Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 69

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Budgetvollzug macht? In einem "Kurier"-Artikel dieser Tage stand nämlich in bezug auf diese 30 Milliarden zu lesen – und das ist wirklich entlarvend –: Im Finanzministerium standen entscheidende Geheimverhandlungen mit Minister Viktor Klima auf den Programm. Wie der "Kurier" zum Wochenbeginn exklusiv berichtet hat, akzeptiert selbiger zwar den raschen Ausbau der S-Bahnen und auch die Verlängerungen der U-Bahnen, aber die Südumfahrung gefällt ihm weniger und so weiter.

Ich frage Sie jetzt – und diese Frage ist an beide Regierungsfraktionen gerichtet –: Ist es eigentlich der Finanzminister, der entscheidet, was in der Verkehrspolitik geschieht, in diesem Fall im Zentralraum Wien? Ist er derjenige, der über den Geldhahn entscheidet, darüber, was geschieht und was nicht geschieht?

Das ist ein typisches Beispiel. Da geht es um 30 Milliarden, und wir raufen uns in den Scheinbudgetverhandlungen sehr oft um ganz minimale Beträge! Da werden ganz einfach 30 Milliarden festgelegt, und das führt zu einen privaten Schaukampf zwischen dem Bürgermeister, der sich im Wahlkampf befindet, und dem Exverkehrsminister, neuerdings Finanzminister, und die machen die Politik. Das Parlament schaut zu, budgetiert – oder was tut es? Keines von beiden, denn die Dinge passieren schon vor unserer Türe.

Ganz ähnlich ist es bei der Bundesbahnen. Da geht es um 60 Milliarden. Ständig war hier im Parlament die Rede von 60 Milliarden – eine riesige Ausgabe! –, von einer Finanzplanung für die Bundesbahnen. Behandelt und beschlossen wurde hier natürlich nichts.

Es gibt noch ein schönes Beispiel: In den letzten Wochen und Tagen hörte ich ununterbrochen mit militärisch gespitztem Ohr von diversen Offensiven: Beschäftigungsoffensiven, Umweltoffensiven. Jeden Tag rollt eine Offensive über uns hinweg, Riesenbeträge werden genannt, 90 Milliarden Schilling sollen investiert werden, der Arbeitsmarkt soll damit mobilisiert werden. Ich frage mich nur: Sind das 90 Milliarden Schilling zusätzlich? Dann allerdings frage ich mich: Befinden wir uns in einer Sparbudgetdiskussion, oder was findet hier eigentlich statt? Ist es nur ein Summieren von vorhandenen Budgetbeträgen, die man propagandistisch, medienwirksam zusammenbündelt, paketiert den Medien vorstellt? Was passiert da eigentlich?

Sie sehen es ganz deutlich: Die zentralen politischen Dinge geschehen außerhalb des Parlaments, geschehen im wesentlichen unter dem medialen Gesichtspunkt, sind propagandistisch aufbereitet, und man verschließt dabei die Augen. Jedenfalls kann ich ein seriöses Budgetieren absolut nicht erkennen.

Ein letztes Beispiel, etwas, was mich bis aufs Blut ärgert: Wir haben in einer Diskussion mehrmals festgestellt, daß das Bonus-Malus-System mit den 50jährigen kontraproduktiv ist. Die Opposition hat es gesagt, der eine oder andere Regierungsvertreter hat es gesagt, aber es war ja ein Paket, und man hat es durchgedrückt. Doch jetzt müssen wir uns von der Öffentlichkeit sagen lassen, daß es eben absolut kontraproduktiv ist. Aber dieses Parlament war nicht in der Lage, obwohl es genug Leute – auch in den Regierungsfraktionen – gibt, die dagegen waren, diesem Unsinn, der Menschen über 50 das Leben auf dem Arbeitsmarkt erschwert und nicht erleichtert, Einhalt zu gebieten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich möchte da ausdrücklich an die Kollegin Hostasch appellieren – sie ist gütigerweise da –, dagegen etwas zu unternehmen. Frau Kollegin! Sie sitzen hier im Parlament, Sie sind zugleich eine führende Repräsentantin der Arbeiterkammer, und Sie haben sich verdienstvollerweise im Zusammenhang mit diesem Bonus-Malus-System auseinandergesetzt und sich als Interessenvertreterin positioniert. Hier im Parlament jedoch leihen Sie diesem Schwachsinn Ihre Stimme. Das ist so bedauerlich!

Das führt zu einer Denaturierung des Parlamentarismus. Ich meine, daß dieser Interessenkonflikt, den Sie persönlich austragen, so zu lösen wäre, daß Spitzenfunktionäre von Interessenvertretungen, also der Sozialpartnerschaft eben nicht im Parlament sitzen. Denn genau das führt zu Fehlentwicklungen: daß Sie jetzt einer Gesetzmaterie, deren Inhalt Sie ablehnen, zustimmen. Das ist schlechter Parlamentarismus – und das ist auch schlechte Sozialpartnerschaft! (Beifall beim Liberalen Forum.)


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