Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 19

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Herr Dr. Haider! Lassen Sie sich eines gesagt sein: Um die Politik dieser Republik mitzugestalten, bedarf es ein bißchen mehr, als Kindermärchen zu erzählen. Sie müssen sich endlich einmal Alternativen überlegen und nicht nur billige Kritik aus dem Wahlkampf anbringen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Das umso mehr, als die Entscheidung, die die Österreicher am 17. Dezember getroffen haben, eine sehr weitreichende war, eine, mit der grundsätzliche Weichenstellungen für die Zukunft der Republik erfolgt sind. Es ist bei dieser Entscheidung nur vordergründig um das Budget 1996 gegangen. In Wirklichkeit wurde nicht abgestimmt, ob in unserer Republik, sondern wie gespart werden soll. Die SPÖ hat sich von Anbeginn nachhaltig zur Sparpolitik bekannt. Wir waren der Meinung, daß das, was wir brauchen, eine Änderung der Ausgabenpolitik ist, aber nicht eine Änderung des sozialen Grundkonsenses unseres Landes. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind für die Budgetsanierung, weil wir Sozialdemokraten Interesse an einem finanziell gesunden und starken Staat haben. Nur ein finanziell gesunder und starker Staat wird in der Lage sein, dem einzelnen jenen Schutz zu bieten, den er braucht, um dann über die Runden zu kommen, wenn er sich aus eigenem nicht mehr helfen kann – wenn er krank wird, wenn er die Arbeit verliert, wenn er behindert ist, wenn er vom aktiven Berufsleben in die Pension wechselt. Es ist unser Verständnis eines Staates, daß dieser dann dem einzelnen zur Seite steht und hilft, und dazu bedarf es einer guten finanziellen Ausstattung.

Nicht irgendwelche abstrakten Währungsunionskriterien von Maastricht sind für uns ausschlaggebend, sondern die Aufrechterhaltung des Sozialstaates. Und Handlungsbedarf hat bestanden, weil wir von 1992 bis 1994 wirtschaftliche Einbrüche zu verzeichnen hatten und – auch das muß man hinzufügen – weil wir soziale Maßnahmen in einem Ausmaß wie kaum je zuvor gesetzt haben, in Erwartung einer besseren wirtschaftlichen Entwicklung: Familienförderung, Pflegevorsorge und zweites Karenzurlaubsjahr. All das waren richtungweisende zusätzliche Sozialmaßnahmen, für die wir die finanzielle Basis nicht ausreichend vorgefunden haben. Es war daher nicht eine Rücknahme, nicht ein Abbau des Sozialstaates angesagt, sondern notwendige Korrekturen zu seiner Aufrechterhaltung.

Unsere Meinung war und ist – wir haben sie im Wahlkampf in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht –: Ja zum Sparen und nein zum Systemwechsel. Die Sozialdemokratie steht für den Sozialstaat und nicht für einen Wohlfahrtsstaat, so wie Sie ihn heute ausdrücklich erklärt haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Um diese Voraussetzungen zu schaffen, treten wir für eine Sparpolitik ein, die von jedem annähernd gleiche Opfer verlangt, was bedeutet, daß die Beträge, die jeder einzelne beizutragen hat, sehr unterschiedlich sein müssen. Diejenigen, die mehr verdienen, die ein höheres Einkommen haben, sollen entsprechend ihrem Einkommen einen höheren Beitrag leisten, die sozial Schwachen sind weitgehend zu schonen. Diese Frage ist der Wahlentscheidung vom 17. Dezember zugrunde gelegen.

Es war eine Richtungsentscheidung. Eine Entscheidung, mit der die Österreicherinnen und Österreicher aber auch keinen Zweifel offengelassen haben: Sie haben die Sozialdemokratische Partei mit großem zusätzlichen Vertrauen ausgestattet. (Beifall bei der SPÖ.) Sie haben darüber hinaus die Österreichische Volkspartei in ihrer Stärke im wesentlichen bestätigt. (Abg. Dr. Khol: Gestärkt!) Sie haben aber den Führungsanspruch, den die Österreichische Volkspartei im Zuge dieses Wahlkampfes angemeldet hat, der der eigentliche Grund dieser Wahlen war, klar zurückgewiesen. Was die Österreicherinnen und Österreicher wollten und wollen, ist eine Zusammenarbeit unter Führung der Sozialdemokratischen Partei und deren Zielsetzungen. (Abg. Haigermoser: Die ÖVP klatscht nicht!)

Aufgrund der Pointiertheit des Wahlkampfes läßt sich aus dem Wahlergebnis auch eine Interpretation der Wählerentscheidung inhaltlicher Natur gewinnen. Die Wähler haben mit ihrem Wahlverhalten ja gesagt zu einem Sozialstaat, und zwar zu einem österreichischen Sozialstaat, dessen Wesen eben gerade darin besteht, nicht nur in Zeiten der Hochkonjunktur bereitzu


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