Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 268

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Wir haben da etwas gutzumachen. Die Drittlandklausel, die letztlich in diesem Land erfunden wurde, muß von einem gelebten Asylrecht flankiert werden. Dies muß natürlich im europäischen Verbund geschehen. Wenn es gelänge, auf der europäischen Ebene einheitliche Standards zu erreichen, so würde so manches Problem, das wir heute aufgrund der nicht vorhandenen Solidarität unserer europäischen Partnerstaaten haben, nicht mehr existieren.

Daher verstehe ich nicht, was das Hindernis ist, sich in dieser Frage stark zu machen. Möglicherweise liegt der Grund darin, daß wir uns gelegentlich auf anderen internationalen Ebenen in Menschenrechtsfragen etwas schamhaft verhalten. Ich denke dabei an China. China ist ein Problem! (Abg. Dr. Schmidt: Wohlwollend!) Schamhaft oder doppelbödig. Wenn man diese Doppelbödigkeit kaschieren will, dann ist man manchmal vielleicht etwas verschwiegen in Menschenrechtsfragen, damit einem diese doppelte Moral nicht vorgehalten werden kann.

Wenn Bundesrats-Delegationen China bereisen, ohne daß die Menschenrechtsfrage thematisiert wird, und gleichzeitig immerhin dem Präsidenten eines der größeren europäischen Länder bei der Tischrede untersagt wird, das Wort "Menschenrechte" auch nur in den Mund zu nehmen, und er aus der Situation heraus nicht anders handeln konnte, als dann tatsächlich das Wort "Menschenrechte" nicht in den Mund zu nehmen – ich verteidige ihn jetzt nicht, aber ich kann mir den Ablauf ganz gut vorstellen, diese Abläufe sind manchmal recht zwanghaft, und er war offenbar auch nicht Manns genug, sich darüber hinwegzusetzen, wie dem aber auch immer sei –, dann muß ich sagen: Vor diesem Hintergrund schickt man keine Bundesrats-Delegation in solch ein Land! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Kollege Cap hat hier die sicherheitspolitischen Aspekte wie WEU und so weiter angeschnitten. Damit will ich mich jetzt hier nicht auseinandersetzen. Aber ich bringe von gestern etwas hier heute herein: Möglicherweise ist diese eigenwillige Positionierung im Verhältnis zur Türkei und zu den Kurden, die übrigens mit Menschenrechtsproblemen zusammenhängt, da vielleicht eine Nahtstelle. Aber wenn man auf einem Auge blind ist, dann fällt einem natürlich nicht auf, daß das Kurdenproblem, von dem wir gestern gesprochen haben, das Ergebnis einer menschenrechtswidrigen Politik eines NATO-Staates, nämlich der Türkei ist. Und wenn man da bestimmte Wunschvorstellungen hat und weil es der eigenen NATO-Perspektive widerspricht, unterdrückt man vielleicht den Reflex, sich zu sagen, da ist Kritik angesagt.

Nur: Das sind Dinge, die in Ruhe ausdiskutiert werden müssen. Wir sind der Meinung, ohne Westeuropäische Union auf der sicherheitspolitischen Ebene ist keine Lösung für eine europäische Sicherheitsarchitektur möglich. (Beifall beim Liberalen Forum und Beifall der Abg. Dr. Petrovic. )

Wir müssen aber an diesem Gebäude konstruktiv mitwirken und dürfen nicht nur sagen, wir hätten gern die WEU, das ist eine vornehme Adresse, aber was dort geschieht, interessiert uns nicht. Wir werden dann schon zum gegebenen Zeitpunkt in dieses Haus einziehen, wenn es die anderen gebaut und eingerichtet haben.

Dazu sind wir nicht in die Europäische Union eingetreten – um weiterhin in der Loge zu sitzen und zuzuschauen, was auf der Bühne geschieht. Wir müssen viel mehr selber auf die Bühne und mehr agieren.

Wir müssen aber auch begreifen, daß die Europäische Union inzwischen ein Element unserer Innenpolitik geworden ist. Das heißt, wir müssen unseren Umgang mit den Mitwirkungsrechten des Parlaments in Angelegenheiten der EU noch verbessern, die administrativen Abläufe verbessern und auch die Leistungsfähigkeit des Parlaments in diesem Punkt anheben. Wir sind in diesen Fragen der Administration gegenüber nach wie vor unterlegen, sollen aber und wollen auch mitwirken und halten das für einen demokratiepolitischen Fortschritt.

Ich vermisse auch teilweise die volle Übernahme dessen, was der Beitritt zur EU bedeutet, in den einzelnen Ministerien. Wir hatten erst vor wenigen Tagen das wirklich eigentlich für mich erschreckende und mich auch traurig stimmende Phänomen, daß unser Wirtschaftsministerium das Außenhandelsrecht genauso weiter administriert wie bisher, so, als ob wir nicht in die EU eingetreten wären. Es werden weiterhin auch dort, wo es unmittelbar anwendbares EU-Recht


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