Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 385

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dadurch deutlich, daß genau zu dem Zeitpunkt, zu dem die Segmentierung beginnt, jetzt ein – unter Anführungszeichen – "artfremdes Element" dazukommt, das sich nicht mehr in das System einfügen will. Das macht es Ihnen so schwer, zur Integration als Menschenrecht zu stehen.

Frau Unterrichtsministerin! Es hat mich persönlich tief betroffen gemacht, daß Sie Integration nicht als Menschenrecht sehen, sondern als unterrichtliche Notwendigkeit. Wir Liberale sehen das naturgemäß anders. Integration ist für uns ein Menschenrecht, und Integration ist für uns nicht teilbar. Wir werden uns vehement dagegen verwahren, daß Integration verwässert wird, daß Integration nur nach Möglichkeit durchgeführt wird und somit allen möglichen Ausreden, sei es in organisatorischen oder in anderen Bereichen, Tür und Tor geöffnet wird. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Lassen Sie mich jetzt noch einen letzten Kritikpunkt im Zusammenhang mit der Durchlässigkeit unseres Schulsystems anbringen. Kollege Höchtl hat gemeint: Kein Abschluß ohne Anschluß! – Davon sind wir leider noch weit entfernt. Ich glaube, daß von der derzeit bestehenden Undurchlässigkeit das duale Ausbildungssystem in ganz besonders hohem Maße betroffen ist – dieses duale Ausbildungssystem, das bisher Garant dafür war, daß wir Facharbeiter im genügenden Ausmaße zur Verfügung hatten und daß die Jugendarbeitslosigkeit eingedämmt werden konnte.

Ich verstehe, daß die Bereitschaft der Wirtschaft abnimmt, Lehrlinge auszubilden. Ich verstehe auch, daß das Interesse der Lehrlinge abnimmt, weil die Durchlässigkeit noch nicht im wünschenswerten Maße gegeben ist. Es darf aber einfach nicht mehr bei reinen Absichtserklärungen und bei Werbekampagnen wie "Karriere durch Lehre" bleiben.

Aber das Problem ist nicht die Höhe der Lehrlingsentschädigung. Herr Kollege Dolinschek, hat das letzte Mal gesagt, man möge die Anpassung der Lehrlingsentschädigungen garantieren. Das ist eine populistische Aussage. Ich weiß, daß der Anteil der Wähler der Freiheitlichen bei den Lehrlingen gut ist. Nur Lehrplätze wird das sicherlich keine schaffen. Wir haben ein komplexes Problem, und wir müssen umdenken. Das Stichwort heißt Flexibilisierung!

Das ist aber unabhängig davon, daß wir natürlich eine Neuordnung der Lehrberufe brauchen und die Berufsschullehrer- und -lehrerinnenausbildung verbessern müssen. Das Problem der starren Strukturen im gesamten Schulbereich, vor allem aber im Berufschulbereich, ist meiner Meinung nach Grund für die derzeitige Situation. Daher brauchen wir eine Flexibilisierung der Zeit.

Ich glaube, daß mir die Kolleginnen und Kollegen der ÖVP zustimmen werden, daß es Sinn macht, die Berufsschulzeit schon innerhalb der Gesamtzeit branchenspezifisch flexibler aufzuteilen, daß es Sinn macht, branchenspezifisch zu individuellen Regelungen zu greifen, damit nicht alles über einen Kamm geschoren werden kann, daß es nicht Sinn macht, die Berufsschulzeit für den Einzelhandelskaufmann gleich lang festzulegen wie für hochtechnisierte Berufe, daß ein Koch vielleicht einen anderen Zeitraum im Bereich der Schulausbildung braucht als ein Kellner, daß wir aber vor allem – das wird das Wichtigste sein – auch eine individuellere Regelung bezüglich der Dauer der Berufsschulzeit zwischen Lehrberechtigtem und Lehrling brauchen, um diese unterschiedlichen Abschlüsse zu ermöglichen. Dafür bedarf es einer sozialrechtlichen und gehaltsmäßigen Abkoppelung von Schule und praktischer Ausbildung im Betrieb.

Ich glaube, während der Lehrling in der Schule ist, hat er von Gesetzesseite her auch wie ein Schüler behandelt zu werden. Während der Lehrling in der Schule ist, ist er Schüler, ist er bei seinen Eltern mitversichert, und nur auf diese Art und Weise kann mehr Flexibilität in diesem Bereich erreicht werden. – Natürlich müssen wir auch den Berufsschulstoff neu strukturieren, Module schaffen, um dann letztendlich auch unterschiedliche Abschlüsse zu ermöglichen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich glaube, daß es grundsätzlich während der letzten Jahre zu einer vermehrten Bewußtseinsbildung gekommen ist. Sie haben sicher auch dazu beigetragen, daß Bildung nicht mehr an der Fähigkeit des


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