Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 17. Sitzung / Seite 606

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Ein zweiter Aspekt ist das Urteil des Obersten Gerichtshofes. Wer das Urteil des Obersten Gerichtshofes genauer studiert hat, findet dort eigentlich nichts, was er nicht schon vorher gewußt hat. Ich muß das ganz deutlich sagen. Es sind nämlich dort im Rahmen eines Strafverfahrens und eben eines Rechtsmittels, das ergriffen wurde, vom Obersten Gerichtshof Sachverhalte im Gesamtzusammenhang mit Straftaten festgestellt worden, die eigentlich – so meine ich – jeder von uns ähnlich schon vorher gewußt haben muß. Denn daß es in der Türkei Terror gibt, und zwar zum Teil reziproken Terror, daß es aus kurdischen Kreisen in Deutschland Terroranschläge gibt, das wissen wir. Und daß es sich dabei um terroristische Vorgänge handelt, das wissen wir. Die Frage war in dem konkreten Fall nur anhand von konkreten Tathandlungen abzugrenzen, ob die Täter, die in dem Fall den Obersten Gerichtshof mit einem Rechtsmittel angerufen haben, unter diesen Täterkreis zu subsumieren sind oder nicht. Und diese Frage hat der Oberste Gerichtshof beantwortet – und sonst nichts.

Er hat keine politischen Feststellungen, die darüber hinaus gehen, getroffen. Das heißt, dieses Urteil ist natürlich ernst zu nehmen, aber es ist eigentlich überhaupt nichts Neues, denn daß es Terror gibt, der von Kurden ausgeübt wird, wissen wir. Wir sollten dabei allerdings nicht verschweigen, daß dieser Terror durch eine andere Form von Terror, nämlich die gröblichste Mißachtung von Menschenrechten in der Türkei, ausgelöst ist. (Beifall beim Liberalen Forum, bei Abgeordneten der SPÖ sowie bei den Grünen.)

Und das ist keine Aufrechnung, wenn ich das erwähne. Ich meine nur, man darf eben nicht einäugig sein.

Gerade die Antragsteller dieses Antrages, die gelegentlich anderen und ihren politischen Gegnern Einäugigkeit vorwerfen, liefern einen Beweis der eigenen Einäugigkeit, weil ihnen die Menschenrechte der Kurden in der Türkei offenbar nicht wichtig sind, sonst würden sie diesen Zusammenhang sehen. Aber es ist natürlich das eine keine Begründung und keine Legitimation für das andere. Das möchte ich auch festhalten.

Aber nun zur politischen Frage, damit ich zum Ende komme: Die politische Frage ist zu diskutieren. Es ist eine politische Linienfrage. Aber diese politische Linie ist auch nicht ganz neu. Diese hat nicht der jetzige Innenminister erfunden, sie hat in Österreich Tradition. Wir sollten das politisch diskutieren, aber nicht in der Form, daß wir ein Regierungsmitglied, das wir jetzt zufällig vorfinden, in einen Untersuchungsausschuß verwickeln, sondern daß wir diese Frage diskutieren und gemeinsam entscheiden und nicht kriminalisieren. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich weiß schon, daß die Kollegen von der FPÖ zu diesen Fragen deswegen ein gestörtes Verhältnis haben, weil für sie offenbar Politik und Kriminalität so eng beeinanderliegen, daß sie das manchmal nicht unterscheiden können. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

15.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Er hat das Wort.

15.44

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Es war naturgemäß für uns Freiheitliche nicht überraschend, daß sich der liberale Abgeordnete Kier abermals als Pflichtverteidiger des Herrn Innenministers aufgespielt hat, nämlich ausgerechnet jener Abgeordneter, der immer wieder die Gesetze zitiert, Gesetzesauslegungen, Spitzfindigkeiten findet und der Verfassung das Wort redet. Das ist wirklich ein ganz eigenartiger Umgang. Ich glaube, Sie sind wirklich auf einem Auge blind, sehr geehrter Herr Kollege Kier! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Kier: Das ist eine Sauerei! – Weitere Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Ich verstehe völlig, daß Sie sich darüber alterieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Überlegungen über Vorverurteilungen et cetera wurden bereits angesprochen. Ich pflichte der SPÖ bei, daß es im strafrechtlichen Sinn eine Vorverurteilung nicht gibt. Aber, Frau Zentralsekretärin Ederer, ebensowenig wie es im


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