Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 76

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meinung nach überhaupt nicht. Die Kosten, die durch den Autoverkehr verursacht werden, sind so riesengroß, daß man – ich sage das hier, auch wenn das unpopulär ist – noch ganz andere Kostenfaktoren miteinrechnen müßte.

Notwendig wäre eine echte Kostenwahrheit in diesem Bereich, das heißt, daß derjenige, der viel fährt, auch mehr zahlt. Es müßte also eine kilometerabhängige Berechnung geben. Diesbezüglich gibt es schon Modelle, ausgereifte Systeme – aber Sie führen hier etwas ein, was es zwar in anderen Ländern schon gibt, aber deshalb nicht besser ist, nämlich eine Vignette, die letztlich nur dazu dient, Geld hereinzubekommen. Dieses Geld wird aber nicht für den Umweltschutz eingesetzt, wie Sie behaupten, sondern um das Straßennetz zu schließen, um weiter Autobahnen zu bauen. Und das ist wirklich absurd.

Wie können Sie auf der einen Seite davon reden, daß Sie Umweltschutz betreiben wollen, und andererseits eine Autobahnvignette einführen und das Geld, das damit lukriert wird, nur dazu verwenden, weiter Autobahnen zu bauen? – Wo sind die konkreten Projekte für die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, für die Forcierung und Förderung von Nebenbahnen, für eine moderne ÖBB? – In diesen ÖBB gäbe es sehr, sehr viel zu reformieren. Ich kann mir nicht vorstellen, wie ein sogenannter Zukunftsminister das alles machen soll. Er hat die Kunst, er hat die Wissenschaft, er hat die ÖBB. Vielleicht hören wir jetzt Dichterlesungen in den Eisenbahnwaggons. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Warum nicht, Frau Kollegin?) Ja gut, ich wäre sehr dafür, aber ich meine, es wären doch andere Probleme vielleicht vordringlicher zu lösen. – Auch der riesige Bereich der Telekommunikation gehört zu diesem Ressort.

Und was passiert genau zu der Zeit, in der über angeblich mehr Umweltschutz geredet wird und uns der Herr Bundeskanzler zu mehr Mitarbeit eingeladen hat? – Da klagen Sie beziehungsweise der Bund Bürger, die sich zu Recht gegen ein illegales Projekt gewehrt haben, nämlich gegen den Bau der Ennstrasse. Bauern, Studenten, viele junge und ältere Menschen, die dort wohnen, haben gegen ein Projekt demonstriert, das illegal war. Es hat keine rechtsgültigen Bescheide gegeben, und trotzdem hat man dort gebaut. (Abg. Kröll: Drei Viertel der Bevölkerung sind dafür, Frau Kollegin!) Ja, aber trotzdem wird auch für Sie hoffentlich der Rechtsstaat gelten, und Sie müssen zur Kenntnis nehmen, auch wenn Sie die Zweidrittelmehrheit haben, daß es rechtskräftige Bescheide geben muß, damit Sie etwas bauen dürfen. (Beifall bei den Grünen.)

Dort haben Leute demonstriert, und was passiert jetzt? – Der Staat hat sie geklagt. Ich zitiere aus einem Zeitungsartikel: Ennstrasse: Bauern sollen zwei Millionen Schilling aus ihrer privaten Kasse zahlen. Je 200 290,70 S sollen zehn Ennstaler Bauern zahlen. (Bundesminister Dr. Bartenstein: Ist der Rechtsstaat zwischen Oberösterreich und Steiermark teilbar?) Aber nicht nur sie sollen zahlen, sondern die Finanzprokuratur hat auch drei Studenten, die bei der Demonstration anwesend waren, auf 126 180,56 S verklagt.

Ist das die neue Umweltpolitik, die Sie hier propagieren? Ist das das Angebot zur Zusammenarbeit? – Bei einem Projekt, für das es keine rechtskräftigen Bescheide gegeben hat, wo illegal gebaut wurde – es handelt sich um einen Schwarzbau sozusagen –, haben Bürger, Bauern – auch ein ÖVP-Gemeinderat war dabei, Herr Abgeordneter Khol demonstriert. (Abg. Dr. Lukesch: Lambach meinen Sie nicht?) Auch dieser Gemeinderat ist auf diese Summe verklagt worden. Also das kann nicht die neue Umweltpolitik sein! (Abg. Dr. Khol: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung!)

Nein, Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Rechtsordnung! Ich bin ja für die Einhaltung des Rechtsstaates, Herr Abgeordneter Khol! (Abg. Dr. Khol: Die Selbsthilfe ist in diesem Staat nicht erlaubt!) Herr Abgeordneter Khol! Wir wollen, daß Bescheide eingehalten werden, und für dieses Projekt hat es keinen rechtskräftigen Bescheid gegeben – trotzdem wurde gebaut. (Abg. Dr. Khol: Das ist die Aufgabe der Behörde und nicht der Demonstranten!) Sie können sich doch nicht dagegen verwahren, daß der Rechtsstaat eingehalten wird, gerade Sie als Verfassungsjurist doch nicht! Das wundert mich wirklich sehr. Leute haben dort ihren Lebensraum geschützt, sich gegen ein illegales Projekt zur Wehr gesetzt, und jetzt sollen sie pro Person mehr als 200 000 S zahlen. (Abg. Dr. Khol: Mit der Selbsthilfe hat es angefangen!)


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite