Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 335

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Aber wir haben gleichzeitig gesagt, daß Sie die elementaren Probleme unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft nicht angesprochen haben. Und ich sage Ihnen noch einmal, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien: Sie sprechen jeweils das andere Lager an! Herr Heindl sagt: Mit der Gewerbeordnung fahren wir ab, das wird ganz klar werden, das legen wir vor, ja! – Und die andere Seite sagt: Die Arbeitszeit werden wir deregulieren. – Und dann blockieren Sie sich gegenseitig. Das ist doch die Tatsache! Da kommen Versuchsballons von der ÖVP, und man sagt: Jetzt reden wir einmal, und jetzt werden wir deregulieren. – Dann kommt das Njet der Gewerkschaft und umgekehrt. – Das, meine Damen und Herren, verhindert aufkeimenden Optimismus bei der Unternehmerschaft dieses Landes! (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Lassen Sie mich noch auf ein Thema eingehen. Sie sagen – und Sie stehen quasi dafür ein –: in Zukunft keine Sparpakete mehr! Und dann haben Sie einige "Wenn" angefügt. Jetzt weiß ich schon, daß man natürlich Parameter annehmen muß, daß man sie auch voraussagen darf und muß und daß man einen bestimmten wirtschaftspolitischen Rahmen zu Fug und Recht in den Mittelpunkt stellen kann. Aber ich mache Sie auf eine Gefahr aufmerksam: Diese globale Entwicklung der europäischen und der übrigen großen Wirtschaftsräume hat keine empirischen Erfahrungen, nicht einmal annäherungsweise. Wir bewegen uns nach 50 Jahren Friedenswirtschaft mit Geldmengen, wie sie noch nie in diesen modernen Volkswirtschaften vorhanden waren, auf dem Gebiet der reinen Theorie. Wir wissen nicht, wie in einer kommunikativ vernetzten Gesellschaft die Auswirkungen von politischen Maßnahmen greifen. (Abg. Mag. Peter gibt dem Redner ein Zeichen, daß er seine Rede beenden soll.) Gib Ruhe, denn du bist nicht Andreas Khol, und ich reagiere nicht auf grüne und auch nicht auf rote Karten! (Abg. Mag. Barmüller: Aber wir haben eine Redezeitbeschränkung! – Abg. Dr. Khol: Da werde ich sogar schon imitiert! Herr Präsident! Bitte schützen Sie mein Copyright!)

Ich glaube, die Konsequenz ist, Herr Kollege, daß wir mit den Versprechungen vorsichtig sein sollten, wir riskieren sonst einen Vertrauensverlust – nicht nur in der Unternehmerschaft, sondern in breiten Bevölkerungskreisen. Sie, Herr Minister, wissen, was mit der Euphorie nach dem EU-Beitritt passiert ist. Nach meiner Interpretation war es die überspannte, nicht realistische Erwartungshaltung, die wir aus politischer Opportunität nicht zu korrigieren gewagt haben. Wir haben den Menschen nicht klargemacht, daß es bei der EU nicht allein um persönliche rechenbare Vorteile geht, sondern daß das auch gegen sie sprechen könnte. Wir haben das zugunsten eines überragenden Abstimmungserfolges zumindest vernachlässigt.

Herr Bundesminister! Zum Schluß möchte ich noch auf eines eingehen: Sie haben selbst die Ministeriumsreform erwähnt. Es ist dies das klassische Beispiel. Ich stimme Ihnen zu. Das Verkehrsministerium – wohin sonst hätte es denn gehen sollen, wenn nicht zu Ihnen? Ich stimme Ihnen zu, ich bedauere auch Ihren Kollegen Scholten, der allerdings jetzt so tut, als hätte er eine Freude damit, und der sich "hineinhaut", daß man sich nur so wundert.

Herr Bundesminister! Aber das offenbart ja das ganze Dilemma! Hier sehen wir deutlich, woran es krankt. Sie als zehnjährig regierende Partei haben auch dafür die Verantwortung.

Ich möchte zum Schluß einfach noch eines vorbringen: Es gibt ein Gesetz, und das ist für mich charakteristisch, wenn wir über Arbeitskosten, Lohnnebenkosten, Bürokratie und andere Dinge, die sinnvoll oder teuer oder unsinnig und auch teuer sind, reden; und das ist das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Ich bekenne mich dazu, daß ein Arbeitnehmerschutzgesetz etwas Sinnvolles ist und daß es nach einem europäischen Standard erfolgt. Meine Damen und Herren! Aber was Sie hier mit diesem Bundesgesetzblatt beschlossen haben, das ist nicht feierlich. Sie verlangen etwas von den Unternehmungen – verbunden mit erheblichen Kosten. Herr Bundesminister! Dieses Gesetz ist zu einem Teil in Ihrem Vollzug. (Abg. Dr. Fekter: Nein, nein, nein, nein! – Sozialminister!) – Lesen Sie es nach! Ich habe es selbst gelesen. Wollen Sie es haben? – Sie müssen sich mit den Gesetzen beschäftigen, Frau Fekter! Sie sollten sie lesen und nicht wie Ihr Kollege Graff sagen: Ich habe sie nicht einmal gelesen. – Darin steht das nämlich.

Meine Damen und Herren! Hier haben wir ein Gesetz, das dringend novellierungsbedürftig ist. Es ist zum Beispiel eines jener Dinge, die symbolisieren, wie Sie den Unternehmern in diesem


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