Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 287

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erinnern!) Herr Kollege Khol, ersparen Sie sich vielleicht einmal kurz Ihre Zwischenrufe (Abg. Dr. Khol: Das hätten Sie gern!) , denn so quasi ex cathedra als karenzierter Universitätslehrer so von oben herab herunterzudozieren, ich glaube, das ist nicht die Art, die Sie sich hier zu eigen machen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Da Sie sagen, daß ich bei den Bezirksgerichten tätig bin, dann darf ich Ihnen auch anvertrauen, Herr Kollege Khol, daß ich mit Erfolg mit sieben Verfassungsgerichtshofbeschwerden ein Gesetz zu Fall gebracht habe, das Sie hier beschlossen haben. Das nur so nebenbei, Herr Kollege Khol. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Die kleinen Bezirksgerichte haben durchaus auch die Funktion, Kapazitäten von den Zentralgerichten in den Städten abzuziehen. Das ist überhaupt keine Frage. Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn Sie etwa einen Scheidungsantrag beim Bezirksgericht Linz überreichen wollen und als Anwalt um einen raschen Termin bemüht sind, so können Sie damit rechnen, daß Sie vielleicht in zwei, drei Monaten diesen Termin haben. In der Praxis ist man daher dazu übergegangen, daß doch immer wieder Gerichtsstandsvereinbarungen getroffen werden, die die Heranziehung sogenannter kleiner Bezirksgerichte vorsehen, wo dann die Verfahren schnell abgewickelt werden. Das bezieht sich selbstverständlich auch auf andere Materien, wo entsprechende Gerichtsvereinbarungen abgeschlossen werden können.

In der Tat ist dies – Herr Kollege Khol, jetzt haben Sie hier in Ihren Reihen vielleicht doch Erklärungsbedarf – eine völlig gespaltene Situation, denn auf der einen Seite gibt es den Antrag im Budgetausschuß, der die Schließung der Bezirksgerichte vorsieht, und auf der anderen Seite sprechen sich Ihre Landeshauptleute, etwa früher Ratzenböck, jetzt Pühringer in Oberösterreich, massiv dagegen aus. Das ist die gespaltene Zunge, Herr Abgeordneter Khol, mit der die ÖVP hier öfter zu sprechen pflegt. (Beifall bei den Freiheitlichen. )

Herr Kollege Khol! Jetzt können Sie sich einmal, statt süffisante Zwischenmeldungen zu machen, zu Wort melden und diesen Widerspruch aufklären. Im Land verkünden Sie den Föderalismus, und hier sprechen Sie dem Zentralismus das Wort. Da besteht echter Aufklärungsbedarf. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie sind ja, glaube ich, Verfassungsrechtler. Erklären Sie bitte, Herr Abgeordneter Khol, wie dieses Gesetz oder die Änderung dieses Gesetzes mit dem Prinzip des Föderalismus vereinbar ist, wie dieses Gesetz mit dem bundesstaatlichen Prinzip vereinbar ist, wie dieses Gesetz mit dem Geist des ohnedies nicht vollzogenen Perchtoldsdorfer Paktes vereinbar ist, wenn man hier einfach den Ländern Kompetenzen entzieht, um zentralistisch drüberzufahren. Da, Herr Kollege Khol, haben Sie Erklärungsbedarf.

Abschließend möchte ich noch kurz auf den koalitionsfreien Raum zu sprechen kommen, den Frau Kollegin Fekter, Obfrau des Justizausschusses, angesprochen hat. Sie wünscht sich einen größeren koalitionsfreien Raum. Die Botschaft hör ich wohl, aber die Zeit ist dafür offensichtlich zu spät, denn das gehört in den Regierungspakt hinein. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese allgemeine Klausel, die Sie drinstehen haben, daß Sie im Einvernehmen durchaus eine Erweiterung des koalitionsfreien Raums schaffen können, ist ja nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben steht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Tatsächlich – und das wissen Sie, Herr Kollege Khol – war das eine Pleite ersten Ranges Ihrer eigenen Person, denn Sie sind ja nach den Wahlen hier herausgegangen und haben gesagt: Eine "Koalition neu" muß her, ein koalitionsfreier Raum. Herr Kollege Khol, was ist denn daraus geworden? – Ein koalitionsfreies Besenkammerl! Das muten Sie den Abgeordneten dieses Hauses zu und auch Ihren eigenen Abgeordneten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sollten sich einmal zu Wort melden und sagen, wie Sie diesen Widerspruch in der Frage des koalitionsfreien Raumes, aber auch in der Frage der Bezirksgerichte auflösen wollen, da es etwa einen Brief des Landesamtsdirektors Pesendorfer, der rechten Hand des Landeshauptmannes Pühringer aus Oberösterreich, gibt, der sich vehement aus den von mir in ähnlicher Form angezogenen Grundsätzen gegen die Beschneidung des Föderalismus in den Ländern ausspricht. Aber dazu schweigen Sie betreten und blättern in Ihren Büchern. Stellen Sie sich heraus und erklären Sie dem Hohen Haus, wieso Sie einen Gesetzesantrag des


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