Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 290

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Der zweite Punkt, der die tatsächliche Wahrnehmung der Kinderbetreuung ausdrückt, ist die Möglichkeit, vom Karenzurlaub Gebrauch zu machen. Nicht einmal 1 Prozent der Väter gehen in den Karenzurlaub und machen von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch.

Was gesetzliche Änderungen im Bereich der Obsorge betrifft, möchte ich es abschließend mit einem Zitat von Benard und Schlaffer halten, die die Frage nach den "neuen Vätern" stellen und dann schreiben:

"Im Suppentopf des männlichen Egoismus gab es welche, doch, aber nicht in hinreichender Menge, um den Geschmack zu verbessern. – Und bestimmt nicht in hinreichender Menge, um ein Schlagwort, geschweige denn eine neue Rechtsprechung zu rechtfertigen." (Beifall bei der SPÖ.)

14.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.00

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Strukturanpassungsgesetz zurückkommend möchte ich zu den gesetzlichen Bestimmungen, die das Thema der heutigen Debatte sind, einige Punkte, die noch nicht näher ausgeführt wurden, eingehender besprechen.

Herr Minister! Es war schon von der Zusammenlegung der Bezirksgerichte die Rede. Dabei wurde auch das föderalistische Element angesprochen. Ich vertrete ebenfalls die Auffassung, daß man auf die Zusammenlegung der Bezirksgerichte in den ländlichen Gegenden aus mehreren Gründen, auch aus dem vielleicht nicht rational nachvollziehbarem Grund, den wir in anderen Bereichen unter dem Namen "Greißlersterben" schon kennengelernt haben, verzichten sollte. Man fördert auch mit diesem Instrument tatsächlich die Landflucht. Man kann sich natürlich diesbezüglich rein auf die Kostenschiene begeben, aber ich glaube doch, daß es auch eine gesellschaftspolitische Entscheidung ist und sein sollte, wo man welche Infrastruktur ansiedelt oder auch beläßt. Ein Bezirksgericht ist letztlich auch Teil einer Infrastruktur. Dieses Faktum ist daher neben dem Argument, der Rechtsschutz suchenden Bevölkerung den Zugang zum Recht zu erleichtern, zu berücksichtigen.

Aber mich als Städter und als Wiener beschäftigt natürlich die Bezirksgerichtsproblematik auch noch auf einer anderen Ebene. Wir gehen ja in Wien gerade den umgekehrten Weg, nämlich den der Dezentralisierung, mit der ich persönlich auch als einer, der in einem Berufstand der rechtsfreundlichen Vertretung arbeitet, sehr konfrontiert bin. In Wien wird dezentralisiert. Das ist an sich ein gutes Moment, wenn es sich von der Bevölkerungsdichte her auszahlt, aber es passieren meines Erachtens grobe Fehler, die man rasch korrigieren sollte.

Ich habe bereits im Vorjahr bei der Regierungsantrittsrede von Ihnen dazu Stellung genommen und darauf hingewiesen, daß da unhaltbare Zustände herrschen. So gibt es Gerichte, wie etwa in Döbling, Fünfhaus, Favoriten, die überhaupt keine Behindertengerechtigkeit aufweisen, Gerichte, die bis zur Einlaufstelle nur über 15 Stufen erreichbar sind. Ein unhaltbarer Zustand in heutigen Zeiten!

Dazu kommt noch, daß an diesen Gerichten permanent Baumaßnahmen verrichtet werden. Die Bezirksgerichte, speziell die genannten, kenne ich aus meiner beruflichen Tätigkeit schon sehr, sehr viele Jahre lediglich als Baustelle. Es werden dort permanent Baumaßnahmen vollzogen, ohne daß man dabei auch der Behindertengerechtigkeit Rechnung trägt, um auch dieser Bürgerschicht, die zugegebenermaßen oder unbestrittenermaßen ohnehin benachteiligt ist, im Wettbewerb mit anderen einen Ausgleich zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Ich glaube, das ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe, der sich auch der Justizminister stellen muß. Es kann in Zukunft nicht so sein, daß wirklich schon die Einlaufstelle nur über mehrere Stufen erreichbar ist.


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