Es wurde versprochen, daß es ein Europa der Regionen geben wird, vertreten durch die Mandatare in Brüssel. Auch dies ist wieder einmal durch unsere heute zum Beschluß gelangende Wahlordnung nicht so durchgeführt worden. Mir kommt das schön langsam so vor, als ob man immer dann unter dem Deckmäntelchen des Föderalismus und der Regionen reist, wenn es darum geht, Beamte oder Vertreter von Sozialversicherungen in Brüssel zu implantieren beziehungsweise zu installieren, und dabei einzig und allein der Proporz vertreten wird.


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