Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 16. Sitzung / Seite 299

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Zielrichtung Vertrauen in die Justiz, Zeiträume von Ermittlungen, Gerechtigkeit und Möglichkeiten für Betroffene, tatsächlich zu ihrem Recht zu kommen. Kollege Maier hat völlig zu Recht die WEB-Affäre thematisiert, die, so glaube ich, als ziemliches Musterbeispiel für diesen nicht so einfach zu beantwortenden Fragenkomplex steht. Herr Minister! Auch mir ist klar, daß es dabei beschränkte Möglichkeiten seitens der Justizbehörden gibt.

Man könnte einen zweiten Verfahrensbereich neben der WEB-Thematik anhängen, nämlich die in diesem Haus auch bereits sattsam bekannte Straßenbauthematik. Auch da erleben wir ungefähr mittlerweile die gleiche Dauer, auch da gibt es ein Monsterverfahren mit großen Schwierigkeiten für die ermittelnden Justizbehörden, diese Extremaufgaben, was Quantität und Qualität der erforderlichen Ermittlungen und Verfahren betrifft, tatsächlich in den Griff zu kriegen. Das ist eine Situation, die möglicherweise zu folgendem führen wird – das ist jetzt nur eine Prognose, ich will niemandem vorgreifen –: Wenn man davon ausgeht, daß jener Prozeß, der in Innsbruck im Herbst des vergangenen Jahres abgehalten wurde und nun vor die Höchstgerichte geht, nur der erste Schritt in dieser Thematik war – weitere Anklageschriften wurden etwa nach Graz delegiert, wo weitere Erhebungsnotwendigkeiten gegeben sind –, dann muß man damit rechnen, daß nicht etwa sechs oder sieben Jahre ins Land gehen werden, bis diese Thematik hoffentlich endgültig und penibel aufgeklärt ist, sondern daß wir wahrscheinlich bis zur Jahrtausendwende brauchen werden, bis tatsächlich eine Gesamtbilanz, ein Gesamtschlußstrich unter diese Thematik gesetzt werden kann. Es ist natürlich einerseits für manche Betroffene sehr schwer, für diese Zeitdauer damit zu leben. Das macht es aber auch, was die Vorbildwirkung eines möglichen Rechtsspruches zum Abstellen von möglichen Übergriffen betrifft, sehr schwierig, dieser Vorbildwirkung gerecht zu werden. Das zu dem einen Bereich, wobei ich nur unterstützen kann, wie ihn Kollege Maier thematisiert hat.

Die zweite Wortmeldung, die mich dazu bewogen hat, hier das Wort zu ergreifen, war die Wortmeldung der Frau Kollegin Fekter. (Abg. Dr. Schmidt: Das kann ich verstehen!) Ich habe selten zuvor in einem 15minütigen Konzentrat so klar und deutlich summiert bekommen, wie sehr und mit welchem gigantischen Tempo sich diese Österreichische Volkspartei gewandelt hat. Schauen Sie sich die Wortmeldung der Frau Kollegin Fekter und die anschließenden Wortmeldungen der Freiheitlichen Mandatare an: Es hat hier einen Schulterschluß in der Thematisierung einzelner Bereiche gegeben. Es hat einen Schulterschluß in der Argumentationslinie über weite Bereiche gegeben. Es hat einen Schulterschluß in der gesellschaftspolitischen Bewertung bestimmter Themen und im populären und populistischen Ausschlachten bestimmter Inhalte gegeben. Und zum Schluß hat es den logischen Wunsch beider Seiten gegeben – was heißt "beider Seiten"?, eigentlich ist es eine Seite! –: Man möge doch im Justizbereich den koalitionsfreien Raum ausbauen. Daß sich das diese Parteien wünschen, daß sich das die Sprecherin Fekter und der Sprecher Krüger wünschen, das glaube ich gerne, weil es da bereits einen Gleichklang gibt, der mich in dieser Entschiedenheit eigentlich überrascht hat und auch traurig gemacht hat. (Abg. Dr. Fekter: Wünschen Sie sich das nicht? Wollen Sie keinen koalitionsfreien Raum?)

Frau Kollegin Fekter! Jetzt erzähle ich Ihnen ein Detail, aber ich werde keine Namen nennen. Ich bin letzten Freitag in Oberösterreich mit Vertretern der oberösterreichischen Kirche beisammengesessen und habe Justizfragen ... (Abg. Dr. Krüger: Wo war der Gleichklang?) Kollege Krüger! Ich will auf Ihre Argumente wirklich nicht eingehen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war eine Frage, das war kein Argument! Ich glaube, Sie können es nicht beantworten!)

Ich habe also mit Kirchenvertretern über Justizfragen diskutiert. Wissen Sie, da wurde mir etwas gesagt – und ich verstehe das sehr gut –, und zwar: daß diese juridische Linie etwa im Bereich Minderheitenschutz, wie sie Frau Kollegin Fekter hier thematisiert hat und wie sie der Klubobmann immer wieder öffentlich thematisiert – der Klubobmann der ÖVP natürlich –, etwa im Bereich Schutzalter, daß dies mit einer christlich-sozialen Linie absolut nichts mehr zu tun hat und daß sich die Kirche mit dieser Politik absolut nicht mehr identifizieren kann. (Abg. Wurmitzer: Sie werden uns beibringen, was christlich-sozial ist!) Und das verstehe ich! Ich bin mir sicher, daß auch viele Nochwähler der ÖVP auf diese Kehrtwende in Richtung Populismus, in Richtung rechtsum sehr rasch und sehr früh draufkommen werden, Frau Kollegin Fekter! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)


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