Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 105

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Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Langthaler das Wort. Ich höre, daß sie doch kontra gemeldet ist. (Abg. Dr. Haider: Zuerst keinen Ordnungsruf, dann doch einen! Das ist eine interessante Sache!)

Ich unterbreche die Sitzung für einige Minuten und bitte die Klubobmänner, zu mir zu kommen.

(Die Sitzung wird um 16.21 Uhr unterbrochen und um 16.24 Uhr wiederaufgenommen .)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Frau Abgeordnete Langthaler hat das Wort als Kontrarednerin.

16.24

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wissen alle, daß der Klubobmann der Freiheitlichen, der Chef der "F"-Bewegung in seiner Wortwahl nicht gerade zimperlich ist (Abg. Mag. Stadler: Da haben wir uns an Sie angepaßt!) und daß von seiner Seite immer wieder Formulierungen kommen, die man natürlich, gerade wenn es von dieser Seite kommt und gerade was diese Tendenz betrifft, zurückweisen soll. Aber in der Sache und in der Art, wie hier über das Parlament "drübergefahren" wird, wo wir doch angeblich hier die Budgethoheit haben, hat er sicherlich in einigen Dingen recht.

Und es ist falsch, wenn immer von dieser Seite des Hauses (zur SPÖ gewendet) sofort alles, was von der rechten Seite des Hauses kommt, in Grund und Boden verdammt wird und man sich nicht doch überlegt, es einem nicht doch zu denken gibt, ob nicht doch, wenn Kritik in dieser Schärfe Kritik kommt, ein Körnchen Wahrheit dabei ist.

Natürlich ist es absurd – und das war es in den letzten Jahren bisher schon: bei einer im Vergleich aber noch nicht so dramatischen Situation des Budgets –, wie mit dem Parlament umgegangen wird. Es gab auch bisher schon eine Mißachtung des Hohen Hauses, und zwar in der Form, daß seitens der Regierung bei den Budgeterstellungen einfach "drübergefahren" wurde. Und es ist mir bis heute unverständlich, wie wenig ernst sich die einzelnen Abgeordneten hier in diesem Haus gerade bei der Budgeterstellung nehmen, gerade dann, wenn es angeblich um Strukturmaßnahmen geht, und wie wenig ernst sie dieses Haus nehmen. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Zweidrittelmehrheit und diese große Koalition sind demokratiepolitisch schlecht für dieses Land. Es kann sich kein lebendiger Parlamentarismus, kein spannender Parlamentarismus, kein für diese Republik notwendiger Parlamentarismus entwickeln, wenn einfach mit dieser großen Koalition über berechtigte Kritik und Anliegen der Oppositionsparteien hinweggefegt wird. Natürlich ist es nicht möglich, diese an die hundert Strukturanpassungsgesetze ordentlich zu beraten, und natürlich ist es nicht möglich, als Abgeordneter oder als Abgeordnete die Budgethoheit tatsächlich wahrzunehmen, wenn man nicht in sechs Wochen, sondern im Grunde genommen in sechs Tagen diese Gesetzeswerke durch dieses Haus peitscht.

Es gibt eine Einigung in der Präsidiale, aber es ist völlig unnötig, hier einen Fristsetzungsantrag beschließen zu lassen. Möglicherweise gibt es hier innerhalb der großen Koalition ein Mißtrauen, weil Sie das offenbar noch einmal notifizieren müssen. Das ist gänzlich unangebracht, und Sie nehmen damit diesem Haus nur noch ein Stück mehr an notwendiger Souveränität weg. (Beifall bei den Grünen.)

Sie nehmen das ganze Geschehen hier, die gesamten Beratungen offensichtlich überhaupt nicht ernst. Es wird alles zur Makulatur. Wir sind hier nicht mehr als die Notariatsstelle einer Bundesregierung, wo bis zur letzten Ziffer alles ausformuliert wurde und wo das Parlament offensichtlich nur mehr als Mehrheitsbeschaffer und als formaler Beschlußfasser angesehen wird.

Sie tun der Demokratie in diesem Land keinen guten Dienst, und Sie verhindern, daß in Österreich in demokratiepolitischer Hinsicht ein – wie Sie ja immer wollen – europäischer Standard


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