Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 5. Sitzung / Seite 95

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Das Wissenschaftsministerium hat Studienprojekte gefördert. An der Universität in Graz läuft ein Projekt zur Erforschung und Verschriftlichung des Romanes, also der Versuch, die Sprache der Roma zu kodifizieren. Eine Alphabetfibel in Romanes und Deutsch ist in Arbeit – dies mit der Absicht, die kulturelle Identität der Roma zu stärken und zu fördern.

Aber selbstverständlich wurden auch Maßnahmen für die Familien der betroffenen Opfer gesetzt. Unmittelbar nach dem Attentat wurde jeder betroffenen Familie als erste Überbrückung ein nicht zu kleiner Geldbetrag zur Verfügung gestellt. Aus Spendengeldern wurde ein Fonds eingerichtet, der vorwiegend den betroffenen Familien zur Verfügung gestellt wird. Ich möchte hier nicht einzelne Maßnahmen zahlenmäßig veranschaulichen, darf Ihnen aber sagen, die zur Verfügung stehenden Beträge sind beträchtlich.

Geschätzte Damen und Herren! All diese Maßnahmen werden im Einvernehmen mit den Betroffenen durchgeführt. Sie geschehen mit dem Ziel, die Lebenssituation der Roma nachhaltig zu verbessern. Wir halten nichts von kosmetischen Schnellaktionen, sondern wir haben uns bemüht, Maßnahmen einzuleiten, die bereits greifen, Maßnahmen, die aber Teil eines gesamten Projektes sind.

Da nun über die Medien – und das greifen die Medien natürlich gerne auf – zu transportieren, es sei nichts geschehen, halte ich für unseriös und eigentlich bin ich traurig darüber. Denn wenn man sich die Medienberichte der letzten Tage in diesem Zusammenhang anschaut, sieht man, daß darüber ausschließlich Negatives berichtet wurde.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Republik Österreich hat sich wiederholt und nachhaltig zu ihren Volksgruppen bekannt. Ich möchte einmal mehr darauf hinweisen, daß die Reichhaltigkeit unserer Kultur durch die verschiedenen Einflüsse und Originalitäten geprägt ist. Zum heutigen Österreich gehört die Volksgruppe der Kroaten, jene der Slowenen, der Ungarn, der Tschechen und der Slowaken, ebenso wie jene der Roma und Sinti. Sie alle haben zur österreichischen Identität beigetragen und zeugen heute noch davon, daß Österreich einmal ein Vielvölkerstaat war.

Unsere Fraktion, die sozialdemokratische Fraktion, hat vor Jahren, wie Sie wissen, eine ARGE Volksgruppen eingerichtet, in der alle Volksgruppen eingebunden sind, und wir bemühen uns seit deren Bestehen um das Realisieren einer zukunftsorientierten Volksgruppenpolitik, welche, wie wir meinen, in besonderer Weise geeignet ist, den Herausforderungen der Zeit zu entsprechen, welche sich durch die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union und das bedrohliche Umsichgreifen extremer Formen von Nationalismus ergeben.

Europa, meine sehr geehrten Damen und Herren, also die Gemeinschaft der europäischen Staaten, ist multikulturell. Das ist eine Tatsache, eine Gegebenheit, die zu akzeptieren ist. Und ich glaube, mehr noch: Wir erleben gegenwärtig ein ethnisch-nationales Erdbeben, welches die politische Landkarte Europas stärker verändert, als das die beiden Weltkriege getan haben. Die Vielvölkerstaaten Tschechoslowakei, Sowjetunion und Jugoslawien sind zerfallen. An ihre Stelle sind 19 neue Staaten getreten. Vieles, ich glaube, sehr vieles weist darauf hin, daß ethnisch motivierte gewaltsame Auseinandersetzungen bedauerlicherweise auch in das nächste Jahrhundert hineinreichen werden. Im heutigen Europa, in den gegenwärtig 36 Staaten zählen wir nicht weniger als 184 nationale Minderheiten, 184 Volksgruppen. Die Zahl der betroffenen Angehörigen wird auf über 100 Millionen Menschen geschätzt.

Ich meine daher: Die Antwort, die Reaktion auf diese Herausforderungen kann wohl nur eine dynamische und präventive Volksgruppenpolitik sein, begleitet von einem klaren Bekenntnis zur ethnisch-kulturellen Vielfalt, begleitet vom Eintreten zur Überwindung ethnischer Grenzziehungen und Grenzlinien und mit einem Bekenntnis zur Mehrsprachigkeit.

Dies alles, getragen von Toleranz und gegenseitigem Verständnis, müßte eigentlich ein wichtiger Beitrag für zukunftsorientierte Volksgruppenpolitik sein. Wir Sozialdemokraten werden auf der Basis des in der vergangenen Gesetzgebungsperiode von den beiden Klubobmännern Kostelka und Khol eingebrachten Entschließungsantrages weiterarbeiten. Wir werden uns bemühen, die Arbeit der Volksgruppenbeiräte aufzuwerten. Wir werden uns bemühen, eine


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