Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 49

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Aber der eigentliche Punkt, warum man so leichtfertig mit all diesen Dingen umgeht – das war auch die Leichtfertigkeit, in dem Fall der Sozialdemokratie, im Zusammenhang mit dem New Yorker Kulturinstitut –, ist, daß Architektur in seiner Wertigkeit als Kunstform offenbar nicht begriffen wird. Es gibt auch dafür symptomatische Hinweise. Allein die Tatsache, daß die Angelegenheiten der Architekten im Wirtschaftsministerium beheimatet sind und nicht in der Kunstsektion, sprechen auch eine beredte Sprache.

Im übrigen halte ich es für höchst bedauerlich, daß wir insgesamt auf dem Kultursektor eine derartige Zersplitterung der Kompetenzen haben und die Auslandskultur im Außenministerium beheimatet ist statt, was sinnvoller wäre, konzentriert in einem Kunstministerium oder einer Kunstsektion. Dann würde sich nämlich dieses Kräftemessen erübrigen.

Daß Architektur nicht auch als zeitgenössische Kunstform begriffen wird, halte ich deswegen für Österreich für so bedauerlich, weil ich glaube, daß gerade die Architektur ein Bereich ist, der Österreich eine besonders gute Visitenkarte ausstellt. Wir haben in der zeitgenössischen Musik, wir haben in der zeitgenössischen bildenden Kunst, wir haben in der zeitgenössischen Literatur durchaus Einzelbeispiele, die in die internationale Szene und die internationale Anerkennung Eingang gefunden haben – das ist schön, und das ist erfreulich –, aber wir haben es, wenn ich es richtig einschätze, auf keinem Gebiet der Kunst in einem solchen Ausmaß wie in der Architektur, ob das nun Hollein ist, ob das Holzbauer, ob das Coop Himmelblau ist, ob das Luigi Blau ist.

All jene Architekten, die wirklich als Visitenkarte unserer zeitgenössischen Kunst überall in die Welt, sage ich jetzt einmal, das Image Österreichs hinaustragen – sie sind es, die in einem Ausmaß im internationalen Kultur- und Kunstdiskurs verankert sind wie sonst keine Kunstrichtung. Und gerade deswegen sollte man die Wertigkeit erkennen, die auch dem New Yorker Kulturinstitut zukommt. Daher sollte man sich auch über den Tellerrand der Rechnerei, der Ziffernspielerei und der Aufrechnung, wo sonst irgend etwas saniert werden sollte, endlich hinwegsetzen und jene Dimension sehen, auf die es ankommt.

Architektur hat nämlich noch einen ganz wesentlichen Impuls: Sie ist eine Kunstform, bei der es keine Hemmschwelle gibt in der Form, daß man wo hineingehen muß, um sie zu konsumieren, daß man sich extra vornehmen muß, diese Ausstellung sehe ich mir an oder dieses Theaterstück schaue ich mir an, sondern sie ist etwas, was einem direkt angeboten wird, was einen sozusagen direkt anspringt. Und wenn es noch dazu an so prominenter Stelle ist wie dieses New Yorker Kulturinstitut, dann ist das eine besondere Chance, Kulturbewußtsein zu vermitteln, um Kulturverständnis und Kunstverständnis zu vermitteln. Und das sollte eigentlich unser Anliegen sein.

Ich glaube, daß nur Aktivität auf kulturellem Gebiet, daß Selbstbewußtsein auf diesem Gebiet das eigentliche Bollwerk gegen kulturfeindliche Tendenzen sein kann, und ich meine, daß das New Yorker Kulturinstitut dazu beitragen könnte, Selbstbewußtsein und Freude an zeitgenössischer Kunst zu erzeugen. Genau das brauchen wir; wir brauchen viel mehr davon in Österreich, als wir haben.

Es gibt in Österreich Selbstbewußtsein und Freude an traditionellen Kunstformen, an all dem, was unsere Geschichte darstellt, was unser Image ausgemacht hat, von dem wir heute noch zehren. Aber sobald es um zeitgenössische Kunst geht, hört es sich schon auf. Da werden die Kreise der Personen immer kleiner, die sich dafür engagieren, die das entsprechende Bewußtsein dafür haben und für die es Selbstverständnis ist. Und das wäre ein Auftrag an die Politik: daran zu arbeiten, daß diese Kreise größer werden.

Das New Yorker Kulturinstitut ist meiner Meinung nach eine Chance dazu. Ich bin daher froh, daß wir heute das einschlägige Gesetz als Grundlage dafür beschließen können. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum und bei der SPÖ.)

14.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Abgeordneter. Redezeit: 10 Minuten.


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