Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 13. Sitzung / Seite 171

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Lassen Sie mich nun noch ein paar Bemerkungen zum Inhalt des heutigen Antrags der Liberalen machen: Es ist legitim, daß man eine Verfassung, die, salopp gesagt, schon einige Jahre auf dem Buckel hat, verändert, anpaßt, semantisch adaptiert. Diese Vorlage scheint mir aber in einem hohen Maße unsystematisch und keineswegs modernisierend zu sein. Lassen Sie mich an ein paar Beispielen einige Vergleiche anstellen.

Obwohl wir nicht in einer ständischen Gesellschaft leben, ist die alte Fassung des Artikels 7, nämlich die Verankerung der Unabhängigkeit der Zugehörigkeit zu einem Stand, im Antrag Schmidt erhalten geblieben. Dafür wurde die Kategorie "Klasse" durch die sehr beliebige Kategorie "soziale Herkunft" ersetzt. Im gesamten Bereich der Geistes-, Sozial- und Rechtswissenschaften ist die Kategorie "Klasse" jedoch noch immer gültig. – Lassen wir doch einen treffsicheren Begriff dort, wohin er gehört!

Hingegen sind der – wie ich auch meine – sehr unscharfe und in vielen Bereichen willkürlich konstruierte Begriff der sexuellen Orientierung – ich verweise auf einen Kommentar der "Presse" von morgen – und jener der Parteizugehörigkeit zu Kategorien hochstilisiert worden. – Ich bin jemand, der jedem eine Parteizugehörigkeit und -betätigung nicht nur nicht abspricht, sondern von Herzen gönnt. Sie soll meinetwegen auch gesichert sein, auf welche Weise auch immer. Aber die Unabhängigkeit von Parteizugehörigkeit als neue Kategorie im den Artikel 7 zu verankern, scheint mir sehr, sehr willkürlich zu sein!

Im Artikel VII Absatz 2 – ich verweise auf den Standpunkt Barmüllers und des Liberalen Forums von damals, Juni 1995 – soll plötzlich verankert werden, daß zur Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern Fördermaßnahmen zu treffen seien. – Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar, weil nicht notwendig.

Lassen Sie mich noch zwei Bemerkungen zur Begründung des Antrags machen: Natürlich steht es mit der Frauengleichbehandlung in Österreich nicht zum besten. Es müssen daher viele einfachgesetzliche Maßnahmen zuerst artikuliert und dann umgesetzt und erfüllt werden. Dazu haben Sie sicherlich auch jede Unterstützung von der Volkspartei. Wir sollten aber unserer Meinung nach – auch in Anbetracht der EU-Gesetzgebung – nicht noch einen Versuch machen, der sich sicher nicht lohnt und der uns eigentlich auch nicht zum Ziel führt.

Die Volkspartei und ihre Frauen haben mehrmals sehr solide begründete Forderungen zur partnerschaftlichen Lebensführung vorgelegt und arbeiten auch weiterhin unverdrossen an der Erfüllung dieser Forderungen. Ein Beispiel: mehr Flexibilität in der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Absicherung des Schutzes von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.

Wenn der Ex-SPD-Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland sagt, wir müssen über die kollektivvertragliche Sicherstellung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern reden, so meine ich, daß das Nachdenken auch da Platz greifen sollte. Ich meine weiters, daß es künftig auch darum gehen wird, Pensionssplitting und Altersversorgung von Frauen anzugehen.

Im übrigen meine ich: In der Form, wie die Verankerung dieser Forderung im Koalitionsübereinkommen getroffen wurde, können wir gut und beständig arbeiten.

Ich schließe und sage: Wenn angesichts des Tierschutzvolksbegehrens nun auch die Forderung auftaucht, daß Tierschutz und andere – ich formuliere es einmal so – relativ beliebig gewählte Kategorien und Forderungen in die Verfassung aufgenommen werden, dann wird mir ein bißchen bange. Ich meine, daß das Prinzipien- und Regelbuch für diesen Staat nicht überfrachtet werden sollte. Es gibt Arbeit genug. Das können wir sehen, wenn wir ins Koalitionsübereinkommen schauen. Gehen wir im Hinblick darauf ans Werk! Das genügt dann schon. (Beifall bei der ÖVP.)

22.50

Präsident Mag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haller. – Bitte, Frau Abgeordnete.


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