Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 492

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Kollegin Petrovic hat angesprochen, daß man regeln sollte, wieweit lebensverlängernde Maßnahmen ergriffen werden müssen. Das ist an sich eine gute Idee, nur kann man als Politiker halt sehr leicht sagen, wann die lebenserhaltenden Maschinen abgedreht werden müssen, solange man nicht selbst gezwungen ist, das zu tun. Und es ist für einen Arzt nicht leicht, wenn er der Überzeugung ist, daß dort noch Leben ist, wie zum Beispiel bei einem Fötus, zu sagen: Du mußt jetzt diese Maschine abdrehen. Das halte ich für nicht ganz einfach und nicht sehr leicht regelbar.

Beim Studium der Budgetvoranschläge erschütterte mich, daß an Bundesmitteln für das Gesundheitswesen ungefähr ein Drittel des Budgets für die Landesverteidigung veranschlagt wurde. Die Gesundheit ist nach wie vor das höchste Gut der Menschen! (Beifall bei der SPÖ.)

Im "Kurier" vom 12. April 1996 war zu lesen, daß für den Generalsekretär der Wirtschaftskammer die österreichische Pharmaindustrie ein Edelstein in der industriepolitischen Landschaft ist, eine Hoffnungsbranche, eine sehr stark steigende Branche. Ich frage mich, ob sich der Herr Generalsekretär auch dessen bewußt ist, daß steigende Gewinne in der Pharmaindustrie zwangsläufig zu höheren Ausgaben im Gesundheitswesen führen müssen – oder will er diese dann durch Personalreduktionen im Gesundheitswesen ausgleichen? Seine Stellungnahme bezüglich des Arbeitszeitgesetzes für Ärzte war negativ, da er mehr Kosten befürchtete. Medizin human zu betreiben, dabei Kosten bei steigenden Gewinnen der Pharmaindustrie durch Personaleinsparungen im Gesundheitsbereich zu verringern, ist die Quadratur des Kreises. Dem Herrn Generalsekretär dürfte auch nicht bekannt sein, daß das österreichische Arbeitszeitgesetz im Bereich der privaten Spitäler längst Gültigkeit hat, allerdings ständig gebrochen wird.

Von verschiedenen Seiten hört man jetzt die Empfehlung, bei Bagatellerkrankungen aus Einsparungsgründen nicht den Arzt, sondern den Apotheker aufzusuchen, sich von ihm beraten und therapieren zu lassen. Was ist bitte eine "Bagatellerkrankung"? – Als Bagatellerkrankung beginnt die Meningokokkensepsis, beginnt die Leukämie, beginnen viele schwere Erkrankungen. Die Verantwortung, den Patienten aus Kostenersparnis statt zum Arzt zum Apotheker zu schicken, übernimmt die sozialdemokratische Fraktion sicher nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind stolz auf unser Gesundheitssystem, das selbst dem Ärmsten ärztliche Versorgung ermöglicht. Daher waren wir Sozialdemokraten – das weiß ich auch noch von meinem Vater –immer für die Beibehaltung dieses Kurpfuscherparagraphen, nur in den unseligen "Ostmark"-Zeiten des "Tausendjährigen Reiches" waren Heilpraktiker zugelassen. Mein großer Dank gilt daher der Frau Bundesministerin, daß sie so vehement gegen das Heilpraktikerunwesen und die Heilpraktikerschulen auftritt. Wie kann man in zwei Jahren erlernen, wozu andere mindestens neun, zwölf oder noch mehr Jahre benötigen, um über ein solides Grundwissen zu verfügen? (Abg. Dr. Pumberger: Stimmen Sie unserem Antrag zu!) Wozu benötigen wir Heilpraktiker in Österreich? Ich verstehe, daß China Barfuß-Ärzte braucht. Die riesige Bevölkerung dort ist derzeit noch nicht ausreichend mit Ärzten versorgt, in Österreich aber gibt es genügend Ärzte. Sich für Heilpraktiker einzusetzen, um deutschen Heilpraktikerschulen Einnahmequellen zu verschaffen, spricht nicht von Verantwortungsgefühl. Nochmals herzlichen Dank, Frau Bundesministerin, daß Sie sich dem so entschieden dagegenstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Vor kurzem war den Medien zu entnehmen, daß ein Bundesland Ärztestellen abbauen will, Turnusärzte müssen im Nachtdienst an mehreren Abteilungen den Dienst versehen, Facharztstellen sollen in den Spitälern verringert werden. Das widerspricht dem Ärztegesetz. In letzter Zeit häufen sich Berichte über Kunstfehler, welche in erster Linie Folgen der zeitlichen und fachlichen Überforderung der Ärzte sind. Es ist eine katastrophale Entwicklung in einem Dienstleistungsberuf, der zunehmend schwerer erkrankte Patienten in den Spitälern versorgen muß, beim Personal einzusparen. Daß sich die Kosten verringern, ist möglich. Der billigste Patient ist derjenige, der rasch stirbt – aber niemals kann das politisches Ziel sein.

Während Lehrerkosten nach einem Bericht der heutigen "Wiener Zeitung" mehr als 90 Prozent der Kosten des Unterrichtsbudgets verschlingen, betragen die Gesamtpersonalkosten im Spitalsbereich nicht ganz 60 Prozent. Mein Wunsch, vor allem als Ärztin, die um die fatalen Folgen der mangelnden Fachärztepräsenz Bescheid weiß, ist es, Spitäler zu belohnen, die


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