Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 42

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

administrative und rechtliche Heimat finden können. Und das halte ich für falsch. Das ist der massivste Einwand.

Der zweite Einwand ist folgender: Wenn wir schon einen Teil dieser außenpolitischen Kulturaktivitäten in eine neue Rechtsform gießen, dann frage ich mich, ob wir nicht insgesamt versuchen sollten, auch die Kulturinstitute in ihrer jetzigen Organisationsform zu überdenken. Ich kann mir vorstellen, daß die Herauslösung aus der außenamtlichen Administration, die Organisation in selbständiger Rechtsform, alle die Gründe, die Sie angeben, warum bei den Sprachkursen jetzt diese neue Rechtsform gewählt wird, für die Kulturinstitute im Prinzip auch stimmen. Und deshalb meine ich, daß es überlegenswert wäre, insgesamt die Organisation der Kulturinstitute in eine andere Rechtsform überzuführen, die mehr Flexibilität et cetera ermöglicht.

Aus diesen beiden sehr grundsätzlichen Erwägungen – neben der wirklich mangelhaften Begründung im Detail – werden wir die Vorlage zum Österreich Institut-Gesetz ablehnen.

Ein paar Worte auch zur zweiten Vorlage, zum Gesetz über die "Diplomatische Akademie Wien".

Auch da fragt man sich zunächst einmal, ob das denn wirklich eine Pflichtaufgabe der Republik sein muß. Denn eines ist ja diese Diplomatenakademie interessanterweise nicht, was man aufgrund ihres Titels vermuten würde: Man könnte meinen, daß das sozusagen die Diplomatennachwuchsschule des Außenamtes wäre. Das ist nicht der Fall, sondern das Außenamt hat nach wie vor seine besondere eigene Form der Heranbildung und vor allem Prüfung seines Nachwuchses über das Préalable.

Wenn die Republik eine Diplomatenakademie unterhält, dann wäre doch auch zu überlegen, ob nicht die Absolventen dieser Diplomatenakademie damit schon aus sich heraus die Befähigung zum Diplomatenberuf, die Qualifikation dazu haben. Die Aufnahme ist dann eine zweite Sache, aber es ist natürlich schon eine Absurdität, daß die Republik eine Diplomatenakademie unterhält, deren Absolventen aber dann nach diesem Ausbildungsgang, nach diesem Prüfungssystem nicht wirklich in der Lage sind, den Diplomatenberuf in Österreich auszuüben. Da stimmt doch irgend etwas nicht. (Abg. Tichy-Schreder: Das ist doch normal!) Das ist meines Erachtens nicht normal, denn normal ist gerade in Österreich, daß jemand mit dem Erwerb einer bestimmten – vereinfacht ausgedrückt – akademischen, in diesem Fall Post-graduate-Qualifikation den Zugang zur Berufsausübung hat. (Abg. Tichy-Schreder: Nur mit der schulischen Ausbildung allein nicht!) Das ist etwas, was eigentlich normal ist. (Abg. Tichy-Schreder: Da fehlt die Praxis!)

Eine andere Frage – ich sage es noch einmal – ist die Aufnahme: ja oder nein. Aber ich glaube schon, daß man sich das zumindest einmal überlegen sollte, denn da ist derzeit schon eine Systemwidrigkeit gegeben. (Abg. Dr. Graf: Bei der ÖVP ist es normal, daß man ohne Qualifikation in die Ämter kommt! – Abg. Tichy-Schreder: Gerade das Gegenteil ist der Fall!)

Die Besonderheit, die diese Akademie als zweite Funktion hat, möchte ich noch betonen, denn das ist eine sehr wertvoller Aspekt. Österreich eröffnet damit vor allem Menschen aus Ländern, die sich im Übergang befinden, die nach Abschüttelung totalitärer Regime nun darangehen müssen, einen neuen diplomatischen Apparat und personelle Substanz aufzubauen, die Chance, in Österreich diese Ausbildung zu erhalten. Das ist etwas ganz Wichtiges, und das geschieht wiederum nicht aus Selbstlosigkeit, obwohl es durchaus etwas ist, wovon ich meine, daß es eine wichtige, manchmal auch entwicklungspolitische Maßnahme ist. Aber in diesem Fall haben wir die Chance, daß die hier Ausgebildeten aus befreundeten Ländern damit ein Lebtag lang, womöglich als Diplomaten, eine ganz besondere Bindung und Nähe zur Republik Österreich vermitteln. Das ist ein ganz, ganz wesentlicher außenpolitischer Wert, den ich besonders hervorstreichen möchte, denn auch in der Vergangenheit hat die Diplomatenakademie bewiesen, daß diese Funktion eine ganz besonders wichtige ist.

Meine Damen und Herren! Man kann sich überlegen, ob die jetzt gefundene Ausgliederung und Rechtsform die Ultima ratio ist, ob nicht in der Zukunft derartige Einrichtungen noch ein Stück


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite