Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 34

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systematik aufgebaut ist. Unsere Verfassungssystematik, Hohes Haus, meine Damen und Herren, kennt auch eine gewisse Suprematsstellung des Nationalrates gegenüber der Bundesregierung. In Wirklichkeit – und das ist wohl unbezweifelt in der Literatur – beherrscht natürlich die Regierung das Parlament.

Heinz Fischer selbst hat im "Handbuch der politischen Systeme Österreichs" lobend erwähnt, daß in den vergangenen Jahren eine Tendenz zu beobachten ist, laut der das Gewicht des Nationalrates gegenüber den anderen Institutionen – hier hat er wohl in erster Linie die Bundesregierung gemeint – an Selbständigkeit gewinnt.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Das, was wir derzeit und in den vergangenen Wochen erlebt haben und erleben, ist das Gegenteil von dem, was Heinz Fischer im Handbuch beschrieben hat. Die Budgethoheit des Nationalrates, in der Verfassung festgeschrieben, wird zu einer Scheinhoheit degradiert. Man degradiert das Parlament zu einer Abstimmungsmaschine, in der dieses Parlament nur mehr nachzuvollziehen hat, was die Bundesregierung und insbesondere einige Funktionäre dieser rot-schwarzen Einheitspartei im stillen Kämmerlein längst ausgemauschelt haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Manfried Welan hat daher richtigerweise festgestellt: Die Bundesgesetzgebung – dazu gehört auch das Budget, das ja in Form eines Bundesfinanzgesetzes beschlossen wird – ist Sache der Bundesregierung. Sie, nicht die Volksvertretung wählt die Fragen aus, die gesetzlich geregelt werden. Sie, nicht das Parlament wird initiativ tätig. Sie, nicht das gesetzgebende Organ setzt die legislativen Probleme inhaltlich fest und formuliert sie im Detail durch die Ministerialbürokratie, also durch jenen Bereich der Verwaltung, der die Gesetze durchzuführen hat. Sie ist der Gesetzgeber. Faktisch wirkt das Parlament an der Gesetzgebung nur mehr mit. – Ende des Zitates.

Meine Damen und Herren! In den vergangenen Wochen haben wir erlebt, daß dieses Parlament nicht einmal mehr mitwirken darf, daß dieses Parlament nichts anderes mehr ist als die Schaubühne zur formalen Einhaltung der Verfassungsbestimmungen, auf der sich die Regierung ihr Budget unabänderlich beschließen läßt, meine Damen und Herren (Beifall bei den Freiheitlichen) – unabänderlich, wie dies bedauerlicherweise auch unser Herr Parlamentspräsident Fischer zur Kenntnis genommen hat.

Der Parlamentarismus ist in Österreich in den vergangenen Wochen mit sage und schreibe 22,4 Kilogramm Regierungspapier erschlagen worden. Hohes Haus! Dagegen setzen sich in diesem Hohen Haus eine Oppositionsfraktion durch Abstinenz und die anderen Fraktionen durch Protest zur Wehr. Ohnmächtiger kann der Protest des Nationalrates nicht mehr ausgedrückt werden, weil sich die Regierungsfraktionen zum verlängerten Arm der Regierungsbank und zu Komplizen der Bundesregierung gemacht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Das, was wir erleben mußten, ist in der Tat eine kalte Ausschaltung des Parlaments, wie es Anneliese Rohrer in der "Presse" zutreffend und richtig beschrieben hat. Anneliese Rohrer schreibt – ich zitiere –:

"Denn die Husch-Pfusch-Art, in der 98 Gesetze inklusive etlicher Verfassungsbestimmungen sowie zwei Budgets behandelt wurden und werden, ist ein demokratiepolitischer Skandal sondergleichen." – Und weiters: "Man soll nicht dramatisieren? Was aber, wenn man diese kalte Ausschaltung des Parlaments durch eine Regierung zu Ende denkt?"

Meine Damen und Herren! Kalte Ausschaltung des Parlaments durch eine Bundesregierung unter tätiger Mithilfe von zwei Regierungsfraktionen und deren Parlamentarier, die sich nur getrauen, hinter vorgehaltener Hand Protest zu üben gegen das, was die österreichische Bundesregierung mit dem Budget 1986 und 1987 und der Lex fugitiva dazu aufführt. (Abg. Auer: 1996 und 1997!) Pardon, 1996 und 1997. Ich habe nur einmal geschaut, ob ihr auch richtig aufpaßt. (Abg. Auer: Leider!) Ich begrüße das, daß Sie meiner Rede, zumindest dem Inhalt nach, folgen. Die Budgetbeschlußfassung für 1996 und 1997 ist ein Skandal sondergleichen. Anneliese Rohrer hat recht, wenn sie sagt, das ist die "kalte Ausschaltung des Parlamentarismus in Österreich"! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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