Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 74

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

präsentieren. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Wovon reden Sie jetzt, Frau Kollegin?) Sie machen es auch deshalb, um – was Sie gestern der Opposition vorgeworfen haben – zur richtigen Zeit ins Fernsehen zu kommen. Ich halte das für eine Mißachtung des Parlamentarismus und der Abgeordneten, die heute hier sind und die sich mit der Regierungserklärung des Bundeskanzlers beschäftigen wollen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger .)

Daß Sie von der ÖVP und SPÖ kein Interesse daran haben, daß hier Oppositionsabgeordnete zu Wort kommen, das ist mir ja noch verständlich. Aber daß Sie als Abgeordnete nicht soviel Selbstwertgefühl haben, hier wirklich auch zu Wort kommen zu wollen, das ist mir eigentlich unverständlich. (Abg. Schwarzenberger: Sie wollen ja auch Antworten auf Ihre Fragen!) – Ja, das ist Ihr Verständnis von Parlamentarismus. Das hat man schon daran gemerkt, was mit dem koalitionsfreien Raum passiert ist.

Aber zur Sache selbst: Der Bundeskanzler hat es gestern hier angesprochen, und da ist natürlich sehr viel dran: Wir befinden uns in einer der schwierigsten Phasen der Zweiten Republik. Nicht nur, daß das herannahende Ende dieses Jahrtausends auch psychologisch einiges unserer Probleme erst jetzt offensichtlich werden läßt, vor allem die Globalisierung des Welthandels hat insgesamt eine Dynamik entwickelt, die wir wahrscheinlich alle unterschätzt haben.

Der Kapitalismus hat in den letzten Jahrzehnten immer wieder gewisse Sprünge gemacht. Mit der Entwicklung der GATT-Verträge, mit der Entwicklung des Binnenmarktes in Europa hat sich aber eine Dynamik ergeben, die bisher viele Regierungen – und die österreichische Regierung ganz besonders – überfordert hat, weil sie eben nicht gewappnet waren gegen all die Konsequenzen, die sich aus diesem freien Wettbewerb, diesem enormen Liberalisierungsschub ergeben haben.

Und daß dieses angebliche Konsolidierungsprogramm der Bundesregierung auf nicht ungeteilte Zustimmung in der österreichischen Bevölkerung stößt, davon konnte und kann sich gerade heute jeder überzeugen. 40 000 Studenten haben demonstriert und demonstrieren zum Teil noch immer hier in Wien. Insgesamt sind in Österreich heute über 50 000 Studenten auf der Straße, die sich gegen dieses Belastungspaket für die Studierenden beziehungsweise die Lehrkörper, die Assistenten und Professoren zur Wehr setzen.

Wir haben es schon gestern in der Debatte immer wieder thematisiert: Gerade in solchen Umbruchszeiten nicht in die Lehre, nicht in die Wissenschaft, nicht in die Studenten an sich und in die Fortbildung zu investieren, das ist ein krasser Fehler und wird für dieses Land in einigen Jahrzehnten noch viele negative Konsequenzen haben.

Die Globalisierung der Wirtschaft ist ja auch in Österreich unmittelbar und permanent spürbar. Die Arbeitslosenrate steigt – und sie wird weiter steigen. Große österreichische Unternehmen, beispielsweise die Austrian Airlines, die österreichische Fluglinie, haben längst lohnkostenintensive Bereiche ausgelagert. Die Buchhaltung der AUA wird in Indien gemacht, online. Überall auf der Welt lagern Großunternehmen ihre lohnkostenintensiven Bereiche speziell in den südostasiatischen Raum aus, wo es einfach viel, viel billigere Arbeitskräfte, wo es Kinderarbeit gibt, und wo auch unter unglaublichen ökologischen Bedingungen gearbeitet wird. Diesen Fragen muß man sich viel offensiver stellen, als das bisher passiert ist.

Die Grünen haben sich sehr intensiv mit diesem Bereich des neuartigen Wirtschaftens beschäftigt und immer wieder darauf hingewiesen, daß man in einem globalen Markt versuchen muß, dem Prinzip der nachhaltigen Wirtschaft gerecht zu werden, daß es uns gelingen muß, zu erreichen, daß es aufgrund dieses globalisierten Welthandels nicht noch weiter zu einem enormen Ökodumping, zu einem enormen Sozialdumping kommt. Wenn es um die Wirtschaft geht, spielen Menschenrechte plötzlich keine Rolle mehr, wir sind nur gierig darauf, mit all diesen Ländern Handel zu treiben, unabhängig davon, daß in diesen Ländern – sei das in China oder in anderen südostasiatischen Ländern – Menschen unterdrückt und gefoltert werden.

Wir haben deshalb einen Antrag formuliert, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, diese Gesetzgebungsperiode unter das Leitbild "Nachhaltiges Wirtschaften" zu stellen:


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite