Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 10. Sitzung / Seite 116

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

eingeengt worden. Daher ist es ganz logisch, daß dem Zeitgeist entsprechend die außerberufliche Immunität nochmals genau diskutiert und eingegrenzt wird.

Es ist nicht einzusehen, warum hier verschiedene Privilegien gegenüber den Bürgern vorherrschen sollen. Gerade die Freiheitlichen sind es, die immer nach einem Privilegienabbau schreien, aber wenn es darum geht, ihre eigenen Privilegien im Bereich der Immunität einzuengen, dann gibt es einen lauten Aufschrei. Das ist Zwiespältigkeit!

Da befinde ich mich in guter Gesellschaft mit Günther Traxler vom "Standard", der schreibt – ich zitiere –: "Nur als drollig kann man die Empörung empfinden, der sich der freiheitliche Klubobmann Ewald Stadler nun hingibt, nicht nur, weil sein Parteiobmann ja – spät genug – der Anlaß für diese Kursänderung in Sachen Immunität ist. Daß die Freiheitlichen permanent alle Privilegien abschaffen wollen, ihre Abschaffung aber immer dann als Skandal brandmarken, wenn es sich um eines handelt, von dem sie profitieren, gehört zum Ritual." – Hier dann noch von einem politischen Willkürakt zu sprechen, entbehrt natürlich jeder Realität.

Weil Sie, Herr Kollege Stadler, in Ihren Ausführungen gefragt haben: Wo sind da die kleinen Bürger? (Abg. Mag. Stadler: Wo sind sie?) , frage ich Sie: Wie viele Bürger gibt es denn, die sich trauen, gegen diese Mächtigen derartige Schritte zu unternehmen? (Abg. Mag. Stadler: Wir haben nicht sie gemeint!)

Sie haben im Ausschuß den Einwand gemacht, daß jedermann zivilrechtlich klagen kann. – Ja wer bringt denn schon eine zivilrechtliche Klage ein, wenn damit Anwaltskosten, das Risiko und so weiter verbunden sind? Bei den Freiheitlichen ist das vielleicht leichter, denn wenn derartige Prozesse verloren werden, gibt es immer noch – so wie im Burgenland – einen Sozialfonds, aus dem man schöpfen kann. (Ruf bei den Freiheitlichen: Haha!)

Es gibt genug Beispiele aus der Vergangenheit, die man anführen könnte, wie Personen von einer Partei diffamiert werden. Der Fall Doralt ist heute bereits zur Sprache gekommen. Es gibt noch andere Fälle, zum Beispiel den eines Volksschuldirektors aus Krenglbach bei Wels, und andere Fälle mehr.

Daß es sich beim zweiten Fall um einen besonderen Fall handelt, bei dem auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde, können wir im Ausschuß nicht beeinflussen. Ich stelle nur fest, Herr Kollege Kier: Das ist nun einmal der gleiche Sachverhalt. Man kann nicht einmal dafür und beim zweiten Mal dagegen sein.

Daher sind wir für eine Praxisänderung. Wir wollen das einmal befristet durchführen und schauen, was dabei herauskommt. Wir sind für eine klare Linie, nämlich für die Ausschußfeststellung, bei gewissen Delikten die Auslieferung zu beantragen. Ansonsten bleibt es dem Ausschuß nach wie vor vorbehalten, jeden einzelnen Fall genau zu überprüfen.

Ich glaube, dieser Schritt war notwendig. Er ist eine Möglichkeit, gegen die Radikalisierung der Sprache vorzugehen. Beim Umgang der Menschen miteinander muß eben das Grundprinzip gelten, daß ein Abgeordneter nicht bessergestellt werden darf als jeder andere Bürger. Daher werden wir den beiden Ausschußanträgen zustimmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

22.54

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.54

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Vorgehen der beiden Regierungsparteien in der Frage der Immunität ist ein Zeichen der Schwäche.

Daß Sie nicht sorgfältig genug vorgehen, hat Ihnen Kollege Kier, der sich sowohl im Ausschuß als auch hier am Rednerpult bemüht hat, einen differenzierten Standpunkt einzunehmen, deutlich vor Augen geführt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite