Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 74

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Sie erinnern sich sicherlich an die Diskussionen letztes Jahr anläßlich der Bestellung der Frau Volksanwältin Korosec: Der Bestellmodus ist einfach unglaublich! Es nehmen sich einfach die zwei großen Parteien und die größte Oppositionspartei das Recht heraus, die Verwaltung zu kontrollieren, und sie ignorieren dabei völlig, daß sich die Parteienverhältnisse, die politischen Verhältnisse total verändert haben.

Das ist, wie ich inzwischen weiß, absolut nicht in Ihrem Sinn, aber auch nicht in unserem Sinn. Wir werden diesen Gesetzesantrag einbringen und dann sicherlich auch bei der ersten Lesung Gelegenheit haben, mit den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen darüber zu diskutieren.

Das nur in aller Kürze, und hoffentlich kommt es zu einer intensiven Diskussion, wenn es soweit ist; es wird aber, nehme ich an, wenn ich den Zeitplan des Nationalrates ansehe, sicher Herbst werden. Aber die Periode Ihrer Bestellung dauert ja noch ein wenig, und insofern sollten wir jetzt, am Beginn der Periode, beginnen, uns darüber zu unterhalten, um uns dann nicht wieder den Vorwurf einzuheimsen, daß es eine Anlaßfallgesetzgebung sei.

Im Namen meiner Fraktion danke ich also für Ihre Arbeit. (Beifall bei den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wollte ich ja den Herrn Bundeskanzler ansprechen – der ist jetzt nicht da. Der zuständige Herr Staatssekretär ist auch nicht da; nur die Frau Bundesministerin, zu der spricht aber später meine Kollegin Pollet-Kammerlander.

Ich spreche heute – und deswegen sitze ich ja eigentlich im Parlament – als Kroatin; schließlich bin ich ja Minderheitensprecherin der Grünen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt – das ist jetzt als Information für die Kolleginnen und Kollegen, die noch hier anwesend sind, gedacht – innerhalb der Interessenvertretungen der einzelnen Volksgruppen in Österreich und in einem kleinen, aber interessierten Personenkreis eine hochqualifizierte Diskussion um die Aufnahme einer sogenannten Staatszielbestimmung in die österreichische Bundesverfassung, die den Inhalt haben soll – aus unserer Sicht, aus der Sicht der Volksgruppen –, erstens zu einer Neudefinition des Selbstverständnisses der Volksgruppen zu kommen und zweitens – was viel wesentlicher ist – ein Bekenntnis Österreichs zur Vielfalt in diesem Land abzugeben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mitglieder österreichischer Volksgruppen sind die besten Österreicher und Österreicherinnen. Seit Jahren, seit Jahrzehnten, seit ich mich erinnern kann also, wird uns ständig abverlangt, uns immer zu Österreich zu bekennen, so als wäre das je von einem Volksgruppenangehörigen in Frage gestellt worden. Aber in der öffentlichen Diskussion unterstellt man uns eben so einiges.

Dieses Bekenntnis zu dieser unserer Heimat und dieser unserer Republik müssen wir ständig auf den Lippen haben, um nicht gewissen Verdächtigungen ausgesetzt zu sein. Ich meine, diese Zeiten sind – vor allem nach dem tragischen Jahr 1995 – für Österreichs Volksgruppen endgültig vorbei, und es wäre an der Zeit, den Volksgruppenangehörigen in Österreich jene freien Räume fern des Assimilationsdrucks zu geben – damit sie ungehindert ihre Tradition, Sprache, Kultur pflegen können –, an der Zeit, daß sich die Republik zu ihren Volksgruppen, zur Vielfalt von Kulturen und Sprachen in diesem Land bekennt.

Wir haben anläßlich einer Belangsendung der Grünen, die jetzt immer wieder um 6.05 Uhr in der Früh läuft – sofern wir Sendezeit haben –, auf eine kulinarische Art und Weise den Österreicherinnen und Österreichern nahezubringen versucht, was dieses Land eigentlich von seiner Identität und von seinem Selbstverständnis her darstellt: Wir haben nämlich die österreichische Bundeshymne in den Sprachen aller in Österreich lebenden Volksgruppen – und jetzt zähle ich auch die deutschsprachigen Österreicher dazu – eingesungen. Vertreter der verschiedenen Volksgruppen und auch ein deutschsprachiger Österreicher – in diesem Fall ein Tiroler – singen die österreichische Bundeshymne. Das ist ein ganz netter Morgengruß – die Reaktionen von Hörerinnen und Hörern darauf sind wirklich sehr erstaunlich. Die Leute fragen sich: Was ist das? Die österreichische Bundeshymne auf kroatisch oder in der Sprache der österreichischen Roma und Sinti? Tschechisch? Slowakisch? Ungarisch? Slowenisch? – Ja, das ist Österreich, meine sehr geehrten Damen und Herren!


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