Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 75

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Österreich ist nicht nur deutsch, nicht nur deutschsprachig! (Abg. Koppler: Österreich ist nicht nur deutsch, hat sie gesagt!) Österreich ist ein Land – und gerade im Jahr 1996, in dem wir das Millennium feiern, ist es ja ganz besonders angebracht, darauf hinzuweisen –, das eine kulturelle Vielfalt sondergleichen hat. (Abg. Koppler: "Nicht nur deutsch", hat sie gesagt!) Wenn Kollege Koppler da ein bißchen zuhören würde, könnte er etwas lernen, denn in Oberösterreich weiß man auch nicht so ganz genau Bescheid, was sich da – vor allem im Osten und Süden – abspielt, habe ich schon festgestellt.

Erhard, paß auf, das kann vielleicht auch etwas Neues und Interessantes für dich sein. Aber, meine Damen und Herren, Erhard Koppler kann sich da vielleicht nicht ganz hineinversetzen; er ist ja sehr monokulturell. Er ist eben leider ein Mensch, der nur einsprachig ist. (Abg. Koppler: Ich habe auch in der Schule eine Fremdsprache gehabt!) Ich sehe es als Privileg an, Angehörige einer Volksgruppe und zweisprachig zu sein, und ich habe es schon oft hier im Parlament gesagt und sage es wieder – und jetzt speziell für dich, Erhard Koppler –: Einsprachigkeit ist heilbar! Man kann auch eine zweite Sprache lernen (Beifall bei den Grünen), vielleicht die Sprache einer österreichischen Volksgruppe, um damit auch zu signalisieren, daß sie ein Teil von uns ist.

Das ist es auch – jetzt in vereinfachenden Worten zusammengefaßt –, was diese Staatszielbestimmung zum Ausdruck bringen soll. Derzeit ist die Verständigung innerhalb der im Parlament vertretenen Parteien gut, vor allem sind die Signale von seiten der ÖVP und SPÖ durchaus positiv, die, wie Sie ja heute schon lang und breit gehört haben, hier mit ihrer Zweidrittelmehrheit machen können, was sie wollen. Die Signale, die von den beiden Parteien ausgehen, sind in diesem Fall durchaus positiv, und ich möchte den Kolleginnen und Kollegen der beiden großen Parteien auch hier ganz ausdrücklich sagen, daß wir das von unserer Seite heftig unterstützen. Ich glaube, daß ich da auch im Sinne von Erhard Koppler spreche, der sicherlich einer der vehementesten Befürworter des Bekenntnisses Österreichs zur Vielfalt der Sprachen und Kulturen, vielleicht im Artikel 7a oder 7b der österreichischen Bundesverfassung, wäre.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute haben Angehörige der österreichischen Volksgruppen zwei Möglichkeiten: Sie haben die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Abstufungen von Assimilation – ich bin, wenn Sie wollen, auch ein Produkt dieser Ideologie oder dieser Haltung – oder die Möglichkeit des Rückzuges ins ethnische Ghetto. Wir sollten jetzt auch die Breite und die Vielfalt dieser Palette erweitern, das ist die Intention!

Ich meine, daß wir als Volksgruppenangehörige, aber in erster Linie auch als Parlamentarier insgesamt drei Dinge vehement zu vertreten haben: erstens den Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien zu schützen. Dies im wahrsten Sinn des Wortes, denn die Diskussion in den letzten Monaten, wo es immer wieder Stimmen gab, den Staatsvertrag von Wien für obsolet zu erklären, auch den Artikel 7, ist absolut gefährlich für Volksgruppenangehörige. Dieser Artikel 7 des Staatsvertrages von Wien ist so etwas wie die Magna Charta des österreichischen Volksgruppenrechtes. Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich ganz vehement jenen widersprechen, die meinen, daß man das Schutzmachtprinzip jetzt wiederbeleben und den Minderheitenschutz oder Volksgruppenschutz vielleicht bilateral zwischen Slowenien und Österreich absichern sollte. Das ist der falsche Weg. Was wir wollen, ist die internationale Absicherung des Rechtsstandards, den wir haben, und diesen sollten wir auch erhalten. – Das ist meine erste Bitte und Forderung an Sie.

Meine zweite Bitte beziehungsweise Forderung betrifft die Novelle des Volksgruppengesetzes 1976. Wir haben im Zuge der Diskussion um die Anerkennung der Roma und Sinti als Volksgruppe schon unzählige Male festgestellt, daß die Anwendbarkeit des Volksgruppengesetzes auf die real existierenden Gruppen und auf die Vielfalt in Österreich beschränkt ist. Diese Novelle ist mehr als überfällig, und ich bitte auch diesbezüglich die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen – heute bin ich ja ganz friedlich und konsensual gestimmt – um ihre Unterstützung und vor allem um ihre Initiative. Da muß etwas her, worüber man im Nationalrat redet, was konstruktiv im Sinne der Volksgruppen ist.


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