Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 11. Sitzung / Seite 108

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Ich brauche nur die beiden Koalitionsübereinkommen zu vergleichen, und zwar das Übereinkommen des Jahres 1994 mit dem aktuellen. Allein an der Seitenanzahl wird es an und für sich schon deutlich: Vier Seiten waren Frauen und Familie 1994 noch wert, dieses Jahr ist es knapp eine Seite. Ich weiß schon, daß Qualität und Quantität ganz unterschiedliche Bedeutung haben, aber auch die Qualität dieser einen knappen Seite läßt sehr zu wünschen übrig! Mit Servicestellen und Beratungseinrichtungen allein kann man in Österreich keine vernünftige Frauenpolitik betreiben, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie mich anhand dieses Koalitionsübereinkommens einmal durchgehen, was die SPÖ alles an Grundsätzen aufgegeben hat: Die Neugestaltung des verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatzes findet sich nicht mehr. Das Thema "Gleichstellung der Frauen im Rahmen der Grundrechtsreform" ist nicht mehr existent.

Es findet sich auch die partnerschaftliche Teilung der Familienarbeit nicht mehr. – Das war zwar nie unsere Position – ganz im Gegenteil –, aber es war das immerhin geradezu ein Lieblingsthema der SPÖ-Frauen, vor allem der ehemaligen Frauenministerin Dohnal.

Es finden sich leider auch keinerlei Maßnahmen in Richtung Gleichstellungspolitik als fester Bestandteil von Wirtschafts- und Strukturpolitik. Es gibt keine Maßnahmen im Rahmen eines arbeitsmarktpolitischen Frauenprogramms, um den beruflichen Einstieg, vor allem den Wiedereinstieg den Frauen zu erleichtern. (Abg. Verzetnitsch – schriftliche Unterlagen in die Höhe haltend –: Seite 42 und 43 des Koalitionsübereinkommens!) Herr Abgeordneter Verzetnitsch! Ich sage Ihnen jetzt gleich etwas: Sie beschränken sich hier primär unter dem Kapitel "Frauen und Familie" auf Teilzeitarbeit. (Abg. Verzetnitsch : Nein!) Ganz im Gegenteil: Sie machen es noch schlimmer! Nicht nur, daß Sie den Wiedereinstieg nicht fördern, Sie sparen auch noch ganz klammheimlich bei den Wiedereinstiegshilfen, indem Sie nämlich – dazu liegt bereits ein aktueller Vorschlag vor – diese Wiedereinstiegshilfe nur dann gewähren, wenn ein Elternteil volle zwei Jahre Karenzzeit konsumiert.

Dabei wissen Sie, daß Sie eine De-facto-Kürzung der Karenzzeit vorgenommen haben. Sie wissen, daß der Anteil der Männer bei der Inanspruchnahme der Karenz nur bei knapp 0,8 Prozent liegt. Und Sie wissen ganz genau, daß nur durch Tod oder Pflegebedürftigkeit der Vater sozusagen von seinem Anteil an der Karenzzeit befreit werden kann. Das Kind wird nämlich bei Gefängnisaufenthalt des Vaters sogar noch in Sippenhaftung genommen, weil Haftstrafen in diesem Fall nicht angerechnet werden. – Welche Frauen kommen denn dann noch in den Genuß der Wiedereinstiegshilfen? – Vielleicht werden Sie mir das später doch noch erklären.

Es ist Ihnen auch nicht gelungen, bei dieser De-facto-Kürzung der Karenzzeit zumindest einzelne Rahmenbedingungen zu schaffen, die letztendlich gewährleisten würden, daß es zumindest im Ansatz zu einer partnerschaftlichen Teilung dieser Karenzzeit kommt.

In Ihrem letzten Koalitionsübereinkommen hatten Sie noch einen Punkt, der hieß: "Verlängerung der Frist für die Meldepflicht bei der Inanspruchnahme der Karenzzeit". – Das haben Sie herausgenommen, das ist nicht geschehen. Das ist eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu Lasten der Frau – wie nicht anders zu erwarten.

Sie haben auch diesen wichtigen Punkt: "Im Eherecht ist ein Versorgungsausgleich für den Erwerb von Pensionsansprüchen im Falle der Scheidung zu gestalten", entfernt. – Das war eine Absichtserklärung, die sich vermutlich mit der Absicht des ÖVP-Klubobmannes Khol als Schützer der Ehe nicht gedeckt hat.

Sie sprechen nicht mehr von sozialrechtlichen Absicherungen der Frau, außer – ich habe eingangs schon darauf hingewiesen – man zählt zu den Hochleistungssportlerinnen, dann hätte man vielleicht noch relativ gute Chancen.

Sie sprechen auch nicht mehr von der Problematik der geringfügig Beschäftigten, die zum großen Teil Frauen sind. Sie sprechen nicht mehr davon, daß dort der Grundstein dafür gelegt


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