Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 7. Sitzung / Seite 53

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werden sich bemühen, das durch – und jetzt zitiere ich Sie – "Bemühen um eine entsprechende Mehrheit abzusichern", dann, muß ich sagen, ist das blanker Zynismus. Sie als Bundesregierung – im Wissen, daß Sie, für uns Oppositionspolitiker bedauerlicherweise, wieder eine Verfassungsmehrheit erreicht haben – stellen sozusagen die Möglichkeit deutlich dar und sagen: Wenn es nicht geht oder wenn hier Verfassungsbedenken auftauchen, die wir ernst nehmen müssen, dann werden wir uns eben um eine Mehrheit – ist gleich eine Verfassungsmehrheit – hier im Hause bemühen und damit eine unselige Gepflogenheit fortsetzen, nämlich immer dann, wenn der Verfassungsgerichtshof gesetzliche Maßnahmen aufgehoben oder zur Aufhebung bestimmt hat, diese entsprechenden Gesetze unverändert in Verfassungsrang zu erheben. Das, Herr Klubobmann Khol, kann hoffentlich nicht Ihre Absicht für alle Zukunft sein. Sie sollten sich an diese Verfassungsmehrheit gar nicht erst gewöhnen, denn Sie werden sie auch wieder verlieren, und zwar das nächste Mal. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie, meine Damen und Herren, heute hören mußten, dieses Sanierungs- oder Konsolidierungspaket sei sozial ausgewogen: Es wird schon beim Durchblättern klar, daß – abgesehen von der Transferfrage und von der Frage der Familientransfers – auch in verschiedenen anderen Punkten soziale Ausgewogenheit in unseren Augen nicht gegeben ist.

Aber abgesehen davon gibt es noch einige Dinge, die ich nicht versäumen möchte heute zu erwähnen. Ich greife jetzt nur einiges heraus, Herr Bundesminister, und ich bitte, wenigstens das Argument zu würdigen. Ich glaube, die Einführung eines Bonus-Malus-Systems bei Einstellung und Kündigung älterer Arbeitnehmer – ich weiß, das wollen nicht Sie, sondern Ihr Kollege Hums – ist eine unselige Unterschutzstellung. Ich habe das schon einmal sehr zynisch die Einbeziehung in das UN-Artenschutzabkommen von älteren Mitbürgern genannt. Ich glaube, hier werden Sie den genau gegenteiligen Effekt erzielen. Ich glaube nämlich, daß Sie Marktwirtschaft und freies Unternehmertum auf diese Art und Weise nicht dazu bewegen werden, älteren Mitarbeitern eine zusätzliche Chance zu geben oder ein längeres Verbleiben im Erwerb zu ermöglichen. Ganz im Gegenteil!

Ich darf Sie daran erinnern, daß es ein Invalideneinstellungsgesetz gibt, und wir müßten es eigentlich abschaffen, denn es ist gescheitert. Es gibt ein Nachtarbeitsverbot für Frauen, und dieses sollte abgeschafft werden, denn dieses Gesetz ist kein Schutz, sondern ein Diskriminierungsgesetz. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie heute hier im Geiste dasselbe machen – ich billige Ihnen zu, in gutem Wollen; ich gehörte eigentlich schon zu dieser Gruppe –, so, muß ich sagen, tun Sie den Betroffenen nichts Gutes. Auch die über 50jährigen können sich wehren und können ihre Leistung erbringen und werden diese Art von Schutz nicht zu würdigen wissen, insbesondere dann nicht, wenn sie mit Näherung an die Altersgrenze ihre Arbeitsplätze verlieren oder diese Tendenz gefördert wird.

Aber auch andere Maßnahmen sind hier zu erwähnen, insbesondere die Verhinderung der Umgehung von Arbeitsverhältnissen durch Werkverträge, indem man sie der Sozialversicherungspflicht unterzieht und jetzt auch noch einer Quellensteuer. – Dafür wäre ich allerdings eher zu haben. Die Sozialversicherungspflicht stört mich da wesentlich mehr, ist sie doch nur eine Maßnahme, die deshalb erfolgt, weil Sie zu einer wirkungsvollen Kontrolle und zur Verhinderung von Mißbrauch nicht imstande sind oder, zweitens, weil Sie mit Ihren Sozialversicherungssystemen am Ende und auch darauf angewiesen sind, diese Werkverträge, diese in freier Tätigkeit erbrachten Leistungen miteinzubeziehen.

Ich glaube, es ist kontraproduktiv für Gründerwelle, es ist kontraproduktiv für Arbeitsplatzbeschaffung oder Arbeitsplatzinitiativen, für all das, was Sie vorhaben und was Sie uns sagen. Arbeitsplatzprogramme gibt es allerdings schon viele, und dieses neue ist damit von Ihnen selbst konterkariert worden. Ich glaube nicht, daß das ein guter Weg ist.

Es gibt auch noch viele andere oder kleinere Dinge, wo Ihre Verkaufsstrategie nicht stimmt, meine Damen und Herren. Ich glaube, die Frage der Karenzzeitregelung im zweiten Jahr ist eine, die Sie offen und ehrlich als reine Sparmaßnahme hätten einbekennen sollen. Sie sollten sich nicht dahinter verstecken, daß Sie damit einen gewünschten gesellschaftspolitischen Effekt


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