Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 209

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werden, heftig gegen die Errichtung dieses Denkmals opponiert. (Abg. Scheibner: Was haben Sie gegen dieses Denkmal?) Johannes Mario Simmel schreibt dem Bundeskanzler – und das ist vielleicht für den Herrn Bundesminister besonders wichtig zu hören –: Es sei zwar sinnvoll und notwendig, daran zu erinnern, daß die österreichischen Teilnehmer an diesem Krieg weder für die Freiheit noch für das Vaterland gestorben sind, aber in Wolgograd ein Denkmal zu errichten, das die Botschaft vermittelt, die Opfer seien alle gleich, egal, ob sie in der Sowjetarmee gegen den Nationalsozialismus gekämpft haben und damit auch für unsere Befreiung einen schrecklichen Blutzoll geleistet haben, oder ob sie als Aggressor in der deutschen Wehrmacht gekämpft haben und gefallen sind. (Abg. Scheibner: Da sind alle gefallen!) " Das ist schon", schreibt Johannes Mario Simmel, "eine Zumutung, die an Geschichtsfälschung grenzt." (Abg. Scheibner: Sehr überheblich, was Sie da bringen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß diesem anerkannten österreichischen Antifaschisten mehr als recht geben, denn er hat mit einem vor allem recht: Wenn er in seinem Brief bemerkt, daß heute – im Gegensatz zum Jahr 1992 – klar ist, daß sich das, was vor einigen Jahren noch gegolten hat, nämlich diese vermeintliche Möglichkeit der Trennung zwischen der "sauberen Wehrmacht" und der "verbrecherischen SS", als unhaltbar erwiesen hat, und zwar durch wissenschaftliches Aufarbeiten der Geschehnisse der damaligen Zeit. (Abg. Mag. Mühlbachler: Das waren einfach Soldaten! – Abg. Scheibner: Die Elterngeneration!)

Johannes Mario Simmel schreibt auch, daß damals auch Dr. Helmut Zilk, einem der Hauptproponenten dieses Personenkomitees, dem Politiker und Politikerinnen aller Fraktionen – außer der grünen Fraktion – angehören, daß also damals auch Dr. Helmut Zilk, der wahrlich auch als anerkannter und würdiger österreichischer Antifaschist zu bezeichnen ist, diese Aspekte noch nicht bekannt waren. (Abg. Mag. Mühlbachler: Unerträgliche verbale Attacken!)

Aber gerade jetzt, wo vor allem auch, zwar nur einem eingeschränkten, kleinen, aber doch wertvollen Teil der österreichischen Öffentlichkeit, besonders durch die Ausstellung, die letztes Jahr in der Alpenmilchzentrale gezeigt wurde – "Vernichtungskrieg" –, einiges bewußt gemacht wurde, und wo vor allem auch bekannt ist, daß sich Deutschland längst von Projekten wie diesen distanziert (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), vor allem deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es notwendig, daß uns der Herr Bundesminister eine Antwort auf diese Fragen gibt. (Beifall des Abg. Wabl. ) Denn Anfang Juni sollen dort österreichische Bundesheeroffiziere in österreichischen Uniformen stehen und daran teilnehmen.

Darum frage ich Sie, Herr Bundesminister: Ist es Ihrem Verständnis nach so, daß das österreichische Bundesheer als Traditionsnachfolger der Sechsten Armee der deutschen Wehrmacht zu sehen ist, der Wehrmacht des Dritten Reichs – oder vielleicht eher als Traditionsnachfolger der österreichischen Widerstandsbewegung gegen das Dritte Reich, Herr Bundesminister? Wenn Sie Zweiteres meinen, dann frage ich mich: Warum schicken Sie uniformierte Militärangehörige nach Stalingrad – heute Wolgograd – zu dieser Denkmalenthüllung?

Ich frage mich wirklich: Woran wollen denn die Österreicher die Wolgograder Bevölkerung mit diesem geplanten – noch geplanten, aber im wesentlichen schon realisierten – Denkmal denn tatsächlich und wirklich gemahnen? Was ist die Intention? (Abg. Scheibner: Gemeinsam mit den Russen der Toten zu gedenken! Sie haben überhaupt keinen Anstand! Unerträglich ist es! Jedes Mittel ist Ihnen recht für Ihre miese Polemik!)

Ich meine, daß Österreich dort einiges zu leisten und zu tun hätte im Sinne eines Gedankens, der für mich sehr wesentlich ist, nämlich im Sinne des Gedankens der Versöhnung. Versöhnung ist etwas, was uns sehr am Herzen liegt.

Darum, Herr Bundesminister, gäbe es wirklich Sinnvolles dort zu tun, nämlich in einen Dialog zu treten mit der Bevölkerung Wolgograds, in einen Dialog zu treten mit jenen, die diese Zeit überlebt haben.


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