Aber ich darf daran erinnern, daß es sich bei Minister Einem um einen Innenminister handelt, der – um es vorsichtig auszudrücken – in der innenpolitischen Szene in Österreich keineswegs außer Streit steht, und daß es sich beim Bundeskanzler – was eben so ist und wahrscheinlich immer so sein wird – immerhin um den Parteiobmann meist der stärksten Partei handelt. Das heißt: Eine Ansiedlung bei einem nicht außer Streit stehenden Innenminister oder beim Obmann der ohnehin stärksten und damit mächtigsten Partei! Und das alles in Kombination mit zwei Instrumenten, die ich an und für sich zumindest bis jetzt befürworte, für deren Einführung ich zumindest bis jetzt eingetreten bin: nämlich dem sogenannten Lauschangriff und der Rasterfahndung!
Und da ist eine interessante Wende zu beobachten: Während noch vor kurzem Einigkeit darüber geherrscht hat, daß die Kontrolle über Anwendung und Durchführung des Lauschangriffes bei qualifizierten Richtereinheiten angesiedelt sein soll, hört man jetzt, daß der Schritt in Richtung Politik gehen soll – zunächst zum Justizminister. Aber auch wenn der Justizminister derzeit parteilos ist, ist er ein Politiker, und wer weiß, wer der nächste Justizminister sein wird! Das heißt, es geht jedenfalls der Schritt von Richtern, also von besonders qualifizierten Beamten, zu Politikern; zunächst zum Justizminister, vielleicht – als nächster Schritt – zum Innenminister, vielleicht – als nächster Schritt – zum Bundeskanzler.
Wenn ich mir vor Augen halte, worum es bei der Rasterfahndung – auch – geht, etwa um Daten aus dem Gesundheitsleben jedes einzelnen, um Vermerke über seine politischen Ansichten, um seine Familienprobleme, all das ist ja nachzulesen in der entsprechenden Literatur, um seine sexuellen Neigungen, wenn ich mir dann vor Augen halte, daß all das, aus dem qualifizierten Beamtenbereich, aus dem Richterbereich, wegkommen und in eine Hand kommen soll, in eine politische Hand, in die Hand eines Mannes oder einer Frau – sei es der Innenminister, sei es der Bundeskanzler, zugleich Parteichef der meist ohnehin stärksten Partei –, nämlich Polizei, Gendarmerie, Grenzschutztruppe, diejenige Sonderpolizei, die dann der Ersatz für das Heer sein soll, die Staatspolizei, das Heeres-Nachrichtenamt – ausgestattet mit Lauschangriff, ausgestattet mit Rasterfahndung; alles nicht unter richterlicher Kontrolle, sondern unter Politikerkontrolle –, dann kommt mir das Gruseln, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Da könnte ich dann verstehen, daß es Leute gibt, die sagen: Da werde ich lieber meine Koffer packen und mich in ein Land begeben, in dem ich weniger fürchten muß, zum Gegenstand von politisch motivierten oder zumindest politisch gedeckten Bespitzelungen zu werden!
Ich darf auch daran erinnern, daß es – nicht nur in Österreich – gute Tradition ist, sich zu bemühen, die Kräfte aus dem Polizeibereich einerseits und die aus dem militärischen Bereich andererseits nicht in einer Hand anzusiedeln, sondern in zwei verschiedenen Kompetenzbereichen. Wenn es geht, dann muß es zumindest auch so sein, daß die beiden Repräsentanten nicht ein und derselben Partei angehören. Das heißt, umgekehrt aufgezogen: Wenn es nicht monocolore Regierungen gibt, in denen das unmöglich ist – bei monocoloren Regierungen zumindest in den Händen von zwei Ministern –, also bei Koalitionsregierungen: die eine bewaffnete Gruppierung in den Händen der einen Regierungspartei und die andere in den Händen der anderen.
Das sind eigentlich alles Selbstverständlichkeiten, und man wundert sich, daß man sich vier Jahre vor der Jahrtausendwende, vor der Wende ins dritte Jahrtausend, überhaupt Sorgen um diese Probleme machen muß! Aber der Anlaß ist gegeben, die Forderungen werden vorgetragen, nicht nur von einem Einem, sondern auch vom Klubobmann der Sozialdemokratischen Partei. Die Forderungen – vielleicht zunächst als Versuchsballon gedacht; aber so etwas kann schnell ernst werden – würden bedeuten, daß alles, was in Österreich berechtigt ist, Waffen zu tragen – wenn man etwa von den Jägern absieht –, alles, was in Österreich berechtigt ist, sich geheimdienstlich zu betätigen, verstärkt durch die gruseligen Methoden des Lauschangriffes und der Rasterfahndung – nicht unter richterlicher, sondern unter eigener politischer Kontrolle –, vereint ist in einer politischen Hand, vielleicht sogar in der Hand eines einzigen Menschen. Da wird einem schwummrig, meine Damen und Herren!
Welche Geisteshaltung – diese Frage darf ich aufwerfen –, ist das, von welch schiefem Demokratieverhältnis zeugt das, wenn man Forderungen in dieser Richtung erhebt!