Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 84

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steht, wie es jungen Menschen ermöglicht werden soll, zu einer Wohnung zu kommen, ohne sich und ihre ganze Familie restlos zu verausgaben, dann kann man nur sagen: Es sind dieselben Personen dafür verantwortlich, die schon die Neuwahl verschuldet haben, sie haben aber auch nichts dazu gelernt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn wie ist heute die Situation? – Wenn heute eine Familie Kinder bekommt, dann muß einer der beiden Partner, meistens ist es die Frau, spätestens beim zweiten Kind zu Hause bleiben bei den Kindern – und schon ist das Einkommen halbiert. Wenn sie sich aber eine Wohnung anschaffen mußten – auf dem freien Markt oder in welcher Form immer – und die letzten Reserven bis zur Ersparnis der Großmutter hineingebuttert haben, dann sind sie nicht mehr in der Lage, sich ein Kind anzuschaffen. Denn dann müßte einer der beiden Partner zu Hause bleiben, und sie könnten die Beträge, die sie jeden Monat brauchen, um die Wohnung erhalten zu können, nicht mehr aufbringen. Da vergießt man dann Krokodilstränen darüber – so wie wir es jetzt in den Zeitungen gelesen haben –, daß die Zahl der Geburten in Österreich von einem Jahr zum anderen weiter sinkt, aber nicht ein bißchen, sondern ordentlich sinkt, und zwar in einer für unsere ganze Volkssubstanz, für den sogenannten Generationenvertrag, für alles, was wir von der nächsten Generation erwarten, einfach verheerenden Art und Weise.

Meine Damen und Herren! In dieser Regierungserklärung steht diesbezüglich überhaupt nichts drinnen. Ich höre da Lippenbekenntnisse von einem Redner der Regierungspartei nach dem anderen: Die Familie ist für uns die Säule, auf der wir alles aufbauen, sie soll nicht zu kurz kommen. – Gleichzeitig machen Sie aber der Familie das Leben unmöglich und erschweren ihr auch das Kinderkriegen und das Weitergestalten des Lebens. Das ist scheinheilig, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren – vielleicht höre ich schon das Gras wachsen –, daß – wie wir von einem Jahr zum anderen feststellen müssen – die Zahl der Geburten zwar sinkt und sinkt, es aber Kreise gibt, die diese Entwicklung mit einem gewissen Wohlgefallen betrachten, die sich gar nicht darüber ärgern, daß es in Zukunft einfach weniger Österreicher geben wird, als das derzeit der Fall ist. Wir Freiheitlichen stehen aber auf dem Standpunkt: Wir haben dafür zu sorgen, daß wir die Herren im eigenen Haus bleiben, daß wir die Frauen im eigenen Haus bleiben und daß wir unsere jungen Mitbürger in die Lage versetzen, Familien zu gründen, Kinder zu bekommen, diese auch ordentlich zu ernähren und ihnen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. – Davon lese ich allerdings nichts in der Regierungserklärung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich lese auf 47 Seiten geduldigem Papier kein Wort über die Volksgruppen. Es gibt sechs anerkannte Volksgruppen in Österreich, die zum Teil mit viel zu geringen Beträgen aufgrund des Volksgruppengesetzes gefördert werden. Ich denke etwa an die Roma und Sinti, die nicht bei Null, sondern unter Null anfangen müssen, wenn es um die strukturellen Gestaltungen auf politischer und kultureller Ebene et cetera geht. Wird da etwa in der Regierungserklärung auch nur mit einem Wort darauf Bezug genommen? Wird vielleicht sogar ins Auge gefaßt, ihnen mehr zukommen zu lassen als bisher? – Nein! 47 Seiten Regierungserklärung, und nicht ein einziges dürftiges Wort über die Volksgruppen.

Meine Damen und Herren! Aber das betrifft nicht nur die Volksgruppen im Inland, es geht auch mit keinem Wort um die Altösterreicher deutscher Zunge, die in den Nachbarländern leben. 47 Seiten geduldigen Papiers der Regierungserklärung – und mit keinem Wort wird erwähnt, daß es Südtirol gibt und daß Österreich eine Schutzmachtfunktion für unsere Landsleute jenseits der Brennergrenze auszuüben hat. (Abg. Mag. Steindl – die Regierungserklärung in die Höhe haltend –: Da ist es!) Du hast möglicherweise das Parteienübereinkommen. Wir diskutieren da über die Regierungserklärung und nicht über das Parteienübereinkommen, das könnt ihr im Parteisekretariat machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich es richtig im Gedächtnis habe – und es ist die sechste oder siebente Regierungserklärung, die ich hier ritualisiert erlebe –, so ist das die erste, in der die Schutzmachtfunktion Österreichs gegenüber der Gruppen der Altösterreicher deutscher Zuge jenseits der Grenzen


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