Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 22

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Die Studierenden dieses Landes müssen schlicht und einfach zur Kenntnis nehmen, daß wir zwar die Familienbeihilfe an den Studienerfolg binden und daß wir die Heimfreifahrten streichen bei ähnlichen Vergünstigungen der ÖBB, daß wir aber auf der anderen Seite denjenigen, die dies aus sozialen Gründen tatsächlich benötigen, entsprechende Hilfen in der Studienförderung geben.

Eines sollten Sie auch nicht übersehen – und diesbezüglich ist Österreich ein Einzelfall in ganz Europa –: Wir erhalten den Anspruch des freien Zugangs zu den Universitäten nach wie vor aufrecht. Das müssen Sie doch sehen, meine Damen und Herren! Diese Maßnahme – Bindung der Familienbeihilfe an den Studienerfolg – ändert nichts daran, daß Österreich in der Familienförderung auch in Zukunft um 80 Prozent über dem EU-Durchschnitt liegt. Wir bauen den Sozialstaat nicht ab, ganz im Gegenteil, wir sichern ihn auch für die Zukunft. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt auch keinen Sozialabbau. Werkverträge werden in die Sozialversicherungspflicht einbezogen, und zwar deswegen, um auf diese Art und Weise die Flucht aus dem Arbeitsrecht zu unterbinden. Telearbeit und Teilzeitarbeit werden neu, zeitgemäßer geregelt. Es findet Arbeitszeitflexibilisierung unter Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer statt. Die Mißbrauchsbekämpfung der illegalen Arbeit kann endlich stattfinden, weil wir anständige Strafbestimmungen und auch Kontrollen bekommen.

Schritte zur Angleichung von Angestellten- und Arbeiterrechten werden gesetzt werden, und darüber hinaus – und das ist uns Sozialdemokraten am wichtigsten – werden trotz Sparens durch Initiativen der öffentlichen Hand Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen. Dieser Staat unter sozialdemokratischer Führung zieht sich nicht zurück vom Arbeitsmarkt, sondern nimmt seine Aufgabe wahr, Wirtschaftsförderung zur Schaffung von Arbeit zu betreiben. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie fordern mit Recht Reformen ein, meine Damen und Herren, Reformen, die es geben wird. Es wird Verwaltungsreformen und Reformen des gesamten öffentlichen Dienstes geben, eine Verfahrenskonzentration, sodaß es eben nicht mehr passieren kann, daß zuerst eine Behörde kommt, um ein Wasserrechtsverfahren durchzuführen, und drei Tage später die nächste, um ein Fischereirechtsverfahren durchzuführen – und im Glücksfall kommen sie beide zum selben Ergebnis. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wir werden darüber hinaus die Einhebung eines gerechten Entgeltes für die Benützung öffentlicher Wege in die Tat umsetzen, nicht nur – das sei zugegeben – um die entsprechenden Beträge hereinzubekommen, um die Autobahnlücken schließen zu können, sondern vor allem, meine Damen und Herren, um eine Kostengerechtigkeit zwischen Bahn und Straße herzustellen. Es wird einen neuen Konsultationsmechanismus, einen neuen Umgang zwischen Bund, Ländern und Gemeinden in finanziellen Angelegenheiten geben, der dazu führen wird, daß wir uns nicht mehr gegenseitig am Sparen hindern, sondern ganz im Gegenteil dabei unterstützen.

Meine Damen und Herren! Es ist eine solide, eine gute Grundlage für eine Zusammenarbeit, eine Zusammenarbeit, die endlich auch außer Streit stellt, daß bei zwei wichtigen offensichtlichen Gewissensentscheidungen eine freie Entscheidung dieses Hauses möglich sein wird, nämlich in Fragen der Homosexualität und ihrer Strafbarkeit und der leidigen, in der Vergangenheit nicht zur Entscheidung gebrachten Frage, ob die Promillegrenze von 0,8 auf 0,5 Promille herabgesetzt werden kann. (Beifall bei der SPÖ.) Das ist Entscheidung dieses Hauses in aller Freiheit, und das ist koalitionsfreier Raum, aber darüber hinaus werden die beiden Fraktionen dieses Hauses zusammenzuarbeiten haben, und das ist auch gut so! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch in der Frage der Neutralität trägt dieses Arbeitsübereinkommen letztendlich sozialdemokratische Handschrift. Wir entziehen uns nicht einer Initiative, einer verantwortungsvollen Mitarbeit am Ausbau eines europäischen Sicherheitssystems vom Ural bis zum Atlantik – ganz im Gegenteil! –, aber die Österreicherinnen und Österreicher haben Anspruch darauf, zu wissen, welche Entscheidungen Österreich mitträgt, und daher kommt für uns ein Vorratsbeschluß schlicht und einfach nicht in Frage. Es mag sein, daß wir in Zukunft im


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