Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 17

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in den Gunstlagen der Stadt Wien Dienstwohnungen zur Verfügung gestellt bekommen (Abg. Mag. Stadler: Unglaublich!), während jeder kleine Arbeitnehmer in dieser Republik, vor allem in Wien, unter 70 S pro Quadratmeter keine Wohnung mehr bekommt. Meine Damen und Herren, wo ist denn in diesem Bereich Ihr Ordnung-Machen, das Sie so propagiert haben?

Sie sind viel schneller, wenn es darum geht, bei den Kleinen und den Schwachen anzusetzen. Bei der Nationalbank bleibt alles beim alten, in den Kammern bleibt alles beim alten, über Politikerprivilegien reden wir erst nächstes Jahr – aber für jene Behinderten, die in Heimpflege sind, haben Sie das Taschengeld sofort auf 550 S pro Monat zusammengestrichen. Können Sie sich nicht vorstellen, daß man um 550 S nicht sehr viel Gewand kaufen kann, nicht sehr viel Schuhwerk kaufen kann, sich nicht sehr viel Freizeitvergnügen leisten kann? Auch Behinderte sind Menschen, die ein Recht darauf haben, ihre Freizeit gestalten zu können. (Abg. Reitsamer: Keine Ahnung!)

Sie schütteln den Kopf, weil Sie noch nie in einem Heim waren und nicht wissen, wie es einem jungen Menschen geht, der einen Autounfall gehabt hat und dann auf einmal mit 550 S Taschengeld im Monat leben soll. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, meine Damen und Herren (Beifall bei den Freiheitlichen), auch über die Tatsache, daß man den Freibetrag für Behinderte auch noch wegstreicht, und die Tatsache, daß im Nationalfonds für die Behinderten nur mehr 1 000 S als Erinnerungspost angesetzt sind. Das zeigt die wirkliche soziale Gesinnung dieser Regierung.

Das ist eine Voodoo-Politik, die da gemacht wird, Voodoo-Zauber des Herrn Bundeskanzlers: visionslos, ideenlos und zukunftsfeindlich.

Ich sage Ihnen: Es gibt viel bessere Alternativen. Warum gehen Sie nicht den Weg, durch degressive Transferzahlungen, durch einen schlanken, leistungsfähigen Staat, durch eine Senkung der Arbeitskosten die Rahmenbedingungen so zu verändern, daß sich in diesem Land wieder etwas zum Besseren bewegt? – Sie haben ja ein schlechtes Gewissen, denn von all den Maßnahmen, die in den letzten Tagen diskutiert worden sind, haben sich ja schon viele verabschiedet.

Frau Ministerin Konrad etwa: Sie stimmt zwar in der Regierung für das Belastungspaket, geht aber dann zu den Demonstranten und sagt, sie sei sowieso dagegen. Das heißt, sie demonstriert gegen sich selbst, gegen das, was sie selbst beschlossen hat. Sie hätte nur dagegen stimmen müssen! (Abg. Mag. Stadler: Sie hat aber gesagt, dann hätte sie zurücktreten müssen!) Es gibt in der Regierung keinen Beschluß, der nicht einstimmig gefaßt werden muß. Aber dann hätte sie zurücktreten müssen und ihr "Posterl" verloren. Das ist anscheinend noch immer der Sicherungsanker für den Gewissenswurm, Frau Kollegin! (Zwischenruf der Abg. Silhavy .) Ich bitte Sie, mir das schriftlich zu geben, denn der Geschwindigkeit Ihrer Sprache kann ich nicht folgen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zum Österreichischen Gewerkschaftsbund: Der Österreichische Gewerkschaftsbund, meine Damen und Herren, hat diesen Belastungsmaßnahmen zugestimmt – aber gleichzeitig gehen die Damen demonstrieren. Die Frauenchefin der Gewerkschaft sagt: Das ist ein unsoziales, nicht ausgewogenes Paket! Und in Tirol protestiert die Arbeiterkammer dagegen.

Herr Bürgermeister Häupl ist überhaupt der Beste: Er sitzt im Verhandlungskomitee, stimmt allem zu, aber draußen protestiert er dann gegen sich selbst! (Abg. Haigermoser: Der Maderthaner auch!) Beispiel: 5. Februar 1996: Häupl stimmt im SPÖ-Präsidium den Belastungsmaßnahmen zu. 6. Februar 1996: Häupl erklärt in Wien: Wien stimmt den Belastungen zu! 7. 2. 1996: Erster Widerstand gegen das Sparpaket. Häupl sagt an die Adresse der Bundesgenossen: Ihr werdet mich kennenlernen. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) 8. 2. 1996: Häupl stimmt im SPÖ-Vorstand wieder den Belastungen zu. Donnerstag, 2. Februar 1996: Häupl hat mit Karenzregelung keine Freude; Sparpaket nicht ausgewogen. – Also da kenne sich noch einer aus! Da ist wirklich die Frage: Wer ist stärker, ich oder ich? (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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