Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 286

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gegenüber dem schuldigen Ehepartner hat, und der Unterhaltsanspruch bei Billigkeit, bei gleichem Verschulden verankert. Diese Bestimmung kommt aber in der Praxis nie zum Tragen, weil er immer nur subsidiär nach der Heranziehung anderer Unterhaltspflichtiger zum Tragen kommt. In diesem konkreten Fall etwa war der Vater der Frau durchaus nicht unvermögend, und dieser wäre primär herangezogen worden, sodaß die Dame mit 48 Jahren und nachdem sie immerhin drei Kinder aufgezogen hat, wirklich vor dem Nichts gestanden und auf die Hilfe ihres Vaters angewiesen gewesen wäre.

Das heißt aber, Frau Kollegin Schmidt, man sollte das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und nicht den deutschen Weg gehen, der darin besteht, daß in der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich nur ein einziger Scheidungsgrund vorhanden ist, nämlich der Scheidungsgrund "Scheitern der Ehe". Denn gerade dieser einzige Scheidungsgrund "Scheitern der Ehe" führt in der Praxis immer wieder zu wirklich unbilligen Ergebnissen.

Da gibt es etwa den Fall, daß ein Montagearbeiter am Freitag nach einer arbeitsreichen Woche oder vielleicht am Donnerstag verfrüht in die eheliche Wohnung zurückkehrt und seine nicht in einem spezifischen Beruf arbeitende Frau in den Armen eines Geliebten findet, ausziehen und dann auch noch Unterhalt zahlen muß. Das ist jetzt nicht geschlechtsspezifisch zu sehen. Man kann den Fall natürlich umgekehrt genauso erleben, wenn eine im Zivilberuf stehende Frau einen Hausmann zu versorgen hat. In derartigen Fällen kommt es immer wieder zu ganz unbilligen Entscheidungen, wo dann letztlich der, der wirklich völlig schuldlos am Scheitern einer Ehe ist, wenn man das überhaupt sagen kann, unverhältnismäßig und ungerecht zu Unterhaltsleistungen herangezogen wird.

Meine Vorstellung ist, daß man ein kombiniertes Verschuldens-Zerrüttungsprinzip einführt und doch grundsätzlich beim Verschuldensprinzip bleibt, aber einen Basisunterhalt schafft, das ist überhaupt keine Frage, denn sonst wird es immer wieder zu derartigen Tragödien, wie ich sie geschildert habe, kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich noch kurz zur beabsichtigten Reform im Zusammenhang mit der Schließung der kleinen Bezirksgerichte Stellung nehmen. Der legistische Vorgang, der hier eingehalten wurde, ist tatsächlich bemerkenswert. So findet sich in der Regierungsvorlage ein Gesetzesvorschlag der Bundesregierung auf Änderung des Übergangsgesetzes. Das Übergangsgesetz sieht vor, daß die Landesregierungen ein Veto einlegen können, wenn die Bundesregierung die Schließung eines Bezirksgerichtes anordnet. Nach dem Gesetzesvorschlag in der ursprünglichen Regierungsvorlage ist eine derartige Zustimmungspflicht nicht mehr vorhanden, und die Bundesregierung kann auch trotz Anhörung der Landesregierungen gegen den Willen der Länder Bezirksgerichte schließen. Das ist die Regierungsvorlage Beilage 72.

Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es dann noch einen Gesetzesantrag des Budgetausschusses von meinen oberösterreichischen Abgeordnetenkollegen von den Regierungsparteien, Gartlehner und Mühlbachler. Faktum ist, daß es interessanterweise jetzt nicht zur Beschlußfassung kommt, weil dieser Gesetzesantrag des Ausschusses offensichtlich nicht mehr Gegenstand der Tagesordnung ist und darüber nicht mehr abgestimmt werden soll.

Ich frage mich jetzt: Wieso gibt es überhaupt diese Parallelität zwischen der Regierungsvorlage und einem völlig wortgleichen Antrag des Budgetausschusses? Ich kann es mir nur so erklären: Sie wollten das jetzt im Zuge des allgemeinen Husch-Pfusch-Verfahrens auch drüberbringen, aber dem Bundesrat nicht die Möglichkeit entziehen, dieses föderalismuswidrige Gesetz, das der Budgetausschuß vorgeschlagen hat, zu beeinspruchen, denn sonst wäre ja der Bundesrat gezwungen gewesen, wenn es nur eine Regierungsvorlage gibt, die gesamte Regierungsvorlage abzulehnen.

Damit sind wir jetzt beim eigentlichen Kernproblem. Ich persönlich bin ein Anhänger der kleinen Bezirksgerichte (Abg. Dr. Khol: Das merkt man!) – ich meine selbstverständlich alle Bezirksgerichte –, weil dort Richter tätig sind, die in der Lage sind, in Kenntnis der Situation in einem bestimmten Ort Frieden zu stiften. (Abg. Dr. Khol: Sie werden sich an den Richter Freudenreich


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