läßt, dann frage ich mich, warum wir uns überhaupt noch darüber beschweren, daß die Bundesregierung mit ihren Fraktionsmehrheiten über die Opposition drüberfährt. Die Bundesregierung fährt jetzt mit ihren nachgeordneten Dienststellen über den ganzen Nationalrat drüber! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Vor diesem Hintergrund wundert es einen dann eigentlich nicht mehr besonders, daß im Rahmen der Strukturanpassungsgesetze, die ihren Niederschlag in den Bundesfinanzgesetzen finden, im Bereich der sogenannten Harmonisierung der Sozial- und Fremdenrechte die Sache höchst mißverständlich aufgelöst wurde. Man hat überhaupt den Wunsch, daß die Sozial- und die Fremdengesetze zu harmonisieren wären, grob mißverstanden, indem man hier mit der Regierungsmehrheiten lauter Maßnahmen hat beschließen lassen, die dazu führen, daß Menschen nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft, die in unserer Gesellschaft leben, in unsrer Gesellschaft arbeiten, in unserer Gesellschaft unbeschränkt steuerpflichtig sind, in unserer Gesellschaft Sozialversicherungsbeiträge zahlen, dann, wenn sie Ansprüche aus den von ihnen geleisteten Zahlungen zu erheben hätten, diese Ansprüche nicht mehr erheben können, weil ihnen der Zugang zu den sozialen Leistungen, für die sie eingezahlt haben, abgeschnitten wurde – ausschließlich um Kassa zu machen. Das ist ein Umgang mit Menschen anhand von Merkmalen – in diesem Fall ist es das Merkmal Staatsbürgerschaft –, der völlig gleichheitswidrig ist, denn Gleichheit kann nicht ausschließlich an der Staatsbürgerschaft festgemacht werden, wenn es um solch fundamentalen Ansprüche geht. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Da wird völlig verkannt, daß so etwas auch Reziprozität auslösen kann, daß so etwas die guten Sitten in der Völkergemeinschaft verderben kann, wenn man anfängt, Versicherungsleistungen und erworbene Rechte plötzlich von der Staatsbürgerschaft abhängig zu machen. Das erinnert an Zeiten, in denen sich der Grundherr ausschließlich um seine Hintersassen gekümmert und gesagt hat: Das sind meine Leute!, und das hat er aber besitzend gemeint.
In diese Position begeben wir uns, wenn wir plötzlich solche soziale Rechte an der Staatsbürgerschaft festmachen, bei der Steuerpflicht aber ganz genau darauf achten, daß die unbeschränkte Steuerpflicht nicht an der Staatsbürgerschaft festmacht, sondern an anderen Kriterien, und zwar an durchaus vergleichbaren Kriterien. Das heißt, wenn es darum geht, im größtmöglichen Umfang zu kassieren, gelten alle Merkmale, die nützlich sind, aber wenn es gilt, die gegebenen Versprechen einzulösen, das heißt, auch Zahlungen aus diesem Titel zu leisten, dann wird ein Teil dieser Merkmale zurückgenommen, damit man das Versprechen nicht einhalten muß.
Das erinnert mich an einen, der einen Eid schwört und ihn hinter dem Rücken mit gekreuzten Fingern in die Erde ableitet. Das ist nicht gut – auch wenn in diesem Fall die Stimmbürger dieser Republik, die Wahlberechtigten, die Staatsbürger nicht betroffen sind. Das ist vertrauenserschütternd! Glauben Sie mir: Viel mehr Menschen, als Sie meinen, wohnen ohne Streit Tür an Tür, und zwar mit nicht-österreichischen Staatsbürgern, die in diesem Lande leben; und diese wissen, was denen angetan wird, und das gefällt ihnen nicht. Auch dadurch wird das Vertrauen erschüttert!
Es ist aber eine alte liberale Forderung, daß man nicht-österreichischen Mitbewohnern in diesem Lande auch politische Mitwirkungsrechte geben muß. Ich wage die Prognose – sie ist nicht kühn –: Wenn wir politische Mitspracherechte für diese Personen hätten, dann würde mit ihnen nicht so umgegangen werden. (Beifall beim Liberalen Forum.)
In diesem Sinne möchte ich jetzt zum Ende meiner Ausführungen kommen und Ihnen sagen: Es ließe sich die Liste der Beispiele, die ich gebracht habe, unendlich fortsetzen: in Richtung Budgetwahrheit, in Richtung Intransparenz, in Richtung asymmetrische Rechte, mehr kassieren als Versprechen einhalten, unvernünftige Lenkungsmaßnahmen, wie zum Beispiel im Bereich Wohnbausanierung. Das ist das Gegenteil von dem, was angesagt wäre, um eine echte Arbeitsmarktoffensive zu machen, von der hier gesprochen wird. Niemand weiß, wie Unternehmensgründungen erfolgen sollen, wenn gleichzeitig eine Mindestkörperschaftsteuer von 50 000 S eingeführt wird, die gerade bei in Gründung stehenden Unternehmen katastrophale Cash-Wirksamkeiten entfalten wird, und bei den Unternehmen, die ohnedies florieren, keinen