Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 14. Sitzung / Seite 140

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Warum sage ich das? – Weil ich meine, daß sich Abgeordnete, besonders wenn die Angelobung erst so kurz zurückliegt, dessen besinnen müßten, was sie gelobt haben. Wenn die freiheitliche Kollegin Madl hier in einer tatsächlichen Berichtigung meinte, der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich sei gestrauchelt, nichts sei bewiesen, so möchte ich sie an ihr Gelöbnis erinnern, das sie hier in diesem Hohen Haus abgegeben hat, und wir erwarten, daß sich alle daran halten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Hohes Haus! Die beiden Koalitionsparteien haben gemeinsam ein Arbeitsprogramm beschlossen, und sie wollen in den nächsten Jahren gemeinsam für Österreich arbeiten. Es heißt in der Präambel dieses Programms: "Die beiden Koalitionspartner wollen die Reformen einleiten, die notwendig sind, um Österreich über das Ende des Jahrhunderts hinaus eine ähnlich gute Entwicklung zu garantieren, wie sie in den vergangenen 50 Jahren zu verzeichnen war. Dazu ist ein hohes Maß an Verantwortungsbewußtsein, an Offenheit und Gemeinsamkeit notwendig." Da steckt das Wort "Gemeinsamkeit" drinnen, und ich hoffe, daß es den Kolleginnen und Kollegen der beiden Regierungsparteien gelingen wird, diese Gemeinsamkeit in die vorderste Reihe zu stellen.

Hohes Haus! Es ist klar, daß es eine wesentliche Aufgabe dieser Regierung sein wird, den Wirtschaftsstandort Österreich zu sichern, zu festigen und zu verbessern, Arbeitsplätze zu garantieren und neue zu schaffen. Aber eines soll und muß gesagt werden: Arbeitsplätze können nur dann gesichert und gefestigt werden, wenn die Einstellung, wenn das Klima in den Familien und bei den Werktätigen ein positives ist. Ich meine daher: Je mehr Familie vorhanden ist, desto weniger Staat ist erforderlich.

Meine Damen und Herren! Die Familie hat einen sehr hohen politischen Stellenwert, weil sie der Schutz der Freiheit gegen totalitäre Ansprüche ist. Und Kinder sind eben der lebendige Impuls für Zukunftswillen. In einer Gesellschaft, in einer freien Gesellschaft, meine Damen und Herren, ohne Onkel, ohne Tanten, in der Erwachsene weder Nichten noch Neffen haben, stirbt die Fähigkeit zur Kommunikation und zur Mitmenschlichkeit. Und schon heute zeigt sich in Zentralräumen eine gewisse unverschämte Kinderfeindlichkeit.

Hohes Haus! Woran liegt das? – Eines ist klar: Es kann nicht nur am Geld liegen. Wenn Österreich als Mitgliedsland der EU und im OECD-Vergleich an der Spitze liegt, was die Familienförderungen anlangt, so wissen wir doch, daß in den letzten Jahren trotz dieser Leistungen die Geburtenraten laufend zurückgegangen sind. Aber wer meint, meine Damen und Herren, daß der Stellenwert der Ehe nicht mehr großgeschrieben wird, der irrt. Aus einer Umfrage, die das Institut für Demoskopie der Akademie der Wissenschaften bei Jugendlichen gemacht hat, geht hervor, daß von 1 500 befragten Österreicherinnen und Österreichern 72 Prozent die Institution Ehe nicht für überholt, sondern für besonders notwendig halten.

Wie für einen verantwortungsbewußten Familienvater gilt auch für den Staat und für den Bundesfinanzminister, daß er nicht mehr ausgeben darf, als er hat. Fragen wir uns doch: Muß es immer noch ein bißchen mehr sein? Ist das das Ziel der Demokratie, in der wir leben, uns selbst immer weiter hinaufzulizitieren? Es darf einmal darüber diskutiert werden, daß es nicht immer noch ein Mehr geben muß. Denn nicht das Mehr macht glücklich und zufrieden, sondern wesentlich andere Werte. (Beifall bei der ÖVP.)

Hohes Haus! Aus der jüngsten Volkszählung wissen wir – die Aufbereitung durch das Statistische Zentralamt ist nunmehr der Öffentlichkeit vorgestellt worden –, welche Familien in den letzten zehn Jahren am stärksten an Zahl abgenommen haben. – Es sind die kinderreichen Familien, und zwar jene mit vier und mehr Kindern. Die Zahl dieser Familien ist um 41 Prozent geringer geworden. Obwohl die finanziellen Förderungen in Österreich großartig waren, muß ich sagen, hat das nicht dazu beigetragen, daß Familien mehr Kinder haben. Ich habe schon erwähnt, daß Geld allein nicht ausschlaggebend dafür ist, daß Familien gegründet werden und auch glücklich sind.


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