Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 97

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Aber – und jetzt kommt das Aber –: Die EU-Landwirtschaftspolitik und damit auch die Bundesregierung – es tut mir leid, daß ich auch Sie, Herr Vizekanzler, da nicht ungeschoren davonkommen lassen kann – ist säumig geworden bei der Aufgabe, den Transportproblemen an die Wurzel zu gehen. Es ist einfach etwas faul daran, wenn in der Europäischen Union jedes Stück Lebendvieh im Fall des Exports mit 10 000 S gestützt wird und auch Österreich jährlich Lebendexporte beispielsweise in den Libanon mit 1 500 S subventioniert. Das kann nicht Sinn einer zielgerichteten, dauerhaften europäischen Landwirtschaftspolitik sein, und es kann auch nicht Ziel der österreichischen Agrarpolitik sein, diesen Unsinn mitzumachen. Auch EU-intern sollte man endlich einmal davon wegkommen, die Stützungen von der Anzahl des Lebendviehs abhängig zu machen. Das ist ein weiterer Unsinn.

Das Transportproblem wiederum kann man meines Erachtens nur durch Kostenwahrheit im Straßenverkehr lösen. Was den tierschützerischen Aspekt betrifft, meine Damen und Herren, so darf natürlich der Export von Lebendvieh nicht billiger sein als jener von Kühlfleisch. Das ist der dritte Wahnsinn. Wenn man davon abginge, würde sich das Problem nämlich sehr rasch lösen.

Für Schlachthöfe sollten überall in der EU, aber auch in den sonstigen assoziierten Ländern gleiche Bedingungen gelten, was Ausstattung, Hygienevorschriften, aber auch Preise anlangt.

Meine Damen und Herren! Ich komme zum eigentlichen Thema. Schauen wir uns die Situation in Ungarn, in der Slowakei, in Polen, in Rumänien und so weiter an. Ein Teil dieser Länder will an der nächsten Europaerweiterung teilnehmen, will am EU-Binnenmarkt partizipieren. Ich meine, das große Problem, das hier besteht, ist, daß es in einem Teil dieser Länder – beispielsweise in Ungarn, aber auch in der Slowakei – völlig unzureichende Arzneimittelgesetze, unzureichende Futtermittelverordnungen, unzureichende Durchführungsbestimmungen und generell eine ganze Menge von Vollzugsproblemen gibt, sodaß man nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, was an behandeltem Fleisch, sei es lebend oder geschlachtet, nach Österreich kommt.

Meine Damen und Herren! Wir können uns die Sache in Zukunft nicht so einfach wie bisher machen, indem wir sagen, wir erfüllen unsere Handelsabkommen, aber gleichzeitig, Herr Bundesminister, wegschauen. Ich bin sicher der letzte, der dem Protektionismus das Wort reden würde, aber Vorsicht ist angesagt. Die Menschen in der gesamten Europäischen Union sind verunsichert.

Kollegin Aumayr! Es sind aber nicht die britischen Rinderzüchter im allgemeinen verantwortlich für die BSE-Seuche, sondern einige verantwortungslose Geschäftemacher, die sich ganz locker über Hygienebestimmungen hinweggesetzt haben, und gegebenenfalls auch noch die nationale britische Regierung (Abg. Haigermoser: Konservativ!), weil sie primitive Hygieneregeln mißachtet und im Jahr 1988 nicht rechtzeitig eingegriffen hat. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Andererseits – und ich bitte auch Sie von den Freiheitlichen, das zu berücksichtigen – können diese Probleme, die jetzt bestehen – Depression auf den Rindfleischmärkten, Depression in der Landwirtschaft, Preisverfall –, letzten Endes nur im Verbund, nur im Rahmen der Europäischen Union und nicht außerhalb gelöst werden, weil nur die Europäische Union – mit zeitlicher Verzögerung, das gebe ich zu, und das ist das große Drama – einschreiten kann, Importverbote verhängen kann und diese hoffentlich nicht so schnell lockert.

Meine Damen und Herren! Wir müssen uns aber dessen ungeachtet der Problematik zuwenden, wie wir mit bilateralen Handelsabkommen umgehen. Ich meine, wir müssen sie grundsätzlich erfüllen. Wenn sich aber herausstellt, daß es in Polen, in Ungarn, in der Slowakei in zunehmendem Maße Mißstände bei der Futtermittelverabreichung gibt, dann würde auch ich dafür plädieren, daß man diesen Ländern mit aller Deutlichkeit sagt und beibringt: Ihr könnt diese Mengen, die ihr wollt, nur dann in die Europäische Union hereinbringen und zu artgerechten Preisen vermarkten, wenn die Auflagen, die Standards, die grosso modo in der Europäischen Union herrschen oder besser noch in Österreich, weil diese theoretisch höher sind, auch gewährleistet sind, und zwar im Vorfeld zum gewünschten Beitritt. Anders werden wir Probleme bekommen, anders werden wir vielleicht den Rinderwahn nach außen in den Griff be


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