suchungen zur ersten Hauptverhandlung. Das Verfahren selbst wird ein Prüfstein für die Funktionstüchtigkeit des Rechtsstaates im Bereich der sogenannten Wirtschaftskriminalität sein. Nach vielen Anstrengungen, aber auch Pannen ist die Anklageschrift, ausgenommen gegenüber dem ehemaligen Staatsanwalt Dr. Graff, der sich der Justiz entziehen konnte, rechtskräftig geworden.
Es gibt nun eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem Strafverfahren, aber auch mit den zahlreichen Konkurs- und Liquidationsverfahren sowie auch mit den zivilrechtlichen Verfahren, die zum Teil als Musterverfahren geführt wurden. Wir fragen uns beispielsweise, warum in den strafrechtlichen Verfahren eine Einschränkung auf den Aspekt der Untreue erfolgte. Betrug und fahrlässige Krida wurden zu unserem Erstaunen dem nicht zugrunde gelegt. Dadurch werden die Chancen der Anleger nach unserer Einschätzung wesentlich verschlechtert, zumindest theoretisch Schadenersatzansprüche zugesprochen zu bekommen.
Diese stiefmütterliche Behandlung der Anleger beschränkt sich nicht auf die Anklageschrift. Bereits jetzt ist vom Gericht zu hören, in Strafverfahren würden grundsätzlich nicht die Ansprüche der Privatbeteiligten abgesprochen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist eine Position, die rechtspolitisch höchst fragwürdig ist und die wir weiterhin hinterfragen werden.
Im Bereich der Konkurs- und Liquidationsverfahren ist eines festzuhalten: Diese Konkurse neigen sich dem Ende zu. Die meisten Rechtsfragen sind geklärt. Bestreitungsfristen wurden bis Jahresende verlängert. Jetzt geht es natürlich um die Frage: Was schaut für die Anleger heraus? Denn um eines ganz klar zu sagen: Einige Anleger werden alle ihre Einlagen verlieren.
Zum Stand der Zivilverfahren wäre eines anzuführen: Wir wären nicht so weit gekommen, hätte nicht die Arbeiterkammer Salzburg in zahlreichen Fällen das Prozeßkostenrisiko übernommen. Wir haben vieles an neuer und richtungweisender Judikatur erhalten. Beispielsweise betreffend den Dissens in der Kreditfinanzierung. Allmählich wird eine einheitliche Rechtsprechung in Österreich diesbezüglich erkennbar.
Einige Fragen sind natürlich noch offen. So insbesondere die Frage der Prospekthaftung, aber auch die Frage der Haftung der ehemaligen Aufsichtsräte der Treuhänderin Conzentra. Hier ist noch keine Entscheidung getroffen worden. Die Arbeiterkammer Salzburg führt einen Musterprozeß, und es ist eines festzuhalten: Wenn hier die Haftung bejaht wird, wird das Aufsichtsratsdasein künftig nicht mehr so einfach sein, sondern eine verantwortungsvolle Position mit vielen Pflichten darstellen, deren Nichteinhaltung Schadenersatzansprüche auslösen kann.
Nun – die Moral von dieser Geschichte: Vermögensveranlagung ist nicht nur eine Frage des Vertrauens. Der graue Kapitalmarkt ist voller Tücken und auch krimineller Elemente. Es gibt aber auch Schlußfolgerungen, die den Justizbetrieb betreffen. Für Anleger, also die geschädigten Personen, ist es kaum erträglich, sieben Jahre auf eine Hauptverhandlung warten zu müssen, zumal in diesem Verfahren nach unserer Ansicht auch über die Privatbeteiligtenansprüche – und das sind Hunderte von Personen – entschieden werden sollte.
Das Arbeitsprogramm des Justizressorts sieht die Fortführung der Arbeiten zur Erneuerung des Justizbetriebes vor und dabei insbesondere auch den Einsatz von Informationstechnik. Ich erwarte mir, daß es dadurch zu einer erheblichen Beschleunigung der einzelnen Verfahren kommt, insbesondere im strafrechtlichen Bereich.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Reformansätze im Bereich der Justiz können aber jetzt nicht nur mehr auf Österreich beschränkt werden. Österreich ist seit 1. 1. 1995 ein Vollmitglied – also mit allen Rechten und Pflichten – der Europäischen Union. Es ist daher eine Zusammenarbeit mit den anderen EU-Staaten in Justizfragen gefordert, aber es sind auch selbständige Initiativen Österreichs in Richtung Rechtsvereinheitlichung und Rechtsharmonisierung gefragt.
Durch den Wegfall der Grenzbarrieren kann jeder EU-Staatsbürger in jedem Mitgliedstaat fast unbeschränkt Güter und Dienstleistungen erwerben. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Binnenmarkt ist noch kein Binnenmarkt der Verbraucher. Wenn jemand in einem