Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 477

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Ich glaube, das Thema sind hier die Kosten. Und wenn Sie die Kosten allein betrachten, dann müssen Sie sich fragen: Können wir uns das leisten – oder können wir uns das nicht leisten? Das ist die entscheidende Frage.

In der ganzen Diskussion, die in den letzten Wochen geführt wurde, hatte ich immer den Eindruck, es gibt ein Wort nicht, und dieses Wort heißt "Patient". Das zweite, was man beachten sollte, ist die Frage: Was wollen Patienten? – Ich kann Ihnen sagen, ich sehe relativ viele Patienten und habe noch nie von einem Patienten gehört, er will schlecht behandelt werden, also gehe ich davon aus, daß es in Zukunft der Patienten- und der überwiegenden Bürgerwunsch sein wird, optimal und gut versorgt zu werden.

Wie schaut es jetzt aus mit den Reformen, die wir seitens der Regierung gesetzt haben? Erfüllen die diese Anspruch? Im Spitalswesen hat vor einigen Wochen eine Reform stattgefunden. Lieber Kollege Pumberger, weil du gesagt hast, das sei keine Reform – also ich würde sagen, das ist sicher eine Megareform. Die Frage ist: Was wird aus der Reform einmal werden? Jede Reform hat eine Chance oder birgt auch eine Gefahr in sich. Ich hoffe, daß das Positive bei weitem überwiegen wird, nur müssen wir abwarten, wie sich das entwickeln wird.

In Deutschland gibt es etliche kritische Stimmen. Zum Beispiel ist für die Herzchirurgie jetzt eine Studie veröffentlicht worden, daß ein Patiententourismus stattfinde. Weil die Leistungen in der Herzchirurgie schlecht bewertet wurden, hat man zum Beispiel kinderherzchirurgische Eingriffe von manchen Chirurgien auf Uni-Kliniken transferiert, die dann die ganzen Kosten schlucken müssen. Ich halte es für unethisch, wenn man Patienten hin- und herschickt, ohne daß sie das wissen, nur weil sie kein Geld bringen. Ich glaube, da wird man in Österreich – wir haben ja ein halbes Jahr Zeit – sehr genau aufpassen müssen.

Auch die Frage der sogenannten Fremdpatienten – ein Thema, das Stadtrat Rieder immer gern im Mund führt – sollte mit dieser Reform zumindest für weitere vier Jahre begraben sein. Ich glaube, Rieder sollte sich bei Stadtrat Edlinger erkundigen, denn das trifft ja Ihre Burgenländer, Frau Ministerin, und die Niederösterreicher. Das ist nämlich dezidiert behandelt worden.

Die Kernfrage nach der Frage, ob wir rationieren sollen oder nicht – die ich klar mit einem Nein beantworte, was gar nicht so leicht sein wird –, ist: Welches System wollen wir uns überhaupt leisten? Vor drei Tagen hat im AKH ein Symposium "Spitzenleistungen in der Medizin" stattgefunden, und da wurde festgestellt, daß sich in den letzten drei Jahren die Zahl der Spitzeneingriffe im AKH verdoppelt hat.

Ich werde Ihnen jetzt ein bißchen aus ärztlicher Sicht erzählen, was Spitzeneingriffe sind und was sie kosten, denn wir reden ja immer von Kosten, und keiner weiß, was mit dem Geld geschieht.

Wenn Sie zum Beispiel an einer Ausweitung der Körperschlagader leiden – das betrifft immerhin 2 bis 5 Prozent der Bevölkerung über 50 Jahre –, dann kostet die Operation, die mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden muß, mit der Nachbetreuung etwa 500 000 S. Wir leisten uns das. Die Alternative dazu wäre, daß der Patient an irgendeinem Tag schlicht und einfach plötzlich verblutet.

Zweites Beispiel: Es gibt Menschen, die fallen auf der Straße bewußtlos zusammen, werden reanimiert. Im Spital stellt man fest, daß sie zu Herzrhythmusstörungen neigen, zu sogenanntem Kammerflimmern. Für diese Menschen kann man heute mit einer Sonde und einem speziellen Gerät, einem sogenannten automatischen Defibrillator, das Risiko eines zweiten Kammerflimmerns, also eines sicheren Todes, verhindern. Kostenpunkt nur dieses Gerätes, nicht des Eingriffes: 350 000 S.

Wenn Sie das Pech haben, Raucher zu sein, zu viel Streß in der Politik zu haben, und wenn Sie in der Folge eine Herzkranzgefäßverengung – immerhin Todesursache bei jedem zweiten Österreicher – bekommen, dann haben sie theoretisch zwei Möglichkeiten, wenn sie den Herzinfarkt überleben oder noch nicht haben, er aber vorher diagnostiziert wird: Entweder Sie bekommen eine Bypassoperation – Kostenpunkt: 150 000 S – oder eine Aufdehnung der


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