Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 150

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Budgetkonsolidierung, es gibt das Ziel der Beschäftigungssicherung, es gibt das Ziel der Standortsicherung, es gibt das Ziel ... (Abg. Blünegger zieht im Plenarsaal seinen Arbeitsanzug aus.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Abgeordneter, entschuldigen Sie. Vielleicht könnte man den Umkleideakt außerhalb des Plenarsaales vornehmen. Bitte. (Abg. Dr. Khol: Das war ein Kostüm!)

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (fortsetzend) : Das ist ein Kostüm, ja. – Jetzt zeigt er sich wieder in seinem wahren Gewande. (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Schieder: Auf Benehmen hat er keinen Eid abgelegt! Auf gutes Benehmen hat er keinen Eid abgelegt! – Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.) – Vielleicht kann jemand dem Kollegen beim Krawattenbinden helfen, damit der neue Aufzug wieder komplett ist.

Zurück zur Frage des Budgets: Es gibt unterschiedliche Zielsetzungen, die gleichzeitig zu erfüllen sind. In einer Marktwirtschaft stellt sich doch immer wieder die Frage: Welchem Ziel ordne ich zu einem gewissen Zeitpunkt Priorität zu? – Denn eines ist klar: Überall dort, wo eindimensionale Politikziele in bezug auf das Budget vorhanden waren, sind all diese Sanierungen gescheitert. Es hat Staaten gegeben, in denen man gesagt hat: Uns interessiert nur die Konsolidierung, egal, was sonst herauskommt! – Das Ergebnis im Verhältnis arm – reich, das Ergebnis in der Beschäftigung kann sich jeder anschauen.

Es gibt auch Staaten wie heute die USA, die hergehen und sagen: Unser oberstes Ziel muß es sein, ausgeglichen zu budgetieren! – Wir in Österreich sagen, es gibt einen Korrekturbedarf bei der Verschuldung, und gleichzeitig mit diesem Korrekturbedarf bei der Verschuldung haben wir zwei Ziele: erstens Beschäftigung möglichst zu erhalten und zweitens für soziale Gerechtigkeit zu sorgen.

Jetzt gebe ich zu: Wenn man das Budget von einem eindimensionalen Politik- oder Interessenstandpunkt beleuchtet, findet man unterschiedlichste Kritikpunkte. Ist aber das Maß der Beurteilung, in welchem Ausmaß die unterschiedlichen, alle sehr wesentlichen Zielsetzungen erfüllt wurden, dann wird das Ergebnis dieser Beurteilung anders aussehen, denn niemand konnte in der heutigen Debatte herausgehen und sagen: So, wie wir das in Österreich machen, ist es absolut daneben! Schaut nach XYZ, dort hüpfen sie uns vor, wie man erfolgreich ein Budget saniert und gleichzeitig hohe Beschäftigungstandards, hohe soziale Gerechtigkeit hält. – Es hat deswegen niemand machen können, weil es nämlich kein Land gibt, das uns typisch in einem Modell vorzeigen könnte, wie es gehen kann. In Wirklichkeit suchen alle westeuropäischen Industriestaaten nach einem vernünftigen Weg, wie sie aus dieser Situation herauskommen können.

Kollege Bauer hat die Situation als unglücklich beschrieben und hat gesagt, wir hätten uns einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht. Nun, "schlechter Zeitpunkt" ist gut, man kann sich Konjunkturflauten nicht aussuchen, so wie man sie sich 1993 nicht aussuchen konnte, sondern man muß gerade unter schwieriger gewordenen Bedingungen damit umgehen. Würden wir jetzt hergehen und sagen: Es herrscht eine Konjunkturflaute, daher schieben wir die Budgetkonsolidierung auf!, was würden wir dann im nächsten Jahr erleben, wenn sozusagen ein Budget unkonsolidiert 200 Milliarden Defizit bringen würde? – Dieselben, die heute heruntergehen und sagen, 1996 war der falsche Zeitpunkt zur Konsolidierung, würden in den Jahren 1997 und 1998 sagen: Ein Wahnsinn, wieso habt ihr so lange zusehen können, daß das derart explodiert ist?!

Daher, lieber Kollege Bauer, ist es schon ein Unterschied, ob man nicht doch fair herangeht und fragt, welche Möglichkeiten man bei all den beschränkten Bedingungen hat, die ein Nationalstaat heute vorfindet, um eine Situation zu bewältigen. Da kann es durchaus andere Vorschläge geben. Ich bin bereit, diese zu diskutieren. Aber herzugehen und es sich so einfach zu machen und zu sagen, der Zeitpunkt sei ungünstig, und in Wirklichkeit zu suggerieren, es bliebe auch die Ausflucht zu einem anderen Zeitpunkt, das ist nicht seriös! (Abg. Dkfm. Holger Bauer: ’87 bis ’92 – Hochkonjunktur!) – 1987 bis 1992 Hochkonjunktur. Es ist ja nicht die erste Budgetkonsolidierung, die wir durchführen, und inzwischen hat es 1993 die Rezessionsphase gegeben, bei


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