Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 7. Sitzung / Seite 85

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von Oppositionsgruppen und -parteien seit langer Zeit in verschiedenen Ländern angewendet –, Beispiele aus dem Zusammenhang herausreißt. Wenn man Zusammenhänge nicht berücksichtigt, glaubt man beweisen zu können, daß auf diese oder jene Art Ungerechtigkeit passiert.

Ich glaube, unter diesem Schema waren auch heute jene Wortmeldungen zu beobachten, in denen man sich mit der Frage sozialer Ausgewogenheit und sozialer Gerechtigkeit des Sparpaketes – so dürftig auch immer – auseinandergesetzt hat. Aus der Antwort von Herrn Minister Klima ist ja mehr als deutlich hervorgegangen, daß dahinter ein System steckt, daß man sich das alles genau überlegt hat, daß das daher auch immer in einem Gesamtzusammenhang, auch was Einzelbeispiele Betroffener anlangt, zu diskutieren ist.

Aber das ist jetzt nicht das Thema, auf das ich mich konzentrieren will. Ich möchte mich konzentrieren auf die Privilegiendiskussion im engeren Sinn und muß feststellen, daß man es verabsäumt hat, mehrere Definitionen vorzunehmen. Eine Frage ist: Was ist überhaupt ein Privileg? Wer definiert das, was ein Privileg ist?

Dieser Begriff hat eine Verselbständigung. Man versucht immer instinktiv, das festzustellen oder zu punzieren; es wird das zu einem politischen Kampfbegriff gemacht, indem man sagt: Das sind jetzt die Herrschenden, die haben es sich möglicherweise "gerichtet", und die verteilen jetzt Begünstigungen.

Da kann man dann schon ansetzen, wenn man den Begriff "Privileg" verwenden will. Aber da muß man sehr genau sein und muß versuchen, das auch wirklich konkret darzustellen, denn sonst kann man im Prinzip unter dem alles verstehen. Man könnte so auch sagen: Jeder, der politisch tätig ist, ist grundsätzlich ein Privilegierter, weil er nicht arbeitet, sondern weil er ein Faulpelz und politisch tätig ist.

Das ist ja in etwa schon der Beginn der Definition gewesen, wie es Herr Haider heute in seiner Rede angedeutet hat, als er gemeint hat: Im Prinzip sitzen da lauter Faulpelze im Parlament. Eine Affinität, die vor Jahrzehnten ja nur eine Steigerungsstufe gefunden hat, als gesagt wurde: Quasselbude. Die Nationalsozialisten haben gesagt: Quasselbude. Sie sind auch mit Korruptionsvorwürfen gekommen, sie haben auch gesagt: Das sind lauter Faulpelze.

Natürlich kann man bis zum letzten Schilling immer wieder diskutieren und sagen: Er ist zu viel, der letzte Schilling. – Bei Haider wird das gehen, er kann heruntergehen bis auf Null. Dem kann es Wurscht sein; er bezieht das ja alles ohnehin ganz woanders – und nicht da herinnen –, wenn es sein muß. Er nimmt es aber. Einer meiner Vorredner hat ja heute gesagt, daß Haider als Klubobmann nicht gerade unterdotiert ist. Damit sage ich nichts grundsätzlich gegen die Bezahlung der Klubobmänner hier, aber es ist jedenfalls so, daß Haider das nicht verschweigen sollte. – Das wäre zum Beispiel ein Aspekt.

Sie nennen immer wieder einzelne schwarze Schafe, die herhalten müssen als Beispiele dafür, daß das ganze System verrottet sei. – Auch das ist falsch. Man kann Einzelbeispiele aufarbeiten, man kann sagen: Hier hat es eine Verselbständigung gegeben. Und ich gebe zu, daß so manche Kritik, die auch heute von Oppositionsrednern gekommen ist, berechtigt ist. Ich gehe sogar soweit – der Herr (der Redner blickt zur Decke) möge mir verzeihen! –, daß ich sage: Es gibt auch die eine oder andere Kritik des Jörg Haider, die durchaus berechtigt ist. Das will ich gar nicht leugnen, aber das rechtfertigt noch lange nicht, deshalb zu sagen, das ganze System sei verrottet.

Auch Haider müßte wissen, daß dieses politische System darauf aufgebaut ist, daß es dann am optimalsten funktioniert, wenn einige wenige möglichst viele Aufgaben und Funktionen haben. Das war das Grundverständnis des Systems – wobei die Leute früher viel weniger und bescheidener bezahlt wurden und sich das dann halt so entwickelt hat. Jetzt geht ja der Trend in die umgekehrte Richtung. Das war es. Also muß man die Systemdebatte führen, die Haider ja ohnehin führen will, weil er sowieso ein anderes politisches System haben möchte.

Das sieht man ja anhand seiner Diskussion über die Tätigkeit der Beamten, über das Selbstverständnis des Staates, sein Selbstverständnis des Staates, Ihr Selbstverständnis des


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