Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 48

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Wie es allerdings dann weitergegangen ist, war auch ein typisch österreichisches Schauspiel, in dem Fall eine Tragikomödie. Da hat dann nämlich das Sparpaket seine Schatten über dieses Projekt geworfen. In diesem Fall war es der sozialdemokratische Finanzminister, der plötzlich gefunden hat, man könne sich dieses nicht leisten, so ungefähr nach dem Motto, welches wir sonst nur von einer anderen Fraktion kennen: Bei der Kultur kann man am meisten sparen, denn: "Wos brauch ma des?" Wir haben es auch heute wieder gehört: In Zeiten wie diesen müsse man überlegen, ob man das Geld nicht für andere Sanierungsfälle da oder dort besser anwenden könne.

Das ist eine Geisteshaltung, die uns insgesamt in dieses falsche Kulturverständnis und letztlich zu einem aufbereiteten Boden für Kulturfeindlichkeit führt. Das ist meine feste Überzeugung, da ich auch weiß, daß es Direktiven an verschiedene Politiker gibt, nur ja keiner Kultursubvention zuzustimmen. In Zeiten, wo man Beihilfen für Familien kürzen müsse, in Zeiten, wo wir sparen müssen, wo bestimmte Bevölkerungsgruppen betroffen sind, könne man am ehesten bei der Kultur sparen.

Das ist etwas, was mich mit einem großen Unbehagen erfüllt, weil es zeigt, daß nicht begriffen wird, welchen Stellenwert Kulturpolitik für eine Gesellschaft schlechthin hat, daß sie ein Seismograph für die Befindlichkeit einer Gesellschaft ist, daß Kultur ein Ferment für die Entwicklung einer Gesellschaft ist und daß man daher nicht mit dem Rechenstift darangehen kann, was dann tatsächlich über die sogenannte Umwegrentabilität, wie es hier geheißen hat, hereingebracht werden kann. Und wenn Umwegrentabilität, dann muß man das wohl in eine andere Dimension setzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, daß uns vor diesem Stegreiftheater auf Schrebergartenniveau, wo nur die Akteure von Busek und Häupl, wie wir es beim Museumsquartier erlebt haben, zu Schüssel und Staribacher gewechselt haben, daß uns vor einer Schubladisierung dieses Projektes nur die internationale Dimension gerettet hat, eine Dimension, die wir dann nicht mehr beschränken konnten. Denn wenn es einmal so ist, daß sich auch internationale Zeitungen mit uns auseinandersetzen, daß tatsächlich – solche Zitate wurden auch schon gebracht – der Architekturkritiker der "New York Times" vom innovativsten Projekt der letzten Generation spricht, dann geht es nicht mehr so leicht, daß man sich im Sumpf dieses Parteienhickhacks, des wirklich nahezu kindischen Kräftemessens – wer kann dem anderen eins auswischen und sagen, ich bin derjenige, der es bewegen kann – verliert, sondern wir mußten uns darüber hinausheben; ganz im Gegensatz zu anderen Projekten, die wir auf der nationalen Ebene noch liegen haben.

Dazu gehört etwa die Albertina, bei der die Vorzeichen wiederum umgekehrt sind, denn dafür gibt es nämlich grünes Licht von seiten des sozialdemokratischen Ministers, und der ÖVP-Minister steigt auf die Bremse. Man will damit demonstrieren, daß es nur im Einvernehmen geht, und man will auf diese Weise offensichtlich über Spielmaterial und -kapital für andere Dinge verfügen.

Das ist übrigens bei der Albertina – ich möchte das einwerfen, weil ich es für wirklich notwendig halte – besonders bedauerlich, denn wenn es bereits eine Übereinstimmung über einen Zubau gibt – ich schaue daher ganz bewußt Minister Schüssel an –, dann halte ich es wirklich für mehr als hemmend und rückschrittlich, wenn man darüber streitet, ob man nicht lieber das Geld in die Fassade investieren könnte. (Vizekanzler Dr. Schüssel: So ist es nicht!) So ist es schon. Auf diese Weise werden die Möglichkeiten für diese wesentliche graphische Sammlung immer schlechter, und das Weiterarbeiten in diesem Museum ist kaum mehr möglich. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Eine Zusage hat es für 250 Millionen Schilling gegeben, aber nicht für 700 oder 800 Millionen!) Das ist nicht ganz richtig, was Sie da sagen. Außerdem, muß ich sagen, hatte man sich bereits beim Zubau durchaus auf eine Reduktion geeinigt, aber manchmal habe ich den Eindruck, daß es gerade der ÖVP in erster Linie um Fassade geht – das sehe ich auch in anderen Lebensbereichen so – und nicht sosehr um das, was dahinter ist, nicht um das, was der Inhalt ist. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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