Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 95

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Jahren nicht 1,9 Milliarden, sondern 3,5 Milliarden Schilling eingespart werden. Ihr Verhandlungsteam im Finanzministerium hat nämlich ganz klar zu den behinderten Menschen gesagt hat: 1,9 Milliarden Schilling? Ja, das stimmt schon, aber nicht für zwei Jahre, sondern nur für 1997. Das, was wir uns heuer ersparen, nämlich 1,5 Milliarden Schilling, erwähnen wir gar nicht. Wir sprechen nur von den 1,9 Milliarden für 1997.

Sie haben also versucht, uns zweimal zu schröpfen und zweimal über den Tisch zu ziehen, indem Sie die Summe für ein Jahr angelegt haben und nicht für den Zeitraum von zwei Jahren, obwohl immer klar war, daß dieses Sparpaket mit diesen Einsparungsmaßnahmen für einen Zeitraum von zwei Jahren gedacht war – und nicht für ein Jahr.

Sie haben wahrscheinlich vermutet, daß wir nicht so klug sind und noch nicht so gut rechnen können, daß wir eins und eins zusammenzählen können! – Glauben Sie uns: Diese Zeiten sind schon lange vorbei! Wir können schneller eins und eins zusammenrechnen, als Sie das vielleicht für möglich halten! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der Freiheitlichen!)

Aber das war noch nicht das Schlimmste, es kommt noch ärger. – Ich meine, wenn es nicht so traurig wäre, wäre es schon wieder lustig. – Sie versuchen nämlich jetzt auch noch, auf Kosten von behinderten Menschen – mit deren Eigenmitteln, die praktisch sowieso schon auf Null gestellt sind – noch zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, die wir behinderte Menschen zahlen sollen. Sie versuchen das konkret dadurch, daß Sie sagen, wenn sich heute jemand nicht mehr "ins Heim biegen" läßt – das heißt, nicht zwangseinweisen läßt beziehungsweise sich mit allen Mitteln dagegen wehrt, in eine stationäre Einrichtung zu kommen –, dann soll er sich zumindest einen Assistenten anstellen. – Ja wie stellen Sie sich das vor? – Glauben Sie, daß Sie mit 2 000 S Pflegegeld heute jemanden anstellen und sozialversicherungsrechtlich absichern können? – Das ist doch völlig unmöglich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die Frau Ederer kann das wahrscheinlich! – Bundesminister Mag. Klima: Welche Maßnahme ist das? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das ist eine Gemeinheit, die da passiert! Eine große Gemeinheit!)

Ich zeige es Ihnen! Ich kann Ihnen jetzt vorlegen, was die Länder aus Ihrem Vorschlag zur Anstellung von Assistenten bereits gemacht haben. Oberösterreich zum Beispiel: Amateurpfleger sollen Profis werden. – Da steht ganz konkret: Wer sich durch nichtprofessionelle Hilfe betreuen lassen will – wobei nicht behinderte Menschen feststellen, was Professionalität ist und was nicht, das muß man sich auch einmal vorstellen! –, zu denen soll eine sogenannte Pflegepolizei kommen, um festzustellen, ob sie auch wirklich gepflegt sind. (Abg. Dr. Graf: Weltfremd!) Das heißt also konkret: Bei mir marschiert dann alle drei, vier Wochen – ich weiß nicht, in welchem Intervall – irgend jemand bei der Wohnungstür herein und schaut, ob ich gut gepflegt, gehätschelt und gepudert bin. Ich denke, so kann es nicht gehen!

Wie meine Pflege für mich am besten ist, das weiß nur ich, und ich brauche keine Polizei! Ich brauche nicht die Polizei vom Bund und ich brauche nicht die Polizei vom Land. Ich trage Eigenverantwortung, und Sie können mir glauben: Ich werde nicht versauen und verdrecken und verkommen, ich werde mein Pflegegeld auch nicht aufs Sparbuch legen – ich habe nämlich keines –, sondern ich werde schauen, daß ich meine Lebensqualität mit meinem Pflegegeld verbessere! Und nicht nur ich werde das für mich machen, sondern alle behinderten und pflegebedürftigen Menschen haben versucht, mit dem derzeitigen Pflegegeld, das wir hatten, ihre Lebensqualität zu verbessern. Und diese Lebensqualität wird uns jetzt wieder massiv eingeschränkt. (Beifall bei den Grünen und den Freiheitlichen.)

Ich lese Ihnen noch etwas vor – in den Artikel-15a-Verträgen zur Pflegesicherung steht das dezidiert –: "Die Länder sind verpflichtet, flächendeckend ambulante Dienste aufzubauen und sie langfristig abzusichern – mit dem Ziel, daß behinderte Menschen nicht mehr in stationären Einrichtungen leben müssen, sondern ambulant betreut werden können. Großheime sollen reduziert und deren Ausbau gestoppt werden." – Das war der Grundtenor in den Artikel- 15a-Verträgen. Ein Bericht aus den "Oberösterreichischen Nachrichten": Oberösterreich jammert, Linz jammert, es gibt dort 200 Pflegebetten zuwenig, und zwar deswegen, weil man diesem Artikel-15a-Vertrag nicht nachgekommen ist. Weiters steht in diesem Bericht auch: 50 Prozent der Menschen, die heute in stationären Altenheimen leben, müßten gar nicht dort sein, wenn sie


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