Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 102

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Zeitdruck herrscht. – Hier herrscht auch Zeitdruck. Das haben gottlob auch Österreichs Studierende erkannt, die europaweit nicht den Ruf haben, eine besonders aufmüpfige und außergewöhnlich couragierte Gruppe zu sein. Das hat insgesamt auch etwas mit dem österreichischen Klima zu tun. Die Studierenden haben sich an allen Hochschulen mit denen, die ebenfalls so sehr von diesem Sparpaket betroffen sind, nämlich mit dem Mittelbau an den Universitäten, zusammengetan und protestieren jetzt entweder alle unisono auf der Straße oder in den Lehrsälen.

Deshalb verhält es sich nicht so, wie es die Kolleginnen und Kollegen zu sagen versucht haben, daß alles, was in den Anfragen steht, schlicht und einfach die Unwahrheit sei. In diesem Punkt irren Tausende von Studierenden in Österreich und Hunderte beziehungsweise wahrscheinlich auch Tausende von Dozenten und Dozentinnen, Assistentinnen und Assistenten ganz sicher nicht. Denn sie sind nicht nur materiell schlechter gestellt, sondern es geht in dieser gesamten Sparpaketdiskussion im Zusammenhang mit dem Hochschulbereich auch um den Ruf und um das Ansehen Österreichs in Hinblick auf die Wissenschafts- und Forschungspolitik.

Es gab seit der Ära der Frau Bundesministerin Firnberg immer wieder – von meiner Warte aus betrachtet – sehr erfolgreiche, manchmal nicht so erfolgreiche, aber jedenfalls löbliche Ansätze, das Image der österreichischen Wissenschafts- und Forschungspolitik, das ein bißchen von Dahintümpeln gekennzeichnet war, aufzupolieren. Das, meine Damen und Herren, geht aber nur, wenn die Forschungsmittel nicht nur im universitären Bereich, sondern auch im außeruniversitären Bereich enorm ausgeweitet werden, wenn vor allem aber auch die Hochschulen und Universitäten aufgemöbelt werden, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. (Beifall bei den Grünen.)

Was ist wertvoller als die menschlichen Ressourcen, die es dort gibt? – Die Art und Weise, wie man mit diesem wertvollsten Kapital, nämlich mit dem Geist, umgeht, ist es, was mich so empört!

Es ist heute schon oft gesagt worden, wie schwierig es gerade für jene sein wird, die aus sozial nicht so gut gestellten Schichten kommen, weiter zu studieren oder in Zukunft zu studieren, wenn genau jene Errungenschaften, die diese Möglichkeiten geboten haben, eingeschränkt werden. Ich war als Studentin auch eine Nutznießerin dieses jährlichen Pauschales für die Fahrt zwischen Wohnort und Studienort. Das war reales Einkommen, das jetzt auch wegfällt. – Mir liegen aber über diese Facetten hinaus vor allem die Humanressourcen am Herzen.

Herr Bundesminister! Wenn Sie ganz zu Beginn davon gesprochen haben, daß die leicht entzündbaren Vorurteile – egal, wie man sie bewertet – deshalb so gefährlich sind, weil allein das Aussprechen sie eben leichter entzündbar macht, dann, sehr geehrter Herr Bundesminister, gebe ich Ihnen zwar recht. Ich warne Sie aber in gewisser Hinsicht davor, genau jene Gruppen, die jetzt so massiv protestieren, Studierende und ihre Lehrerinnen und Lehrer an den Hochschulen und Universitäten, die mental, ganz persönlich, aber auch politisch im großen und ganzen auf Ihrer Seite gestanden sind, jetzt mit einer Coolness abzuschütteln, indem Sie diejenigen im Nationalrat, die Sorge haben, daß die Bedürfnisse der Studierenden und der Lehrenden nicht berücksichtigt werden, daß ihre Sorgen und ihre Kritik nicht an die Entscheidungsträger herankommen, ausschließlich der Unwahrheit zeihen, substantiell aber nichts sagen.

Herr Bundesminister! Der Zeitdruck steigt. Er steigt für jene, die künftig aufgrund verschlechterter materieller Bedingungen schlechtere Studienbedingungen haben werden. Und der Zeitdruck für das Aufpolieren des internationalen Image Österreichs steigt ebenfalls, vor allem – das ist heute auch noch nicht angesprochen worden – jetzt, ein Jahr, nachdem wir der EU beigetreten sind. Mit geht das auch als einer sehr EU-kritisch eingestellten Bürgerin dieses Landes absolut ab. Herr Bundesminister! Auf diesem Gebiet haben Sie als Wissenschafts-, als Forschungs-, als Kunst- und als – unter Gänsefüßchen – "Zukunftsminister" einiges zu leisten. Ich habe allerdings den Eindruck, Sie beginnen Ihre neue Funktion, indem Sie Ihren Ruf jetzt schon sehr in Frage stellen, wenn nicht geradezu ramponieren! (Beifall bei den Grünen.)

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